Patrick Schödler aus Zürich ist überrascht. „Mir ist kein Schild aufgefallen“, sagt er. Er habe nur die blauen Markierungen auf der Straße gesehen. Deshalb sei er vorsichtig gefahren. So wie Patrick Schödler geht es vielen Autofahrern auf dem Weg zum Hörnle.
Denn: Der Weg dorthin ist eine Radstraße. Ein spezielles Schild untersagt, Räder und Motorräder zu überholen, als maximale Geschwindigkeit gilt Tempo 30. Radfahrer haben Vorrang und dürfen nebeneinander fahren. Nur viele wissen das nicht.
Immer wieder werden Radfahrer gefährdet
Sobald es kurvig und eng wird, untersagt ein Schild auf der Radstraße zum Hörnle Autofahrern das Überholen von einspurigen Fahrzeugen. Das Verbotsschild auf weißem Grund und mit rotem Rand zeigt einen roten Wagen neben einem Rad und einem Motorrad.

Benedikt Brüne, Sprecher der Stadt Konstanz, sagt dazu: „Das Verkehrszeichen wird in erster Linie dort angebracht, wo es enge Streckenabschnitte oder starke Gefälle oder Steigungen gibt und Fahrzeuge den Mindestüberholabstand von 1,50 Meter nicht einhalten können. Das Verbot zum Überholen von einspurigen Fahrzeugen wurde somit angeordnet, um die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten, insbesondere des Radverkehrs.“
In der Vergangenheit habe es immer wieder Berichte über gefährliche Überholvorgänge in manchen Abschnitten der Eichhorn- und Jakobstraße gegeben. Die Sicht ist dort durch Kurven und Bäume eingeschränkt.

Die Fahrbahnbreite beträgt meist höchstens sechs Meter, darauf macht Brüne aufmerksam. Ein Auto schleicht langsam hinter dem Radfahrer her. So soll es sein auf großen Teilen der Radstraße zum Strandbad Horn.
Autofahrer: „Viele andere kapieren es nicht“
„Ich habe es kapiert, aber viele andere kapieren es nicht“, sagt Autofahrer Ralf Adler aus Spaichingen. Er habe kurz überlegen müssen, dann aber das Schild verstanden. Entsprechend sei er Radfahrern langsam hinterhergefahren. „Vor mir war einer, den hat das einen feuchten Kehricht interessiert.“

Grundsätzlich sagt er über die Radstraße: „Ich finde es keine gute Lösung.“ An machen Stellen sei sie so schmal, dass er eine Einbahnstraße als sinnvoller betrachten würde. Im vergangenen Jahr gab es die Einbahnlösung für Autos, doch es hagelte so viel Kritik, dass diese wieder geändert wurde.
„Ich bin froh, dass ich wieder fahren darf“, sagt Andreas Günter aus dem Schwarzwald, der mit dem Auto zum Hörnle gekommen ist. Die Umwege, die er im vergangenen Jahr wegen der Einbahnregelung nehmen musste, seien für alle ein Problem, die sich in Konstanz nicht auskennen. Jetzt sei es super. Für ihn sei es auch ohne Schild selbstverständlich, dass Räder Vorrang haben, und er sich nicht an diesen vorbeidrängele. Es gelte beim Überholen schließlich der Abstand von 1,50 Meter.
Radfahrerin: „Meine Kinder wurden angehupt“
Andere üben offenbar weniger Rücksicht aus: „Das Schild wird nicht von allen beachtet“, berichtet Margit Schnee, die immer wieder mit dem Fahrrad zum Strandbad kommt. „Erst neulich wurden meine Kinder angehupt und überholt. Ich glaube, viele kapieren es leider nicht.“ Grundsätzlich begrüßt sie es sehr, dass es jetzt die Radstraße zum Hörnle gibt, auch wenn sie dort schon mehrfach unerlaubt überholt wurde.

Sie würde sich, wie an der Radstraße in Petershausen, Hinweise wünschen, was Radfahrern alles erlaubt und Autofahrern verboten ist. Genau dies überlegt die Stadt Konstanz. So ein Banner könne durchaus eine positive Wirkung haben, sagt Sprecher Brüne, auch wenn es dazu keine Untersuchungen gebe.
Auch Radfahrerin Lisa Karre sagt, sie empfinde die Strecke als verwirrend. Viele Autofahrer wüssten nicht, wie sie sich verhalten sollen. Sie sei schon vielfach überholt worden, fühle sich aber nicht in Gefahr. Dies sei auch früher nicht der Fall gewesen. Sie spricht von den Zeiten, als Radfahrer noch auf einen schmalen Waldweg ausweichen mussten.
Radfahrer: „Manche Autofahrer fahren vorsichtiger“
„Ich habe noch nie Probleme gehabt“, sagt auch Dieter Stemmer, der seit 60 Jahren mit dem Rad ans Hörnle fährt. „Für mich hat sich an der Sicherheit nichts geändert.“ Regine Premerl sagt: „Es ist bequemer, einfach auf der Straße zu fahren.“ Sie habe sich aber auch vor der Radstraße zum Hörnle nicht unsicher gefühlt. Sie sein eine Radfahrerin, die lieber Umwege in Kauf nimmt, um sicher ans Ziel zu kommen.
Lukas Müller stellt fest: „Ich bin ein Fan von Radstraßen. Ich fühle mich da sicher und gut.“ Auf dem Weg zum Hörnle sei er schon manchmal von Autos überholt worden, aber immer erst dann, wenn es ausreichend Platz gab. Werner Schärdel hat den Eindruck, dass Autofahrer in der Radstraße vorsichtiger sind als im üblichen Verkehr. Zwar zuckle der Autofahrer nicht immer hinter dem Rad her, aber meistens doch. Grundsätzlich fühle er sich in der Radstraße wohl.

Bei einem Ortstermin auf der Radstraße zum Hörnle sind auch Szenen zu sehen, bei denen Radfahrer besonders weit rechts fahren, um Autos überholen zu lassen, oder Autos, die kein Rad vor sich haben, aber sichtbar schneller als mit 30 Stundenkilometern unterwegs sind.
Offensichtlich ist es so, dass manche Radfahrer gar nicht wissen, dass in einer Radstraße die Autos untergeordnet sind. Immer wieder sagen Radfahrer, dass sie den Eindruck haben, dass Autos ganz schön schnell fahren.
70 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg
Stadtsprecher Benedikt Brüne sagt dazu: „Uns wurden nur vereinzelt, sehr wenige Berichte über kritische Situationen zugetragen.“ In der Regel hielten sich Autofahrer an die Vorgaben. Kontrollen seien bisher nicht nötig gewesen. Im Fließverkehr wäre sowieso die Polizei zuständig.
Katrin Rosenthal, Sprecherin der Konstanzer Polizei, stellt ebenfalls fest: „Hier liegt kein Unfallschwerpunkt, deshalb sind bislang auch keine gezielten Kontrollen nötig.“ Grundsätzlich ließe sich auch das Überholverbot überwachen, „aber alles mit Maß und Ziel“. Die Strafen für die Missachtung sind drastisch: 70 Euro Bußgeld und ein Punkt in Flensburg.