Sommerzeit ist Grillzeit. Sommerzeit ist Draußenzeit. Nach Feierabend wird auf der Terrasse oder im Kleingarten gegrillt, was das Zeug hält. Was nicht jedem schmeckt.
Sonja Schmidt, die mit Tochter Sandra im Stockackerweg lebt, liebt ihren Balkon. „Seit einem halben Jahr sind wir fast gar nicht mehr hier draußen“, sagte sie, und ihre Tochter nickt. „Wir werden zugeräuchert von den Nachbarn der Kleingartenanlage. Die grillen jeden Tag viele Stunden, dann müssen wir alle Fenster und Türen schließen.“
„Der Garten ist eine einzige Baustelle“
Außerdem würde wochentags ab 17 Uhr und am Wochenende den ganzen Tag Lärm herüber dröhnen. „Der Garten ist eine einzige Baustelle. Die verstoßen mit den Betonsockeln, den betonierten Treppen und dem Toilettenhäuschen gegen die Bestimmungen.“ Sie holen die Verordnung des Gartenvereins heraus und tippen auf einige Paragrafen, die ihnen Recht zu geben scheinen.

Menschen, die gegenüber auf ihren Balkonen sitzen oder am geöffneten Fenster stehen, bestätigen die Worte der Schmidts. „Im Frühjahr wurden in dem Garten Bäume gefällt, und seither weht der Wind den Rauch durch diese Schneise in unsere Häuser.“

Sonja und Sandra Schmidt schreiben seit Monaten Mails an zuständige Ämter, rufen immer wieder die Polizei. „Es tut sich nichts. Die Gärten sind offenbar rechtsfreie Räume“, sagen sie.
Das sagt der Vorsitzende der Gartenfreunde
Ulrich Riedle ist der Vorsitzende des Vereins der Gartenfreunde am Bismarckturm. Der betroffene Garten sei ein so genannter Altgarten von 1950. „Für die gelten die Regelungen der städtischen Kleingartenordnung, nicht unsere, und es gibt es einen Bestandsschutz. Dort dürfen größere Flächen bebaut werden“, sagt er. „Die Pächter sind neu und richten sich erst einmal ein. Das ist normal. Da entsteht eben mehr Lärm.“
Vertreter des Liegenschaftsamtes seien aufgrund der Beschwerden schon zu Besuch gekommen, „und die hatten nichts auszusetzen“. Und das Grillen? „Das ist nicht verboten“, sagt Riedle, „Natürlich muss man Rücksicht nehmen.“
Sonja und Sandra Schmidt kommen bei einem Spaziergang am betroffenen Garten vorbei. Die Pächter stehen am Zaun, der nun die beiden Parteien trennt. Zum Glück. Die Fronten sind verhärtet. Unfreundliche Worte werden gewechselt, bevor die Diskussion sachlicher wird.

„Wir grillen maximal zwei Stunden. Mehr können wir ja nicht essen“, sagen die Pächter, die anonym bleiben wollen. „Diese Frauen haben die Polizei gerufen, die Stadt, den Vorsitzenden. Alle waren hier. Wir machen nichts Verbotenes. Wir wollen keinen Ärger, nur den Garten genießen.“

Sie haben auf Anraten der Polizei rund um den Grill einen Rauchschutz errichtet und berichten von Bildern, die die Schmidts heimlich von ihnen gemacht und der Stadt geschickt hätten. „Ist das nicht verboten?“, fragen sie die Schmidts, die das abstreiten.
Weitere Schritte – notfalls rechtliche
Die Schmidts kündigen weitere Schritte an, notfalls rechtliche. Von der Stadt sind sie enttäuscht, da sie laut ihrer Aussage nie Antwort auf Beschwerden erhielten. „Man nimmt uns nicht ernst“, sagt Sonja Schmidt. Laut Rathaussprecher Walter Rügert ist der Verein für die Einhaltung der Regeln verantwortlich. Am Ende bleiben zwei verärgerte Parteien übrig: Anwohner und Kleingärtner. So fromm sie in Anlehnung an das Schiller-Zitat auch sein mögen – in Frieden werden sie erstmal nicht mehr leben können.