Sina Konitzer bringt die aktuelle Stimmung unter Konstanzer Eltern auf den Punkt: „Es kann doch nicht sein, dass es schon wieder gegen die Familien geht“, sagt sie und meint damit, dass die Gebühren für städtische Kitas deutlich steigen sollen.

Erst die Corona-Pandemie mit geschlossenen Kitas und Schulen, jetzt die geplante Gebührenerhöhung für eine Stunde Kinderbetreuung um 25 Prozent – wobei die Familien zeitgleich zwei zusätzliche Kita-Schließtage verkraften müssen. „Ich bekomme doch auch nicht zwei weitere Urlaubstage und deutlich mehr Gehalt“, ergänzt Elternbeirätin Angelika Riebe.

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Einige Elternbeiräte städtischer Kitas riefen deshalb eine Petition ins Leben, da sie die Pläne der Verwaltung als „schockierend und nicht vertretbar für Konstanzer Familien“ ansehen. „Familien sind entscheidend für die Zukunft und verdienen besonderen Schutz und Förderung“, schreiben sie in der Petition.

Die Stadt dagegen argumentiert: Die Gebühren für städtische Kitas wurden jahrelang nicht erhöht, gleichzeitig aber stiegen die Betriebs- und Personalkosten. Außerdem fallen die Konstanzer Beiträge im Vergleich zu anderen Städten in Baden-Württemberg recht niedrig aus, auch im Vergleich zu den freien Trägern. Bis Ende 2027 sollen die Beiträge aller Konstanzer Träger aneinander angeglichen werden. An dem Wie und Wann stören sich aber viele Eltern.

„Faire Kita-Gebühren in Konstanz“: Elternbeirätin Melanie Dantz und Sohn Bennett machen Werbung für die Elternpetition.
„Faire Kita-Gebühren in Konstanz“: Elternbeirätin Melanie Dantz und Sohn Bennett machen Werbung für die Elternpetition. | Bild: Kirsten Astor

„Die Kitagebühren für Eltern sollen um nicht mehr als zehn Prozent (entspricht der maximalen Inflationsrate) ansteigen“, heißt es in der Petition. Weiterhin fordern die Initiatoren, dass das von der Stadt vorgeschlagene Modell, dass Eltern die Beiträge künftig nach Brutto-Einkommen gestaffelt bezahlen, entweder gar nicht umgesetzt oder stark überarbeitet wird. Denn die Festlegung der Einkommensstufen sei trotz zwischenzeitlicher Anhebung immer noch ungerecht.

Die Verwaltung kann die Sichtweise der Eltern durchaus nachvollziehen. „Uns wurde aber auch Verständnis für die Notwendigkeit einer Beitragsanpassung entgegengebracht“, schreibt das Sozial- und Jugendamt. Wichtig sei, dass es sich bei der Vorlage zur Gebührenerhöhung nur um einen Vorschlag handelt. „Wir benötigen einen Handlungsauftrag von der Politik“, so die Stadt. Die konkreten Beiträge würden erst später ausgearbeitet.

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Konstanzer Eltern kritisieren den Zeitdruck

Die Eltern stören sich auch daran, dass die Verwaltung die Gebührenerhöhung schnell durchziehen will. Für eine Stellungnahme hatten die Elternvertreter der städtischen Kitas nur zwischen 30. November 2022 und 5. Januar 2023 Zeit. „Durch das Setzen kurzer Fristen über den Jahreswechsel wurden sie unserer Meinung nach gezielt überrumpelt“, schreiben die Initiatoren der Petition. Sina Konitzer ergänzt: „Wir Eltern haben halt keine Lobby und als berufstätige Eltern generell wenig Zeit, um einen Protest zu organisieren.“

Auch Heike Kempe und Clemens Holzapfel vom Vorstand des Kita-GEB sagen: „Der Zeitpunkt war völlig unpassend und eine Stellungnahme über Weihnachten und Neujahr für die Elternvertreter kaum möglich. Wir haben uns leider erfolglos um eine Verlängerung des Prozesses bemüht.“ Dazu die Stadt: „Die Fristen liegen in der Planung der zu beachtenden Ausschüsse und sind keiner unlauteren Absicht geschuldet.“

