„Konstanz Seniorenresidenz – Familien unerwünscht“, „Corona-Krise, Energie-Krise, Familien-Krise – Es reicht“ oder „Wir wollen in die Kita und wollen, dass es sich unsere Eltern leisten können“. Mit solch markigen Statements tun Väter, Mütter und Kinder ihren Unmut kurz vor Beginn der Gemeinderatssitzung in Hedicke‘s Terracotta kund.
Die geplante Gebührenerhöhung für Kindertagesstätten sprenge die Budgets von Konstanzer Familien und sei für viele nicht mehr leistbar. Was sie wollen? „Wir Eltern wollen eine Stimme haben, gesehen und gehört werden“, sagt Elternbeirätin Melanie Dantz als Sprecherin der Demonstrierenden.

Werden sie gehört?
Sehr laut sind die aufbegehrenden Familien. Die Gemeinderäte können sie weder überhören, noch übersehen. Oberbürgermeister Uli Burchardt und Sozialdezernent Andreas Osner treten vor die Familien, bekommen eine Petition für faire Kita-Gebühren überreicht und sichern zu, dass die Pendenten zu Beginn der Sitzung vor dem Gemeinderat sprechen dürfen.
Das tun sie nur allzu gerne, denn ihnen reicht‘s. Pandemie, Kita-Streik, Energiekrise – all das sei für Familien belastend gewesen, schildert Melanie Dantz vor den Bürgervertretern. Jetzt noch eine drastische Gebührenerhöhung? Für viele Familien wäre das nicht mehr leistbar. Hätte früher ein Gehalt ausgereicht, um eine Familie zu ernähren, müssten heute beide Elternteile arbeiten, um sich ein Leben in Konstanz leisten zu können, so Dantz.
„700 Kinder haben keine Betreuung aus Mangel an Kapazitäten“, sagt Dantz vor dem Gremium. Dazu noch die Erhöhung auf 32 Schließtage, während sich der gesetzliche Urlaubsanspruch lediglich auf 22 Tage belaufe. Wie sollten Familien diese Differenz abdecken können? Gerade „Leistungs- und Arbeitswillige werden besonders belastet“, so Melanie Dantz.
Sie prognostiziert: „So werden immer mehr Familien Konstanz verlassen.“ Sie wirft die Frage in den Raum: „Warum kämpft keiner für uns? Gerne kämpfen wir mit ihnen. Wir haben Angst, keine Kita-Plätze zu ergattern und unsere Arbeit zu verlieren, Angst unsere Familie nicht mehr versorgen zu können. Wir sind in Not.“
Fest steht: Gebühren müssen erhöht werden
Der OB sagte schon vorab in aller Klarheit: „Wir müssen die Gebühren erhöhen.„ Gleichwohl beruhigte er die aufgebrachten Eltern noch während der Demo, denn dem Gemeinderat werde in der Sitzung gleich ein neuer Vorschlag zur einkommensabhängigen Staffelung vorgestellt. „Wir wissen, dass die Situation schwierig ist für viele“, so Burchardt.
Und tatsächlich: Der Tagesordnungspunkt wurde im Verlauf der fünfstündigen öffentlichen Sitzung separat diskutiert und eine Ergänzungsvorlage, welche die Verwaltung auf Grundlage eines FGL-Antrags formuliert hat, vorgelegt. Dieser lautet: „Der Gemeinderat beauftragt die Verwaltung, unter Beteiligung der Elternbeiräte ein einkommensabhängig gestaffeltes Gebührenmodell zu erarbeiten und die darauf aufbauende Gebührensatzung dem Gremium zum Beschluss vorzulegen.“
„Ich bin positiv gestimmt, dass eine gute Lösung gefunden werden kann“, gibt sich Bürgermeister Andreas Osner während der Ratsdiskussion zuversichtlich. „Wir werden uns rechtzeitig mit den Elternbeiräten zusammensetzen“, sichert er zu, merkte aber auch an, es hätte im Vorfeld viele Gespräche gegeben; daraus habe sich auch statt einer dreistufigen, eine vierstufige Staffelung der Gebühren ergeben.
Die Details würden nun weiter ausgearbeitet und die Eltern beteiligt: „Wir werden sie anhören, ringen, diskutieren und erklären – im offenen Diskurs“, so Osner. Und dann? Im Juli 2023 will Osner dann die Gebührensatzung dem Gemeinderat vorlegen. So ist zumindest der Plan.
Was ist jetzt fix? Was wird noch debattiert?
Der Gemeinderat hat allerdings der Gebührenerhöhung zugestimmt. Die Elternbeiträge für den Besuch einer städtischen Kindertagesstätte werden pro Betreuungsstunde pro Woche um 25 Prozent erhöht. Das ist der Rahmen; über die Art und Weise der Gebührenstaffelung und damit verbunden der Einkommensgrenzen wird noch mit den Elternbeiräten debattiert.
Auch der Geschwisterermäßigung hat der Gemeinderat zugestimmt. Wenn Geschwisterkinder zur gleichen Zeit in Konstanz eine Kita besuchen, soll es folgende Geschwisterermäßigung geben: 25 Prozent beim zweiten Kind, 100 Prozent für jedes weitere Kind. Zudem wurde die Verwaltung beauftragt, die Harmonisierung der Elternbeiträge aller Konstanzer Kitas bis Ende 2027 zu erreichen.