Bei diesen Bildern stockte auch den langjährig erfahrenen Leuten in Konstanzer Rathaus der Atem. Auf der Reichenaustraße, kurz bevor es zur Schänzlebrücke hinaufgeht, sehen sie ein Bild aus einem Blitzer. Es ist datiert auf den 7. Februar, 14.34 Uhr. Wo man 60 fahren darf, löst das Gerät bei gemessenen 98 Kilometern pro Stunde aus.
Dann das zweite Bild. 16.15 Uhr, keine zwei Stunden später. Gleiche Stelle. Diesmal ergibt die Überwachungsmessung eine Geschwindigkeit von 136 Kilometern pro Stunde. Strammes Autobahntempo mitten in der Stadt. Und dann zeigt sich: Das Auto ist zwar ein anderes, aber am Steuer sitzt der gleiche Mann.

Zweimal hintereinander hatte er sich einen hellen Mercedes für eine Probefahrt ausgeliehen, die Autos unterscheiden sich für Laien erst auf den zweiten Blick; das eine Modell hat helle, das andere dunkle Außenspiegel. Doch die Person am Steuer ist unzweifelhaft ein und dieselbe, die Ermittlungen beim Halter bestätigen es.
Der junge Mann wird sich an seine Spitztouren noch lange erinnern. Für den ersten Tempoverstoß hat er ein Bußgeld von 520 Euro sowie einen Monat Fahrverbot erhalten, für den zweiten 1600 Euro und drei Monate. Er stottert die Strafe mit 50 Euro pro Monat bei der Stadt ab. Bei dieser Rate geht das 42 Monate lang, erst 2026 ist er seine Schulden los.
Jetzt blitzt die Stadt auch direkt nach den Blitzer-Säulen
Neben einer fast unvorstellbaren Rücksichtslosigkeit zeigt der Vorgang aber noch etwas anderes. Erfasst wurde der Raser nicht an der stationären Säule, die die Stadt vor einigen Jahren in der Reichenaustraße aufgebaut hat. Sondern von einem mobilen Blitzer, den die Stadt an diesem 7. Februar etwa 200 Meter dahinter aufgebaut hatte.
Schikane? Nein, sagt auf SÜDKURIER-Anfrage Frank Conze vom Bürgeramt im Konstanzer Rathaus. Nur so erwische man auch die, die denken, die haben die Blitzer-Säule ausgetrickst und können jetzt wieder aufs Gas drücken. Immer wieder baut die Stadt Konstanz solche Kontrollstellen auf – und „immer wieder mit traurigem Erfolg“, wie Frank Conze sagt.

Ortskundige wüssten längst von den Blitzer-Standorten und verhielten sich dort dann auch regelkonform. Kurz danach ist es mit dem Sicherheitsbewusstsein nicht mehr so weit her. Auch auf der Laube, wo eine Blitzer-Säule Tempo-30 überwacht, machen die städtischen Ordnungshüter immer wieder diese Erfahrung.
Als Schikane wollen es die Mitarbeiter des Bürgeramts nicht verstanden wissen: „Das ist eine Dienstleitung an Bürgern und allen anderen Verkehrsteilnehmern“, betont ihr Chef Frank Conze. Um die Verkehrsregeln durchzusetzen, und, wie Frank Conze betont, mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten, ergänzt die Stadt deshalb ihre Blitzer-Strategie.

Bürgeramt denkt über den Kauf eines Blitzer-Anhängers nach
Der mobile Messtrupp wird nicht nur im Umfeld von Schulen oder anderen besonderen Punkten eingesetzt, sondern zunehmend auch in kurzer Entfernung zu den Blitzer-Säulen im Stadtgebiet. Das Beispiel des Mercedes-Rasers scheint die Strategie zu bestätigen. Auch auf der Laube ist immer wieder das Gasgeben nach dem Blitzer zu beobachten.
Allerdings sind solche mobilen Kontrollen aufwendig – nicht zuletzt, weil dauerhaft zwei Rathaus-Mitarbeiter vor Ort sein und alles im Auge behalten müssen. Deshalb bereitet das Bürgeramt einen weiteren Schritt vor: Die Stadt Konstanz, so die Idee, soll einen Blitzer-Anhänger kaufen. Der Kreis hat solch ein Gerät schon länger im Einsatz, zum Beispiel an der B33 westlich von Allensbach, die hier zwar vierspurig ausgebaut, aber mit einem Tempolimit von 100 Stundenkilometern belegt ist.
Ein solcher teilstationärer Blitzer funktioniert rund um die Uhr, automatisch, bis zu fünf Tage mit einer Akkuladung und ohne Personal vor Ort. Nach allen Konstanzer Erfahrungen mit Temposündern ist zu erwarten, dass der Kaufpreis von geschätzt rund 200.000 Euro schnell wieder über Bußgelder in die Stadtkasse zurückfließt.
Eine Privatfirma mit dem Betrieb zu beauftragen und ihr einen Teil der Einnahmen zu überlassen, ist für Frank Conze unterdessen keine Option: „Die Geschwindigkeitsüberwachung“, sagt er, „ist in Konstanz eine Maßnahme für die Verkehrssicherheit und nicht primär als Einnahmequelle vorgesehen. Private Betreiber agieren da anders, als es unseren Zielen entspricht.“