Die Leerstände in der Konstanzer Innenstadt sind offenkundig. Die Gründe für die Geschäftsaufgaben sind vielschichtig: Einige haben die Lockdowns nicht überstanden, andere wollen sich beruflich neu orientieren oder geben altershalber auf. Nicht alles ist der Pandemie anzulasten, aber – das bestätigen Immobilienfachleute – Interessenten stehen nicht mehr Schlange.
Etwa dreißig Leerstände gebe es in der Konstanzer Altstadt, schätzt Beate Behrens, Leiterin der Wirtschaftsförderung der Stadt Konstanz. Das klinge erst einmal viel, müsse aber mit der Gesamtzahl an Betrieben ins Verhältnis gesetzt werden. Insgesamt gebe es nämlich rund 450 Ladengeschäfte und 400 Gastronomiebetriebe in ganz Konstanz.


Dennoch kenne man so eine Situation aus Konstanz eigentlich nicht. „Nach zwei Jahren Pandemie ist das zwar nicht verwunderlich, aber wir müssen den Markt trotzdem sehr genau beobachten und uns um unsere Innenstadt sorgen“, so Beate Behrens.
Die Anfragen nach freien Ladenflächen in der Konstanzer Innenstadt würden weniger. Die Wirtschaftsförderung sei im Kontakt mit den Eigentümern und versuche, diese zu unterstützen, unter anderem auch durch Beklebung der Schaufensterflächen.

Doch neben diesem kreativ genutzten Schaufenster sind in weiteren Geschäften der Hussenstraße nur leere Auslagen zu sehen.



Trotz allem stehe Konstanz – was die Anzahl der Leerstände angehe – im Vergleich zu vielen anderen Städten noch relativ gut da, äußert Beate Behrens. Monate- oder sogar jahrelange Leerstände wie andernorts wären hier noch nicht zu beobachten; es sei zu hoffen, dass dies auch so bleibe.
„Die Explosion der Nebenkosten wird kommen“
Das können Konstanzer Immobilienfachleute zwar bestätigen, mahnen allerdings, dass sich die Situation rasch ändern könne. „Man geht durch die Stadt und sieht, welche Geschäfte schließen. Nach wie vor herrscht Unruhe“, sagt beispielsweise Immobilien-Fachmann Matthias Mende. Nicht zu vergessen sei: „Die Explosion der Nebenkosten wird kommen“, so Mende. „Wir wissen nicht, wie es weitergeht.“


Zwar habe Konstanz einen Bonus gegenüber anderen Städten, aber es sei noch nicht absehbar, wie sich die Nachfrage entwickeln werde. Dies gelte nicht nur für Mietinteressenten, sondern auch für die Schweizer Kundschaft, welche die innerstädtische Wirtschaft brauche, um bestehen zu können. „Wechselkurs und Mehrwertsteuerrückerstattung spielen da auch eine Rolle“, erklärt Mende.


Dass Konstanz ein hochpreisiges Pflaster ist, gerade was den Immobiliensektor anbelangt, ist bundesweit bekannt. Für Immobilienwirt Thomas Vogler von Haus & Grund Immobilien GmbH steht fest: „Die Mieten, die vor Corona verlangt wurden, bekommt man nicht mehr durchgesetzt.“
„Die Neugasse packt es nicht. Gähnende Leere.“
Die Makler seien darauf bedacht, die Vermieter entsprechend zu beraten und Lösungen herbeizuführen, denn: „Leerstand ist immer schlecht“, so Vogler. Seine Prämisse: Lieber einen soliden regionalen Mieter, der vielleicht nicht eine ganz so hohe Pacht zahle, als eine Kette, die einen exorbitanten Preis zahle, dafür aber später die Miete drücken wolle oder hohe Ansprüche an die Ausstattung stelle.

„Wenn jetzt ein Eigentümer für ein Objekt in Top-Lage 100 Euro pro Quadratmeter will – solch exorbitante Mieten bekommt man heute nicht mehr durchgesetzt“, gibt Sven Schäfer, geschäftsführender Gesellschafter von Engel & Völkers Konstanz, ein Beispiel. Lediglich „faire Preise, die immer noch hoch sind, bekommt man noch durch“.

Für Sven Schäfer steht fest: „Es gibt eine Marktbereinigung.“ Wichtig für das Konstanzer Stadtbild seien die inhabergeführten Fachgeschäfte.

Schäfer beobachtet mit Sorge: „Die Neugasse packt es nicht. Gähnende Leere.“

Wichtig sei, dass sich die Eigentümer der neuen Situation anpassten und „nicht den letzten Cent“ von den Mietern herauspressten. „Dann funktioniert es“, ist Sven Schäfer überzeugt. Während Beispiel Fonds und Versicherungen auf Bonität und Rendite aus wären, seien Konstanzer Eigentümer eher darauf bedacht, dass das Stadtbild erhalten bleibe.

Tatsächlich gebe es auch kulante Vermieter. Matthias Mende gibt mit einem Friseursalon – eine Branche, die von den Lockdowns und den Corona-Auflagen besonders betroffen war – ein konkretes Beispiel. „Es handelt sich um einen Ein-Frau-Salon“, schildert Mende und erläutert: „Mit dem Eigentümer haben wir uns geeinigt. Er hat die Pacht um ein Drittel reduziert und keine Nachforderung gestellt, denn ihm war es wichtig, einen soliden Mieter zu haben, statt eines Wechsels.“