„CDU BaWü“ steht am unteren Rand der orange-farbenen Plakate, die seit Mittwoch an einigen Orten in Konstanz zu sehen waren. Doch die Texte, die über dem vermeintlichen Partei-Logo standen, machten schnell klar, dass die Plakate unmöglich von der CDU selbst stammen konnten.
Und tatsächlich: Bei ganz genauem Hinsehen fiel aufmerksamen Betrachtern ein kaum lesbarer Schriftzug auf – in der unteren, linken Ecke der Plakate. Dort war zu lesen: „An die Realität angepasst von Extinction Rebellion“.
Die baden-württembergische Sektion der Gruppe, die sich selbst als Klimagerechtigkeits-Bewegung bezeichnet, bestätigt auf SÜDKURIER-Nachfrage, dass sie die Aktion verantwortet. Auch in Stuttgart, Freiburg, Heidelberg, Ulm und Karlsruhe hätten sie solche gefälschten Plakate aufgehängt, erklärt Simon Meier, Pressesprecher von Extinction Rebellion Baden-Württemberg.
„Wir sehen, wie um uns herum die Zukunft zerstört wird und eine der führenden Parteien im Land nichts gegen die Klimakrise unternimmt“, begründet Meier die Aktion.
CDU-Landtagskandidat: „In der Sache miteinander streiten, aber mit fairen Mitteln“
Levin Eisenmann, CDU-Landtagskandidat für den Wahlkreis Konstanz-Radolfzell, hat kein Verständnis für diese Form des Protests. „Ich finde, man sollte sich an demokratische Gepflogenheiten halten: In der Sache miteinander streiten, aber mit fairen Mitteln.“ Und solche gefälschten Wahlplakate gehörten aus seiner Sicht definitiv nicht dazu.
Er selbst habe durch eine Bekannte von der Aktion erfahren, sagt Levin Eisenmann dem SÜDKURIER am Donnerstag. „Sie hat mir ein Foto geschickt und ich habe es der Stadt weitergeleitet.“
Stadtverwaltung hängt Plakate ab und erstattet Anzeige
Die Konstanzer Stadtverwaltung bestätigt, dass sie am Mittwoch von der Aktion erfahren habe. Die meisten Plakate seien noch am selben Abend durch Mitarbeiter des kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) und des Gemeindevollzugsdienstes abgehängt worden.
„Laut einem Bericht des KOD waren die Standorte der Plakate folgende: Schottenstraße, Laube, Lago, Theater, Seestraße, Mainaustraße, Wollmatingerstraße, Ebertsplatz, Wessenbergstraße“, erklärt Mandy Krüger, Pressesprecherin der Stadtverwaltung. Bis zum späten Donnerstagnachmittag seien insgesamt 13 Plakate abgehängt worden.

Extinction Rebellion muss nun mit einem Bußgeld rechnen, wie Mandy Krüger betont: „Das unrechtmäßige beziehungsweise nicht genehmigte Aufhängen stellt eine unerlaubte Sondernutzung dar.“ Dabei handle es sich um eine Ordnungswidrigkeit, die von der Stadt zur Anzeige gebracht werde. „Über die Höhe des Bußgeldes wird im Verlauf des Verfahrens entschieden“, so die Pressesprecherin weiter.
Auch Levin Eisenmann hat mit seinem Wahlkampfteam einige der gefälschten CDU-Plakate abgehängt. Ob er selbst Anzeige gegen Extinction Rebellion erstatten werde, habe er noch nicht entschieden, so der Landtagskandidat: „Ich werde mir das noch überlegen und auch Rücksprache mit den CDU-Kandidaten in anderen Wahlkreisen halten.“
Aktivisten nehmen Anzeige für Protest in Kauf
Die Gruppe Extinction Rebellion ist sich bewusst, dass sie mit Anzeigen rechnen muss. „Für uns ist das als Satire durch die freie Meinungsäußerung gedeckt. Aber es ist auch klar, dass bei zivilem Ungehorsam mit einer Strafe zu rechnen ist. Das nehmen wir in Kauf“, betont Simon Meier, Pressesprecher der Bewegung.
„Seit Jahren wird wegen der Klimakrise demonstriert, aber es geschieht nichts. Deshalb war für uns klar: Wir müssen Grenzen überschreiten“, so Meier weiter.
Bereits einmal sind in Konstanz gefälschte Wahlplakate aufgetaucht
Vor zwei Jahren waren in Konstanz schon einmal gefälschte Wahlplakate zu sehen, im Vorfeld der Europa- und Kommunalwahlen. Die Plakate, die optisch an jene der Grünen erinnerten, trugen Aufschriften wie „Polizei entwaffnen, für sichere Straßen“. Hinter der Aktion wurden damals Personen aus dem Umfeld der rechtsextremen Identitären Bewegung vermutet.
Frage an Extinction Rebellion: War es bei dieser Vorgeschichte wirklich geschickt, in Konstanz auf ein ähnliches Mittel des politischen Protests zurückzugreifen? „Für uns ist klar, dass man da keinen Vergleich ziehen kann. Vor zwei Jahren ging es um Rassismus und Ausgrenzung“, betont Pressesprecher Simon Meier.
Gefälschte Wahlplakate als Formen der politischen Aktion gebe es schon sehr lange. „Wir haben uns ganz klar nicht an der Aktion von vor zwei Jahren orientiert und wir unterstützen absolut nicht die Gedanken, die damals dahinter steckten“, so Meier weiter.