In den frühen Morgenstunden des 8. Oktobers läuft eine Frau die Schottenstraße entlang. Ein Mann folgt ihr, spricht sie an und bedrängt sie. Das geht aus der Pressemitteilung der Polizei hervor, die wenige Stunden danach versendet wird. Die 20-Jährige wehrt sich und versucht zu flüchten, doch der Unbekannte lässt nicht von ihr ab und holt sie wieder ein.

Am Webersteig, auf Höhe der dortigen Handwerkskammer, packt der Mann dann wieder zu. Was dann folgt, ist einen Monat nach dem Übergriff auf dem Boden vor dem Gebäude zu lesen. Am Dienstag, 7. November, ist dort mit Kreide zu lesen, was dort passiert sei. Es ist aus der Sicht der 20-Jährigen geschrieben.

Er verfolgte mich hierher.

Er fasste mich an, im Intimbereich und an den Brüsten.

„Du machst jetzt, was ich sage!“

Er drohte, mich zu töten, wenn ich nicht still sei.

Doch die 20-Jährige bleibt an diesem Oktobermorgen nicht still, während der Unbekannte sie auf die Treppenstufen vor dem Gebäude drückt, betatscht und bedroht. Sie schreit um Hilfe – und sie wird gehört. Anwohner rufen, dass die Polizei bereits unterwegs sei. Daraufhin ergreift der Mann die Flucht.

Neben dem Text vor den Treppen auf dem Webersteig steht: Sexualisierte Gewalt, Morddrohung und Verfolgung. Außerdem wurde ein Katzenkopf samt Schnurrhaaren mit Kreide auf den Boden gemalt und der Schriftzug „Catcalls of Konstanz“ angebracht.

Der Text beginnt mit den Worten: „Er verfolgte mich hier her. Er fasste mich an...“
Der Text beginnt mit den Worten: „Er verfolgte mich hier her. Er fasste mich an...“ | Bild: Hanser, Oliver

Was bedeutet das? Das englische Wort „Catcalling“ wird verwendet, um verbale sexuelle Belästigung im öffentlichen Raum zu beschreiben, dazu zählt beispielsweise das Nachpfeifen auf der Straße sowie ungewollte Annäherungsversuche oder Belästigung durch Ansprechen oder Nachrufen. Situationen, die viele Frauen kennen und die in unguter Erinnerung bleiben, manche auch verunsichern oder schmerzen.

Die Aktivistinnen und Aktivisten von „Catcalls of Konstanz“ haben auf ihrer Instagram-Seite Bilder davon sowie die Beschreibung des Übergriffs veröffentlicht. Sie wollen darauf aufmerksam machen, was mitten in Konstanz geschah – und die Tat im wahrsten Sinn des Wortes öffentlich ankreiden. Öffentlich zu der Aktion äußern, möchten sich die Verantwortlichen allerdings nicht, wie sie dem SÜDKURIER auf Anfrage mitteilen.

Eine Anfrage bei der Pressestelle des Konstanzer Polizeipräsidiums zum beschriebenen Fall ergab, dass bislang kein Tatverdächtiger ermittelt werden konnte. Das Verfahren wurde an die Staatsanwaltschaft Konstanz übergeben. Der weitere Fortgang blieb damit zunächst unklar.

Die Mitteilung aus Kreideschrift, die vor der Handwerkskammer geschrieben wurde, wird derweil bald vom Regen weggewaschen sein. Die Erinnerungen der 20-Jährigen an den Morgen des 8. Oktobers wird aber bleiben.

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