Die Sieger der Europawahl in Konstanz sind zugleich die Verlierer: Die Grünen bleiben zwar, gegen alle Landestrends, mit knapp 27 Prozent in der Universitätsstadt stärkste politische Kraft, verlieren gegenüber ihrem Rekordergebnis von 38 Prozent im Klimanotstands-Jahr 2019 aber fast ein Drittel ihrer Stimmen, in absoluten Zahlen rund 5000.

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Die CDU, die sonst fast überall Zugewinne erzielte, bleibt bei etwas über 21 Prozent, während die SPD ihr Wahlziel mit rund 12 Prozent nicht erreichte. Die FDP konnte deutlich zulegen. Den größten prozentualen Zugewinn erzielte die noch junge Partei Volt, die ihr Ergebnis von 1,4 auf 6,2 Prozent mehr als vervierfachte. Die AfD gewann etwas über ein Viertel an Stimmen dazu, bleibt in der Stadt Konstanz aber mit 6,7 Prozent weiter hinter ihrem kreis-, landes- und bundesweiten Ergebnis zurück.

Erste Reaktionen: Grüne und CDU eher durchwachsen

Für den Konstanzer Ortsverband der Grünen erklärte Lisa Kreitmeiter, man freue sich, stärkste Kraft zu bleiben und eine große Stammwählerschaft zu haben, wenngleich der Stimmenverlust gegenüber 2019 „sehr bedauerlich“ sei. Leider habe der Klimaschutz nicht mehr die Bedeutung wie damals. „Erschreckend“ seien die bundesweiten Ergebnisse mit dem Erstarken rechtsextremer Kräfte. Für den CDU-Stadt- und Kreisverband sagte Fabio Crivellari, seine Partei tue sich in Universitätsstädten weiterhin schwer. „Wir hätten uns mehr erhofft“, räumte er ein, auch mit Blick auf die Erfolge in anderen Orten des Landkreises.

SPD bitter enttäuscht, FDP überaus zufrieden

Für die SPD zeigte sich Ortsvorsitzender Frank Ortolf sehr enttäuscht: „Ganz offensichtlich ist es uns nicht gelungen, unsere Wählerschaft so zu mobilisieren, wie es noch bei der Bundestagswahl der Fall war.“ Die Partei wolle nun vor Ort daran arbeiten, „in Zukunft wieder überzeugender zu werden“. Wolf Biehler aus dem Vorstand des FDP-Stadtverbands sprach von „drei Gewinnern“, der „Demokratie“ (“Es ist gelungen, die AfD erfolgreich zu bekämpfen“), der „Wahlbeteiligung“ und seiner Partei, den Liberalen, mit einem deutlichen Stimmenzuwachs“.

Joachim und Uschi Görig nach der Stimmabgabe in der Insel der Dettinger Grundschule. In Dettingen und in Litzelstetten bilden sich vor ...
Joachim und Uschi Görig nach der Stimmabgabe in der Insel der Dettinger Grundschule. In Dettingen und in Litzelstetten bilden sich vor den Wahllokalen lange Schlangen, die zeitweise bis hinaus auf die Straße reichen. Die Wähler tragen die Wartezeit zumeist mit Fassung. | Bild: Nikolaj Schutzbach

Eine Zeitlang sah es so aus, als würde die vor fünf Jahren als Rekord gefeierte Wahlbeteiligung von 67 Prozent nochmals übertroffen. Zum Schluss pendelte sie sich bei 65,2 Prozent ein. Dennoch hatte der Wahltag die Bürger und die Stadtverwaltung vor einige Herausforderungen gestellt. So gab es vor zahlreichen Wahllokalen lange Warteschlangen, weil viele Wählende die umfassenden Stimmzettel für Gemeinderats- und Kreistagswahl nicht ausgefüllt mitbrachten, sondern erst vor Ort in der Kabine ihre Stimmen vergaben.

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Wartezeiten von einer halben Stunde waren keine Seltenheit. Auch wer erst um kurz vor sechs kam, durfte noch wählen, wartete in Einfällen aber bis nach 19 Uhr. Auch die Auszählung zog sich hin: Während Singen und Stockach gegen 20.15 Uhr ein Ergebnis hatten, stand es in Konstanz erst um 22.35 Uhr fest. Nur geringfügig früher war Radolfzell dran.

Allensbach bleibt CDU-Hochburg

In der Gemeinde Allensbach ist die CDU klare Europawahl-Siegerin mit 34,2 Prozent – fast exakt der gleiche Anteil wie 2019 – vor den Grünen, die nach dem Rekordwert von 30,4 Prozent vor fünf Jahren nur noch 19,9 Prozent erzielen, und SPD mit 10,8 Prozent. Die FDP landet mit 8,5 Prozent knapp vor der AfD (8,2), nur zwölf Wählerstimmen trennen den Viert- und Fünftplatzierten. Auf Rang sechs landet in Allensbach das Bündnis Sahra Wagenknecht mit 3,5 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung bei der Europawahl betrug 73,5 Prozent, 1,5 Prozentpunkte mehr als vor fünf Jahren und erneut deutlich über dem Bundesdurchschnitt.

CDU auch in Reichenau klar vorn

In der Gemeinde Reichenau war das Interesse an der Europawahl ebenfalls hoch: Hier nutzten wie vor fünf Jahren genau 73 Prozent der Berechtigten die Möglichkeit der Stimmabgabe. Die CDU liegt hier noch deutlicher vorn als in Allensbach mit 37,3 Prozent vor den Grünen, die mit 16,1 Prozent schwere Verluste gegenüber 2019 (26,6 Prozent) hinnehmen müssen. Die SPD (10,3 Prozent) ist drittstärkste Kraft vor der FDP (8,8 Prozent) und der AfD (7,4 Prozent). Es folgen die Partei Freie Wähler (5,7 Prozent) sowie das Bündnis Sahra Wagenknecht (3,2 Prozent).

Jetzt wird Kommunalwahl gezählt

In allen drei Gemeinden geht der Auszählungs-Marathon heute mit den Kreistags- und Gemeinderatswahlen weiter. Spätestens am Dienstag soll Klarheit herrschen, welche Gruppierungen wie viele Sitze in den Räten bekommen und wer sich dort die nächsten fünf Jahre als Volksvertreter engagieren kann. Auch hier wird eine Wahlbeteiligung ähnlich wie 2019 erwartet.