„Manchmal rumpelt es bis nach oben ins Gebälk“, sagt Notker Homburger. Er deutet die Wendeltreppe in seiner Altbauwohnung im obersten Stockwerk hinauf. Für die Erschütterungen in seiner Wohnung macht er den Bus- und Lkw-Verkehr sowie den damit zusammenhängenden schlechten Zustand der Gartenstraße, vor allem in dem Abschnitt zwischen Zasius- und Löhrystraße, verantwortlich.
Die Vibrationen seien laut Notker Homburger und seiner Frau Gela manchmal so stark, dass sich die Wohnungstüre wie von Geisterhand öffne oder „die Nadel vom Plattenspieler springt“. Das Ehepaar und andere Anwohner des Abschnitts sind in Sorge, dass die angrenzenden Gebäude zunehmend ernsten Schaden nehmen könnten.
Die beiden Konstanzer wohnen in einem Bau aus dem frühen 20. Jahrhundert, dessen Außenfassade im Jahr 2003 unter Einbeziehung der Denkmalschutzbehörde aufwändig renoviert worden war. Mittlerweile hätten sich laut Homburger allerdings wieder neue Risse in der Fassade und auch in der Wohnung, beispielsweise in der Schlafzimmerwand, gebildet.

Notker Homburger blieb jedoch keineswegs untätig, bereits seit drei Jahren ist er mit der Verwaltung im Austausch zu der Problematik. Seinem Wunsch, jemand der Verantwortlichen würde auf einen Kaffee vorbeikommen, um die „Erdbeben“ am eigenen Leib zu erfahren, ist jedoch nie jemand nachgekommen.
Das Ehepaar macht klar: Es gehe ihnen nicht um den vielen Verkehr oder den Lärm, damit habe man kein Problem. Überhaupt empfinde das Ehepaar keine Wut oder Ähnliches auf die Verantwortlichen, sondern vielmehr Sorge um ihre vier Wände – und die anderer Anwohner.
Laut den Hombergers hatten sich bereits am eigenen Gebäude mehrere Dachziegel gelockert und drohten in den Eingangsbereich des Hauses zum Hof hinabzufallen. „Genau wie da drüben“, sagt Notker Homburger und deutet auf einen lose sitzenden Ziegel auf dem Dach des gegenüberliegenden Hauses. In der Vergangenheit hatte die Stadt Konstanz die Aussage von Homburger, dass durch den Fahrbahnverkehr Erschütterungen erzeugt würden, welche zu Schäden am Gebäude führen könnten, entschieden zurückgewiesen.
„Absolut verkehrssicherer Zustand“
Die Verwaltung hält die Schäden auf der Gartenstraße zwischen den Einmündungen Zasiusstraße und Löhrystraße für unproblematisch. Ganz generell teilt Benedikt Brüne, Pressesprecher der Stadt Konstanz, auf SÜDKURIER-Nachfrage mit: „Die Quartierstraßen im Paradies sind durchschnittlich 30 bis 50 Jahre alt. Naturgemäß weisen Straßen mit dieser oder ähnlicher Altersstruktur Schadensbilder auf.“
Die Straßen im Paradies, wie auch alle anderen 250 Kilometer im Konstanzer Straßennetz, würden darüber hinaus regelmäßig abgefahren und kontrolliert. Die Technischen Betriebe Konstanz (TBK) würden grundsätzlich erkannte oder gemeldete Schäden beheben und so die Straßen in einem verkehrssicheren Zustand halten. Eine aktuelle Begutachtung des betroffenen Straßenabschnitts ergab laut Verwaltungsangaben „einen absolut verkehrssicheren Zustand“. Das teilte die Stadt am 15. März auf Nachfrage mit.
Zwei große Schlaglöcher frisch saniert
Allerdings: Wo am 12. März noch zwei tiefe Schlaglöcher zur Gefahr für Radler oder Fahrzeuge werden konnten, wurde zwischenzeitlich ausgebessert. Auch die SÜDKURIER-Anfrage zum Thema der Verkehrssicherheit der Gartenstraße ging zufälligerweise am 12. März an die Stadtverwaltung, auch mit einer Frage nach ebenjener Schlaglöcher.
Auf nochmalige Rückfrage gibt Benedikt Brüne an, dass die TBK am 13. März von einem Bürger eine entsprechende Meldung bekommen haben sollen. „Die TBK haben die Stellen in der Gartenstraße zeitnah ausgebessert“, so Brüne.


