Rafi Bouchaib steht an einer Bushaltestelle in der Riedstraße in Konstanz und nimmt die Lage gelassen. Dass er von seinem Zuhause in Stockach überhaupt nach Konstanz gekommen ist, wundert ihn einigermaßen. Als ihm klar wurde, dass an diesem Montagmorgen, 4. Dezember, kein Zug Richtung Radolfzell und dann weiter nach Konstanz fahren würde, sprach er kurzerhand einen Autofahrer an und bat ihn, ihn mitzunehmen. Fairerweise beteiligte er sich am Benzingeld. Nun will der 25-Jährige nach seinem Termin wieder zurück und wartet. Er hofft auf den angekündigten Schienenersatzverkehr. „Ob er wirklich kommt, keine Ahnung!“, sagt er und lacht dabei.

Die SBB und die DB Regio haben einen Schienenersatzverkehr (SEV) eingerichtet, wie sie in einer Pressemitteilung berichten. Laut Plan verkehren die Ersatzbusse zwischen Singen und Konstanz, allerdings mit Verspätungen.

Der Schienenersatzbus ist im hinteren Teil sehr voll geworden – aber er ist gekommen. Die Fahrgäste, die von A nach B müssen, sind ...
Der Schienenersatzbus ist im hinteren Teil sehr voll geworden – aber er ist gekommen. Die Fahrgäste, die von A nach B müssen, sind erleichtert. | Bild: Wagner, Claudia

Zum Lachen ist nicht jedem zumute, der an diesem Montag etwas zu erledigen hat oder dringend irgendwohin muss – zur Arbeit zum Beispiel. Die Züge auf der Seehasstrecke fallen allesamt aus, wann der Betrieb wieder aufgenommen wird, ist am Montagnachmittag immer noch ungewiss. Darüber hinaus waren mehrere Straßen im Verlauf des Wochenendes gesperrt. Bleiben als halbwegs verlässliche Verkehrsmittel das Fahrrad und der Stadtbus.

Zwei Linien mit Verspätungen

Dieser ist den ganzen Tag über im Einsatz und es gibt am Montag keine Linie, die ausfällt, wie Christopher Pape, Sprecher der Stadtwerke, auf Anfrage berichtet. Vor allem auf den Ringlinien komme es zu Verspätungen: Die Linie 4/13, die von Konstanz über Wollmatingen auf den Bodanrück fährt, werde wegen einer Straßensperrung zwischen Konstanz und Dettingen umgeleitet.

Die Busse fahren aktuell (Stand: Montag, 4. Dezember) über Litzelstetten, den Dettinger Kinderspielplatz über die Litzelstetter Straße und das Wollmatinger Rathaus. „Die Haltestellen können alle angefahren werden, aber die Fahrtroute hat sich geändert“, sagt Pape. Bei den Linien 11 sowie 9A und 9B Richtung Universität wiederum könnten nicht alle Haltestellen angefahren werden.

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In den Morgenstunden muss es zudem zu vollen Bussen gekommen sein, da manch Auto- und Radfahrer und die Zugnutzer auf den Bus umstiegen. Beschwerden wegen überfüllter Fahrzeuge aber habe es nicht gegeben, sagt Pape.

Auch Lelia Geiger fährt normalerweise mit dem Seehas, sie muss von Wollmatingen nach Reichenau. „Ich hoffe, dass der Bus fährt“, sagt sie. Für sie sei es nicht furchtbar schlimm, dass der Seehas ausfalle. Aber kurios sei es schon: Die Uni, ihr regelmäßiges Ziel, könne sie heute auch nicht erreichen, da die Zugangsstraße gesperrt sei.

Lelia Geiger muss nach Reichenau. Da heute kein Seehas fährt, hofft sie auf den Stadtbus.
Lelia Geiger muss nach Reichenau. Da heute kein Seehas fährt, hofft sie auf den Stadtbus. | Bild: Wagner, Claudia

Henry Rinklin hingegen ist eigentlich ganz zufrieden. Der Chef der Stadtreinigung muss dafür sorgen, dass die Konstanzer Straßen bei Schnee und Eis rechtzeitig geräumt werden – jedenfalls die Hauptverkehrsachsen. Das sind alle Ortsdurchfahrten, die Strecke vom Zähringerplatz bis in die Innenstadt, dort die Ringstrecke, die Mainaustraße bis zur Fähre, die Reichenau- und die Europastraße.

