Eigentlich geht es um die Reduzierung von Lärm. Lärm, verursacht von Straßen- und Schienenverkehr, Flughäfen, Industrie- und Gewerbeanlagen. Die Stadt Konstanz hat jetzt gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz, in das zwischenzeitlich die EU-Umgebungslärmrichtlinie aufgenommen wurde, einen Lärmaktionsplan erstellten lassen. Das Resümee: Es gebe viele Lärmschwerpunkte. Die vorgeschlagene Gegenmaßnahme: Tempo 30.

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Die Stadt macht mehr als erforderlich

Im Fokus standen eigentlich die Hauptverkehrsstraßen, sprich Bundes- und Landesstraßen auf der Gemarkung Konstanz. Auf Wunsch der Stadt wurde die Kartierung der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg (LUBW) erweitert und zusätzliche Straßen berücksichtigt, wie beispielsweise Grenzbach-, Ried-, Oberlohn- und Allmannsdorfer Straße.

Nach einem bestimmten Verfahren wurde die Lärmbetroffenheit errechnet. Hiernach gebe es Lärmschwerpunkte entlang der Kartierungsstrecken in Litzelstetten, Dettingen, Wollmatingen, Fürstenberg, Petershausen West und Ost, Königsbau, Allmannsdorf und in der Altstadt.

Um den Lärm innerorts zu mindern, „wollen wir uns generell auf eine Geschwindigkeitssenkung konzentrieren“, so Planerin Dafni Markopoulou. Auch auf den innerstädtischen Bundesstraßen sei ein Tempolimit von 30 Stundenkilometern das Ziel.

Mit einem Tempolimit von 50 auf 30 Stundenkilometer würde eine Entlastung von 2,5 Dezibel erzielt. Zusätzlich empfiehlt die Stadtverwaltung die Aufstellung eines Schallschutzfensterprogramms für alle Gebäude, die trotz der Senkung der Geschwindigkeit noch stark von Lärm belastet seien.

Lärmminderung um 2,5 Dezibel?

„Von 50 auf 30 Stundenkilometer nur 2,5 Dezibel? Ich hätte mehr erwartet. Die Lärmreduzierung ist gering“, bemerkt Heinrich Fuchs (CDU), dem Daniel Hölzle (Freie Wähler) Recht gibt. Grundsätzliche Zustimmung gibt es von Alfred Reichle (SPD), denn eine Reduzierung der Geschwindigkeit erhöhe die Verkehrssicherheit. Aber auch er sagt: „Eine Minderung um 2,5 Dezibel ist kaum hörbar und nicht wirklich wahrnehmbar auf der Straße.“

„Bei Tempo 30 sehe ich ein Problem für die Feuerwehr, denn die Freiwilligen müssen ins Gerätehaus kommen“, gibt Alfred ...
„Bei Tempo 30 sehe ich ein Problem für die Feuerwehr, denn die Freiwilligen müssen ins Gerätehaus kommen“, gibt Alfred Reichle (SPD) zu bedenken. | Bild: Nikolaj Schutzbach

Dafni Markopoulou muss bestätigen, dass die Absenkung um 2,5 Dezibel „nicht tatsächlich hörbar ist; aber es geht darum, um die Menschen zu schützen“.

„Wissenschaftlich habe ich mehr als große Bauchschmerzen“, stellt Daniel Hölzle fest. Er kritisiert, dass ausschließlich mit theoretischen Werten ohne tatsächliche Lärmmessungen gearbeitet wurde. „Und damit sollen wir Maßnahmen, die steuernd in den Straßenverkehr eingreifen, gegenüber den Bürgern rechtfertigen?“, so Hölzle, der mit viel Widerspruch seitens der Bürger rechnet. Dafni Markopoulou erklärt: „Nach den Regeln soll man nicht messen, sondern berechnen.“

Tempo 30 auf der Mainaustraße?

Heinrich Fuchs bezweifelt, dass Tempo 30 auf der viel befahrenen Mainaustraße Akzeptanz finden würde. Vor allem fragt er sich, ob E-Autos sowie der Zustand der Straßen berücksichtigt wurden, wobei er auf den sogenannten „Flüsterasphalt“ anspielte.