Verkehrssicher sei die Straße jedoch auch mitsamt den Schlaglöchern gewesen: „Die Gartenstraße ist verkehrssicher, auch unabhängig von der schnell erfolgten Reparatur kleinerer Schlaglöcher“, so der Sprecher. 2021 wurden mehrere, kleine Ausbesserungen am Belag vorgenommen, damals wohl aufgrund von sogenannten Netzrissen. Dies diente laut der Verwaltung dazu, die Straße in ihrem Funktionszustand zu erhalten und um weitere Schädigung durch eindringendes Wasser zu verhindern.
Doch warum wurde damals nicht sofort das ganze Teilstück saniert, anstatt der augenscheinlichen Situation, die eher einer Pflasterbehandlung gleicht? „Der Umfang der Belagssanierung erfolgte damals nach fachlicher Einschätzung der zuständigen Bauingenieure, im Hinblick auf die gegebene Verkehrssicherheit und die herrschende Haushaltslage“, teilt der Sprecher dazu mit.

Und wie sieht es aktuell mit einer grundlegenden Sanierung aus, wo der kurze Abschnitt nun eher einem Flickenteppich gleicht? Brüne dazu: „Aktuell wird die Gartenstraße nicht als neu zu bauender Straßenabschnitt angesehen.“
Wirken sich die Straßenschäden auf Gebäude aus?
Dass sich der Verkehr und die schlechten Straßenverhältnisse negativ auf angrenzende Gebäude auswirken, sieht die Verwaltung mindestens als unwahrscheinlich an. So würden grundsätzlich beim Straßenbau die Bodenverhältnisse mitberücksichtigt. Die Gartenstraße sei einst nach den anerkannten Regeln der Technik gebaut worden. Im Straßenverlauf seien keine Setzungen oder andere Ursachen erkennbar, auf die sich eine Erschütterung am Gebäude bei fließendem Verkehr zurückführen ließe.
„Während verschiedener Ortstermine wurde die Fahrdynamik, insbesondere die der Lkw und der Linienbusse, beobachtet“, gibt Benedikt Brüne an. „Hierbei wurden keine außerordentlichen Schläge bzw. Beanspruchungen auf der Fahrbahnoberfläche wahrgenommen, die unverhältnismäßige Auswirkungen, wie etwa Erschütterungen, auf anliegende Gebäude haben könnten.“ Grundsätzlich gäbe es in Konstanz aber aufgrund des Untergrundes entsprechende Thematiken, bei denen sich die Schwingungen auch auf die Umgebung und auf anliegende Gebäude auswirken könnten.
Für die Anwohner des Abschnitts und für die Verkehrsteilnehmer desselben ist das alles nur ein schwacher Trost. Homburger selbst und seine Nachbarn werden allerdings erfinderisch. Sie messen nun mit einer Handy-App die Vibrationen im Gebäude, um mit den entsprechenden Ergebnissen in Zukunft Besserung zu erreichen.
Bis dahin wird es wohl weiterhin bei so mancher tonnenschweren Durchfahrt in der Gartenstraße bis hinauf ins Gebälk knarzen. Die Hoffnung, dass einer der Verantwortlichen auf einen Kaffee vorbeikommt, um die Erschütterungen selbst zu erleben, hat das Ehepaar noch nicht aufgegeben.