Ist es richtig, zunächst nur die Strecken zu räumen, die besonders wichtig sind und auf denen ein Bus fährt? Und dass in vielen Wohngebieten (wie hier in der Zeppelinstraße auf dem Bild) tagelang gar kein Schneepflug durchfährt, dicke Eispanzer entstehen, sich Anwohner kaum mehr auf die Straße trauen und sich sorgen, ob im Notfall der Rettungswagen durchkommt?
Oder muss es eine Stadt auch mal aushalten, dass selbst für den Winterdienst die Ressourcen begrenzt sind und deshalb einfach nicht überall geräumt werden kann? Welche konkreten Erwartungen haben Sie an den Winterdienst und hätten Sie Verständnis dafür, dass für einen umfassenderen Service andere Angebote reduziert werden?
Das meinen Leser zu diesem Thema
Jürgen A. Reimann aus Konstanz meint: „Wie wäre es denn damit, dass der Bürger mal eine Schneeschippe in die Hand nimmt? Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass es herrlich ist, morgens um 5.30 in frischer kühler Winterluft sich zu bewegen und dabei den Schnee wegzuräumen. Ich mache das an meinem Wohnort freiwillig, obwohl es einen Hausmeisterservice gibt. An meinem früheren Wohnort räumte ich auch noch 15 Meter Straße. Klar, das kann nicht jeder, aber jeder gesunde Mensch ab 15 kann das. Mit meinen 65 Jahren kann ich es immer noch und hoffe noch auf genügend Schnee in den kommenden Wintern, um möglichst lang Schnee schippen zu können. Warum mögen heute die meisten Menschen nichts mehr für das Gemeinwohl tun und rufen immer nur nach Dienstleistern? Und diese haben demzufolge ja auch ein Personalproblem, denn bezahlen wollen die bequemen Bürger ja auch nichts. Für einen ordentlichen Handwerkslohn bin ich gerne bereit, bei anderen Leuten zu schippen.“
Die Konstanzerin Andrea Trempa-Knittel schreibt: „Einer Prioritätenliste zu folgen, heißt doch nicht automatisch, nicht priorisierte Straßen überhaupt nicht zu räumen. Oder? Ich wohne an der Ecke Karlsruher/Leipziger Straße und beobachte mehrere Sachverhalte: Die Leipzigerstraße wird nie geräumt, obwohl Schule und Kindergarten Anlieger sind. Der Gehweg um den Berchenspielplatz wurde in der Vergangenheit meist vergessen. Bei Meldung an die TBK kommt eine Mail von Herrn Rinklin, dass Gehwege von Anwohnern geräumt werden müssen. Nach einer weiteren Meldung mit dem Vermerk, dass die Stadt ‚der Anwohner‘ ist, kommt ein Trupp, der kiloweise Salz streut, statt zu räumen. Anwohner, die der Räumpflicht nachkommen, bekommen Ärger, wenn drei Schneeflöckchen vom Gehweg auf der Straße landen. Der Schneepflug, der irgendwann die Busstrecke räumt, pflügt aber die geräumten Gehwege einfach wieder zu. Am ärgerlichsten ist für mich, dass mit so vielen verschiedenen Maßen gemessen wird. Es bleibt nur, in der Nachbarschaft die Situation gemeinsam anzugehen. Wir bemühen uns, Durchgänge für Kinderwagen und Rollatoren freizuhalten.“
Cintia Gonçalves aus Konstanz arbeitet als Pflegekraft und ist sehr besorgt um die Sicherheit älterer oder behinderter Mitbürger: „Ich habe in Wollmatingen mehrere Senioren gesehen, die zum Supermarkt gingen. Trotz Gehhilfen haben sie es nicht geschafft, an manchen Stellen an der Straße entlang zu gehen, weil es noch voll mit Schnee war. Ich bin 32 Jahre alt, in der Pflege tätig, und nehme sowas als sehr kritisch wahr. Für alte Menschen und Personen mit Behinderung, die sich selbstständig versorgen, ist das eine Katastrophe, wenn sie an solchen Tagen das Haus verlassen müssen. Ein falscher Schritt und schon landet man im Krankenhaus. Auch ich war verunsichert, wo ich entlanggehen kann (ohne hinzufallen), als ich am Sonntag etwa fünf Kilometer zu Fuß zur Arbeit gelaufen bin – mit dem Auto zu fahren, war nicht möglich, der Bus kam nicht und der Zug fiel auch aus. Als Pflegekraft sollte man sich nicht verletzen, doch ich bin – Gott sei Dank – gut bei der Arbeit angekommen.“
Auch für Julia Kerfin war der Weg zur Arbeit kein Spaß, obwohl sie sich über die weiße Pracht gefreut hat. Sie schreibt: „Ich arbeite in der ambulanten Pflege und muss daher früh raus und komme durch fast ganz Konstanz. Der Schnee kündigte sich ja bereits am Freitagnachmittag an und so bin ich bewusst früher aufgestanden und habe mich früher auf den Weg zur Arbeit gemacht, damit ich nicht überall zu spät komme. Was ich dann um 6.15 Uhr vorfand auf den Straßen, fand ich dann nicht wirklich lustig. Der Döbeleparkplatz nicht geräumt, die Laube nicht geräumt, weiter über die alte Rheinbrücke, Mainaustraße, Luisenstraße – nichts geräumt. 6.45 Uhr Fahrt über Zähringerplatz, Wollmatinger Straße bis Chérisy – wieder nichts geräumt. Das sind für mich keine Nebenstraßen. In der Zeit von 6.15 bis 8.30 Uhr ist mir nicht ein einziges Räumfahrzeug begegnet. Das fand ich dann schon recht enttäuschend. Und ich bin nicht alleine um diese Uhrzeit an einem Wochenende unterwegs. Ich habe etliche Kollegen und dann gibt es noch die stationären Pflegekräfte, die irgendwie zur Arbeit wollen und auch wieder nach Hause. Ich bin ein eher positiver Mensch und lasse mir meine Arbeit und auch die Freude über den Schnee nicht nehmen. Fand das aber generell einfach eher ein Armutszeugnis.“