Vor dem Griff zur Säge besser mal bei der Stadtverwaltung nachfragen – das sollten alle, die Grundstücke mit Bäumen besitzen, vor einer geplanten Fällung mehr denn je berücksichtigen. Denn der Gemeinderat hat die Baumschutzsatzung verschärft. In entscheidenden Punkten erfolgte dies mit nur einer oder zwei Stimmen Mehrheit.
Die Trennlinie verläuft genau zwischen dem bürgerlichen Lager (CDU, Freie Wähler, FDP) und den links-grünen (FGL&Grüne, SPD, Junges Forum, Linke Liste) Kräften, die knapp die Mehrheit stellen. Die Änderungen betreffen auch alle, die an einer Stelle neu bauen wollen, an der im Moment noch ein Baum steht. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten.
Welche Bäume sind geschützt?
Unter Schutz stehen Bäume auf dem Stadtgebiet, die nicht zu einem Wald gehören oder auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche oder in einer Kleingartenanlage stehen. Voraussetzung ist, dass der Stammumfang in einem Meter Höhe mehr als 100 Zentimeter beträgt. Erleichtert ist eine Fällung, wenn das Grundstück unter 350 Quadratmeter groß ist oder es sich um Birken, Pappeln und Weiden handelt, die als Stadtbäume wenig geeignet sind.
Was muss ich tun, wenn ich einen Baum fällen will?
Wer einen Baum fällen will, muss dafür eine Genehmigung einholen. Die Stadt wird dann in der Regel eine Nachpflanzung verlangen – auf demselben Grundstück oder, wenn das nicht geht, auf einem anderen Grundstück desselben Besitzers. Ist auch das nicht möglich, muss eine Summe an die Stadt bezahlt werden, von der sie dann im öffentlichen Raum einen neuen Baum pflanzen kann.
Was müssen Bauherren beachten?
Geschützt sind auch Bäume auf Grundstücken, die zur Bebauung vorgesehen sind. Hier muss gegebenenfalls baumschonend umgeplant werden. Die Kritik aus den bürgerlichen Fraktionen am Gemeinderat, das mache das Bauen noch teurer, weist die Verwaltung zurück. „Uns geht es bei weitem nicht darum, den Wohnungsbau zu verteuern“, so Marion Klose, die Leiterin des Amts für Stadtplanung und Umwelt.
Ab wann gelten die neuen Regelungen?
Der Gemeinderat hat die neue Baumschutzsatzung am 24. Juli beschlossen. Nun müssen noch Umweltverbände und andere Akteure beteiligt werden. Wenn das abgeschlossen ist, tritt sie formal in Kraft. Vermutlich wird das im Herbst so weit sein. Bis dahin gelten die alten Regelungen, die zum Teil geringfügig lockerer sind.
Welche Kosten kommen auf mich zu?
Die Nachpflanzung müssen die Baumbesitzer selbst bezahlen, die Kosten hängen vom Einzelfall ab. Der neue Baum muss bereits einen Mindestumfang von 16 bis 18 Zentimetern haben, weil dies das erfolgreiche Anwachsen sicherstellt, so die Verwaltung. Bei großen Bäumen mit mehr als zwei Metern Stammumfang müssen mehrere junge Bäume nachgepflanzt werden. Wenn eine Ersatzpflanzung nicht möglich ist, muss eine Ausgleichszahlung an die Stadt geleistet werden.
Die Höhe dieser Ausgleichszahlung hängt – auch dafür gab es ein nur knappes Ja der links-grünen Mehrheit im Gemeinderat – von der allgemeinen Entwicklung von Baukosten für Außenanlagen ab, wie das Statistische Bundesamt sie errechnet. Basiswert sind 2160 Euro, die Summe dürfte aber schon bald die 2500-Euro-Grenze erreicht haben. Das Geld muss die Stadt zweckgebunden für Neupflanzungen und deren Erhalt einsetzen.
Warum geht es die Allgemeinheit etwas an, was ich auf meinem eigenen Grundstück mache?
Diese Frage wurde auch in der Ratsdebatte aufgeworfen. Weithin Konsens ist, dass Bäume im Stadtraum das Klima positiv beeinflussen und es somit in öffentlichem Interesse ist, dass es viele Bäume gibt. Dennoch zeigt sich, dass die Frage auch grundsätzlich diskutiert wird. CDU-Stadtrat Roger Tscheulin warf etwa seinem SPD-Kollegen Jürgen Ruff vor, es sollten Bäume „sozialisiert“ und deren Besitzer gewissermaßen enteignet werden. Christian Koßmehl (Freie Wähler) befürchtet, dass Grundstückbesitzer nun Bäume umsägen, kurz bevor sie die kritische Größe erreicht haben.
Auf der anderen Seite verweisen Verwaltung und die Fraktionen von FGL&Grüne, SPD und Jungem Forum darauf, dass Baumbesitzer eine Verantwortung für die Allgemeinheit und das Stadtklima tragen. Das gelte auch für kleine Grundstücke und auch für Baumarten, die man in der Stadt eigentlich nicht mehr haben will, weil sie Allergien auslösen oder für die Standorte nicht geeignet sind.
Was passiert, wenn ich die Satzung missachte?
Zu einer Nachpflanzung der Ausgleichszahlung sind Baumbesitzer generell verpflichtet, sie kann auch durchgesetzt werden. Wer ohne Befreiung einen laut Satzung geschützten Baum „zerstört oder wesentlich verändert“ oder Bäume nicht fachgerecht erhält oder gegenüber der Verwaltung falsche Angaben macht, begeht eine Ordnungswidrigkeit. Die Geldbuße dafür kann bis zu 50.000 Euro betragen.