„Es wäre ein interessanter Aspekt, wie sich der Zustand der Straßen auswirkt“, meint Heinrich Fuchs (CDU).
„Es wäre ein interessanter Aspekt, wie sich der Zustand der Straßen auswirkt“, meint Heinrich Fuchs (CDU). | Bild: Scherrer, Aurelia

Die Möglichkeit, Flüsterasphalt einzubauen, gebe es, meint Dafni Markopoulou. Die Wirkung würde sich allerdings erst ab 60 Stundenkilometern erweisen. „Bei Tempo 30 bringt es vielleicht was, aber es ist vielleicht zu teuer“, merkt sie an. Der Zustand der Straßen sei nicht berücksichtigt worden.

Hölzle fordert, dass jede einzelne Maßnahme genau betrachtet werden solle, denn gerade bei der Mainaustraße sollte man das „tunlichst überlegen“. Bezüglich des Schallschutzfensterprogramms stellt er fest: „Ohne Kosten können wir das nicht abstimmen.“

Noch gilt größtenteils Tempo 50 auf der Mainaustraße, doch das könnte sich ändern, was nicht alle Gemeinderäte für sinnvoll halten.
Noch gilt größtenteils Tempo 50 auf der Mainaustraße, doch das könnte sich ändern, was nicht alle Gemeinderäte für sinnvoll halten. | Bild: Hanser, Oliver

Reichle findet auch: „Die Mainaustraße muss man ernsthafter prüfen; das ist eine Transitstrecke.“ Noch wichtiger: Man müsse an die Blaulichtfraktionen denken. Gerade bei der Feuerwehr sieht er schon Probleme, denn die Freiwilligen müssten ins Gerätehaus fahren. Ob die Hilfsfristen dann noch eingehalten werden könnten?

„Der Rettungsdienst wird in der Offenlage auch beteiligt“, erläutert Verkehrsplaner Stephan Fischer, der auf die Mobilitätsstrategie hinweist und feststellt: „Jetzt haben wir ein Instrument.“

Vorstufe für Tempo 30 in der ganzen Stadt?

Verena Vögt (JFK) geht gleich ins Detail: „Alte Rheinbrücke Tempo 50; davor und danach 30. Das ist ein Flickenteppich und nicht wirklich sinnhaft. Wie sind die Pläne, das ganze Stadtgebiet auf Tempo 30 umzustellen?

„Ein Flickenteppich ist nicht wirklich sinnhaft“, findet Verena Vögt (JFK).
„Ein Flickenteppich ist nicht wirklich sinnhaft“, findet Verena Vögt (JFK). | Bild: Julian Vögt

Die Maßnahmen in Folge des Lärmaktionsplans könnten „nur die Vorstufe für grundsätzlich Tempo 30 sein“, findet Peter Müller-Neff (FGL). Seine Fraktionskollegin Anne Mühlhäußer plädiert auch gleich für Blitzer, wie an der Laube, wo es eine „herrliche Entschleunigung“ gebe. Auch Jürgen Ruff (SPD) ist für die Umsetzung der Maßnahmen, denn „in vielen Straßen wünschen sich die Anwohner Tempo 30“.

Achim Schächtle (FDP) bemängelt, dass der Wandel zur geräuschärmeren E-Mobilität außer Acht gelassen werde. Mehr Lärm würde durch die maroden Straßenbeläge erzeugt, deshalb fordert er: „Erst die Beläge sanieren!“ Vor allem wähnt er: „Die Lärmdiskussion dient nur als Alibi, damit Tempo 30 eingeführt werden kann.“ Nach den Richtlinien werde E-Mobilität nicht prozentual eingerechnet, denn „ab einer bestimmten Geschwindigkeit ist hauptsächlich Reibung zu hören“, merkt Dafni Markopoulou an.

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Maßnahmen sind ein Kann und kein Muss

Die Stadtverwaltung lege beim Lärmaktionsplan EU-Vorgaben zu Grunde, so Daniel Groß, der wissen wollte: „Was passiert, wenn wir nicht Tempo 30 ausweisen? Müssen wir dann mit einer Klage oder Strafe rechnen?“ „Es hat keine rechtlichen Konsequenzen, wenn die Maßnahmen nicht umgesetzt werden“, heißt es vonseiten der Verkehrsplaner.

Bei drei Gegenstimmen billigt der Ausschuss den Entwurf des Lärmaktionsplans. Die Verwaltung werde eine Öffentlichkeitsbeteiligung durchführen. Danach werde der Plan dem Gemeinderat zum Beschluss vorgelegt, ebenso werde dann über die Umsetzung der Maßnahmen abgestimmt. Zum Schallschutzfensterprogramm: Die Verwaltung werde Richtlinien aufstellen und sich um mögliche Bundes- und Landeszuschüsse kümmern.

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