Rinklin fügt hinzu: „Natürlich auch alle Straßen, auf denen Busse verkehren.“ Zusätzlich habe der Räumdienst in den frühen Morgenstunden die Radwege freigeräumt. Tagsüber arbeitet er die Reste nach: etwa die Übergänge zwischen Straße und Geh- oder Radweg.

„Was viele Bürger nicht wissen: Laut Gesetz müssen wir nur die verkehrswichtigen und gefährlichen Straßen räumen“, erläutert ...
„Was viele Bürger nicht wissen: Laut Gesetz müssen wir nur die verkehrswichtigen und gefährlichen Straßen räumen“, erläutert Henry Rinklin. | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

„Die Lkw stehen hier quer wegen der Eisglätte“

Natürlich gebe es Beschwerden von Bürgern wegen aus deren Sicht unzureichend geräumter Straßen. So hat Andre Schulze, Inhaber des Konstanzer Handelshauses Koha im Industriegebiet, mit seiner Frau eine E-Mail an den Oberbürgermeister geschrieben. Er beschreibt die Zustände in der Färberstraße. „Die Lkw stehen hier quer wegen der Eisglätte und die Straße ist weder gestreut noch geräumt“, sagt er verärgert.

Morgens habe es einen Unfall mit einem Lastwagen und einem stehenden Auto gegeben, viele Fußgänger stolperten. „Das wäre nicht nötig, der Schneefall war ja vorhersehbar.“ Er wünscht sich, dass umgehend auch Nebenstraßen, in denen viel Fluktuation herrscht, geräumt werden.

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„Was viele Bürger nicht wissen, ist, dass der Rechtsanspruch niedrig angesetzt ist: Laut Gesetz müssen wir nur die verkehrswichtigen und gefährlichen Straßen räumen“, erläutert Rinklin. Wenn eine Straße nur gefährlich sei, beispielsweise weil sie abschüssig ist, reiche das für eine Pflicht zur städtischen Räumung nicht aus.

Der Blick des Stadtreinigungschefs richtet sich im Moment ohnehin nach vorn: Für den Montagabend ist Eisregen angesagt. „Da müssen unsere Mitarbeiter wieder auf die Straße“, sagt er. Schon um Salz zu sparen und sein Team zu schonen, werde er am Montagmittag nicht in den Nebenstraßen räumen lassen.

Sven Honold, Christian Koch und Jan Fischer, Mitarbeiter der Stadtreinigung, bauen eine Messstation auf der Fahrradbrücke auf, im ...
Sven Honold, Christian Koch und Jan Fischer, Mitarbeiter der Stadtreinigung, bauen eine Messstation auf der Fahrradbrücke auf, im Vordergrund ihr Chef Henry Rinklin. Sie soll helfen, noch schneller zu reagieren, wenn Eis und Glätte drohen. | Bild: Hanser, Oliver

Zumal es bei Eisregen ein Vorteil sei, wenn noch etwas Schnee auf den Straßen liege, das verhindere zumindest eine spiegelglatte Fläche. In den vergangenen Tagen seien 70 Personen und elf Räumfahrzeuge unterwegs gewesen, ein wenig sparsamer müsse er mit den Kapazitäten nun umgehen.

Es kam zu Verletzungen durch Stürze und Unfälle

Auch anderswo herrscht bei Schnee und Eis Hochbetrieb. In der zentralen Notaufnahme seien seit Freitag, 1. Dezember, 27 Personen mit Verletzungen, die durch das Winterwetter verursacht wurden, behandelt worden. An Wochenende habe es vor allem Schlittenunfälle gegeben und Stürze beim Spazierengehen, am Montag dann eher Fahrradstürze beim Weg zur Arbeit, wie Ivo Quack, Leiter der Zentralen Notaufnahme, berichtet. Quack weist dabei darauf hin, dass es gerade beim Schlittenfahren öfter zu schwereren Verletzungen komme.

Die Zahl der witterungsbedingten Unfälle hielt sich trotz der massiven Schneefälle und der Glätte offenbar in Grenzen. Laut Polizeipräsidium Konstanz kam es zwischen Freitagabend und Montagmorgen zu 20 Unfällen im Landkreis. Auch der morgendliche Stau auf der B33 in Richtung Konstanz ging zu Wochenbeginn laut Polizeisprecherin Katrin Rosenthal nicht über das normale Maß hinaus, obwohl viele Pendler mangels Zugverbindung aufs Auto umsteigen mussten.