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Der Protest der Eltern zeigt erste Wirkung

So kommt es, dass die Petition erst einen Tag vor der Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses (HFA) online ging und bis zur endgültigen Entscheidung im Gemeinderat am Donnerstag, 2. März, auch nicht mehr viel Zeit bleibt. Dennoch zeigt der Elternprotest, zu dem auch der GEB sowie diverse Elternbriefe beitrugen, eine erste Wirkung.

Der HFA befürwortete beispielsweise, die Einkommensgrenzen im Gebührenmodell um 15 Prozent anzuheben (Antrag der CDU-Fraktion), damit weniger Familien den Höchstsatz bezahlen müssen. Mit nur einer Stimme Mehrheit ging auch der CDU-Antrag durch, dass der Höchstsatz 30 Prozent über dem Sockelbetrag liegt – und nicht mehr 50 Prozent, wie ursprünglich vorgesehen.

Das sagen die Fraktionen

Es bleibt nach dem Votum des HFA aber bei einer generellen Erhöhung der Kosten für eine Betreuungsstunde um 25 Prozent, wie es der Jugendhilfeausschuss empfohlen hatte. Ursprünglich wollte die Verwaltung eine Erhöhung um 35 Prozent.

„Das ist eine Frechheit den Eltern gegenüber“

Dass Oberbürgermeister Uli Burchardt im HFA erneut über eine Erhöhung um 35 Prozent abstimmen ließ, löst bei den Eltern Bestürzung aus. „Dies zeugt von wenig Vertrauen des OB in seine Gemeinderäte in den Ausschüssen und ist eine Frechheit den Eltern gegenüber“, sagen sie dem SÜDKURIER. „War er nicht mit dem Versprechen zur Wiederwahl angetreten, etwas für die Konstanzer Familien zu tun?“

Hier kontert die Verwaltung mit Zahlen: „Schon seit Jahren fließen in den Bereich Kinder-, Jugend- und Familienhilfe mit dem Schwerpunkt Kindergärten über ein Viertel unserer Haushaltsmittel. Im Entwurf für den Haushalt 2023/2024 ist eine Steigerung der Gelder für diesen Teilhaushalt von 34,6 Millionen Euro auf 39,8 Millionen Euro vorgesehen.“

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Nach aktuellem Stand sollen die Elternbeiträge in den städtischen Kitas im ersten Schritt im Mai 2023 erhöht werden und dann von 2024 bis 2027 erneut. Besonders stark sollen die Gebühren für die Kleinkindbetreuung in Krippen steigen. Das veranlasst die Combit GmbH, ein Software-Unternehmen, zu folgendem Kommentar unter der Petition: „Wir haben 62 Arbeitsplätze in Konstanz geschaffen, viele werden von der Gebührenerhöhung betroffen sein, so dass unsere Mitarbeitenden gegebenenfalls aus finanziellen Gründen erst nach drei Jahren aus der Elternzeit wieder zurückkehren können/werden. Das ist ein riesiges Problem für alle Konstanzer Arbeitgeber!“

Auch der Kita-GEB findet die Pläne der Verwaltung „sehr gefährlich“. Heike Kempe und Clemens Holzapfel hatten vorgeschlagen, die Gebührenerhöhung für dieses Jahr auszusetzen und das einkommensabhängige Modell in Ruhe zu überarbeiten, „bis es fair wird“. Und weiter: „Die Fraktionen haben aber leider unmissverständlich klargestellt, dass eine erste Erhöhung jetzt kommen wird. Daher versuchen wir, wenigstens an der Diskussion zur Ausgestaltung der Beiträge teilzunehmen. (…) Wir möchten nach wie vor an die Entscheider appellieren, die Gesamtsituation der Konstanzer Familien im Blick zu behalten.“