Vom Entengraben in Litzelstetten zur Grundschule Allmannsdorf sind es 4,7 Kilometer. Ziemlich genau sechs Minuten benötigt man dafür mit dem Auto. Ein Traktor, der auf einem Anhänger einen Baum transportiert, fährt dieselbe Strecke in ungefähr einer Viertelstunde.

Gebühr für Nutzung der Straße

„Das kostet uns dann 45 Euro Gebühr an die Stadt“, berichtet Christoph Vayhinger, Vorsitzender der Allmannsdorfer Narrenzunft Quaker. Auf vier Seiten wird der Baumtransport penibel genau beschrieben. Schon der Titel ist abenteuerlich: „Antrag und Bescheid für die Durchführung von Großraum- und/oder Schwerverkehr über die Beförderung von Ladungen mit überhöhten Abmessungen und/oder Gewichten.“

Christoph Vayhinger (links) und Peter Merk von den Quakern. Zwei Fasnachter, die viele Stunden ihrer Freizeit für ihr großes Hobby ...
Christoph Vayhinger (links) und Peter Merk von den Quakern. Zwei Fasnachter, die viele Stunden ihrer Freizeit für ihr großes Hobby opfern – auch wenn sie oftmals an der Bürokratie verzweifeln. | Bild: Schuler, Andreas
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Solche Transporte rufen die Straßenverkehrsbehörde auf den Plan. „Sobald solch ein Transport durch die Gemarkung Konstanz fährt, sind wir als Genehmigungsbehörde zuständig oder erteilen als anzuhörende Behörde Auflagen, ob die vorgesehene Fahrtstrecke in der Höhe, Breite und Belastbarkeit dafür geeignet ist und beispielsweise eine Polizeibegleitung vorhanden sein muss“, erklärt das Bürgeramt auf der Homepage der Stadt.

„Die Hürden werden immer höher“

Quaker-Schriftführer Peter Merk muss mehrere solcher Anträge ausfüllen. „Die bürokratischen Hürden werden immer höher“, meint er. „Für jede Kleinigkeit benötigen wir heute schriftliche Genehmigungen und Erlaubnisse. Irgendwann macht ehrenamtliche Brauchtumspflege wie die Fasnacht keinen Spaß mehr.“

Drei Generationen einer echten Fasnachtsfamilie: Jana mit Maske Quakerle, Christoph mit der Kopfbedeckung des Ober-Quakers und Amelie ...
Drei Generationen einer echten Fasnachtsfamilie: Jana mit Maske Quakerle, Christoph mit der Kopfbedeckung des Ober-Quakers und Amelie Vayhinger mit der Maske des Besewieb. Auf dem Tisch der Besema. Für die Zünfte wird es immer schwieriger, Nachwuchs zu finden. | Bild: Oliver Hanser

Die Gestattung, „anlässlich verschiedener Fasnachtsveranstaltungen den Betrieb einer Schankwirtschaft auszuüben“, wie es von der Stadt heißt, kostet den Verein 85 Euro. Weiter steht hier: „Zugelassene Getränke: Bier, Wein und Sekt. Die Abgabe von alkoholfreien Getränken und Speisen ist genehmigungsfrei ... Aus aktuellem Anlass weisen wir auf die Änderung der Abfallwirtschaftssatzung hin. Demnach darf die Abgabe von Speisen und Getränken nur in Mehrweggeschirr bzw. Mehrwegbehältnissen bzw. essbaren Verpackungen und Behältnissen angeboten werden.“

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Vayhinger hat grundsätzlich Verständnis für solche Gebühren und Auflagen, „doch wir müssen aufpassen, dass wir uns nicht zu Tode organisieren und bürokratisieren. Wir sind ja kein wirtschaftlich denkendes Unternehmen, das mit der Fasnacht Geld verdienen möchte.“

Mario Böhler, Präsident der Niederburg.
Mario Böhler, Präsident der Niederburg. | Bild: Scherrer, Aurelia

„All-Inklusive-Mentalität“

Niederburg-Präsident Mario Böhler treibt die „All-Inklusive-Mentalität“ der Menschen um, wie er es ausdrückt: „Wenn jemand beim Weinfest stolpert, dann liegt es nicht am Wein, sondern am Veranstalter“, ärgert er sich, „die Stadt ist ja gezwungen, alles zu erhöhen. Jeder sollte sich bewusst sein: Wenn man unter die Leute geht, dann kann etwas passieren. Wieso muss dann gleich der Veranstalter verantwortlich gemacht werden?“

Andreas Kaltenbach (links) und Mario Böhler.
Andreas Kaltenbach (links) und Mario Böhler. | Bild: Rau, Jörg-Peter

Einmal habe eine Mutter angerufen und die Erlaubnis verlangt, mit dem Auto auf den Stephansplatz fahren zu dürfen, „da die Schnürsenkel ihrer Tochter von einer Hexe geklaut worden seien“, erinnert sich Mario Böhler. „Wer so eine Mentalität hat, der muss sich nicht wundern, dass es immer mehr Regularien und Verbote gibt.“ Den Behörden möchte er keinen Vorwurf machen – ganz im Gegenteil: „Die Mitarbeiter der Stadt sind sehr umgänglich, man kann sehr gut mit ihnen reden. Die haben ja keine leichte Aufgabe.“

Andreas Kaltenbach (links) und Oberbürgermeister Uli Burchardt. Der Fasnachter ist mit der Zusammenarbeit mit der Politik sehr zufrieden.
Andreas Kaltenbach (links) und Oberbürgermeister Uli Burchardt. Der Fasnachter ist mit der Zusammenarbeit mit der Politik sehr zufrieden. | Bild: Scherrer, Aurelia

„Keimzelle liegt im Innenministerium„

Andreas Kaltenbach, Zunftmeister der Blätzlebuebe, verortet das Problem in Stuttgart: „Die Keimzelle liegt im Innenministerium, von dort kommen seltsame Anordnungen„, sagt er. „Die sind so weit weg von Konstanz und verstehen nicht, dass wir Kultur sind.“ Die Stadt Konstanz und ihre Mitarbeiter lobt auch Andreas Kaltenbach „über den grünen Klee“, wie er sagt, „aber im Ministerium sitzt das Problem“.

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Roland Wehrle, seit 24 Jahren Präsident der Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünfte, spricht von zunehmenden Auflagen, „die einen großen finanziellen und zeitlichen Aufwand bedeuten. Wenn das nicht weniger wird, haben wir in zehn bis 20 Jahren große Probleme. Es wird leider immer schwieriger“. Er ist mit Innenminister Thomas Strobl im Austausch und berichtet von guten Gesprächen.

So sieht es die Stadt

Bei der Stadt Konstanz ist Klaus Mayer für die Veranstaltungssicherheit zuständig. Der Experte hatte nach der Beinahe-Katastrophe bei Rock am See 2003 eklatante Mängel ans Licht gebracht. „Veranstalter müssen Konzepte aufstellen und alle Eventualitäten berücksichtigen“, sagt er. „Wenn etwas passiert, kommen die Fragen: Warum konntet ihr das nicht verhindern? Dann doch lieber zu viel Sicherheit.“

Stahlsperren als Gefahrenabwehr

Sieben Zufahrten zur Altstadt werden über die Fasnacht mit Stahlsperren zur Gefahrenabwehr gesperrt. „Es geht jedoch auch darum, die Terrorlage zu beurteilen.“ Die Regierung habe Vorgaben an die Polizei weitergeleitet, die wiederum die Stadt beauftragte, die Veranstalter in die Pflicht zu nehmen. „Seit dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt besteht diese Pflicht.“