Für Dieter Bös sind die Sommerkonzerte 2022 ganz besondere Termine im Konstanzer Veranstaltungskalender. Bös, der heute die Agentur Kokon Entertainment führt und einst mit seiner Firma Koko das Pop- und Rockmusikleben in der weiten Region prägte, kann dabei gar nicht anders, als in Erinnerungen zu schwelgen.
Doch gleichzeitig blickt er mit Sorge in die Zukunft: Denn es könnte gut sein, dass die Sommerkonzerte von Donnerstag bis Samstag, 7. bis 9. Juli, die letzten ihrer Art sind. Denn die Konstanzer Stadtverwaltung will den Festplatz direkt am See möglicherweise gar nicht mehr für solche Kulturveranstaltungen freigeben.
Livemusik und Klein Venedig – das gehörte über Jahrzehnte zusammen
Livemusik auf Klein Venedig, da erinnert nicht nur Dieter Bös sich an das legendäre Zeltfestival. Über viele Jahre was es ein fester und beliebter Teil im Veranstaltungskalender der Region, und es haben unvergessliche Konzerte dort stattgefunden.

Im Prinzip ist auch Kulturbürgermeister Andreas Osner froh, dass wieder mehr los ist: „Ich freue mich sehr, dass jetzt wieder so attraktive Open-Air-Veranstaltungen bei uns durchgeführt werden können und danke den Veranstalter für ihr Engagement. Die Corona-Zeit war für die Konzertbesucher eine große Durststrecke.“ Doch dann kommt der entscheidende Satz: „Wir müssen allerdings auch genau hinschauen, welche Veranstaltung zu welchem Veranstaltungsort am besten passt.“
Weil er Optimist ist, überwiegt für Dieter Bös wenige Tage vor dem Start noch die Freude, dass nun wieder etwas geht auf Klein Venedig: „Das kann ich gar nicht beschreiben, was es für mich heißt, an diesem Ort wieder etwas zu veranstalten“, sagt er wenige Tage, bevor Jan Delay und seine Band Disko No. 1 die drei Sommerkonzerte-Abende eröffnen. „Ich muss natürlich an das Zeltfestival denken, aber auch an unglaubliche Open-Airs. Bei Dieter Thomas Kuhn waren damals 10.000 Gäste da und haben unglaublich fröhlich gefeiert!“
Noch keine Zusage für 2023
Womit sich die Konstanzer und ihre Gäste im Jahr 2023 aber überraschen lassen können, steht indes noch in den Sternen. Und das nicht, weil Dieter Bös und sein Team keine Anfragen hätten. Ganz im Gegenteil. Auch die Künstler haben „furchtbare Dürrejahre“ hinter sich, sagt er, und entsprechend groß sei das Interesse an Auftritten. Doch bisher konnte sich die Stadtverwaltung nicht durchringen, Bös und seiner Firma Kokon Entertainment das Areal Klein Venedig zuzusagen.
Die Stadtverwaltung will die indirekte Kritik, nicht genug für die Fans der Popmusik zu tun, derweil nicht auf sich sitzen lassen. Rathaus-Sprecher Walter Rügert führt vor allem den Standort als Problem an und verweist auf „interne Abstimmungen“, die noch nicht abgeschlossen seien. Allzu viel Hoffnung macht er nicht und erklärt, dass „seit der Katastrophe in Duisburg Großveranstaltungen mit Massenaufkommen auf Klein Venedig aus Sicherheitsgründen sehr kritisch bewertet und in der Regel nicht mehr zugelassen werden.“

Für 2022 habe man als Corona-Nachholprogramm eine Ausnahme gemacht. Und was ist mit Seenachtfest oder Oktoberfest, die bekanntlich ebenfalls „Großveranstaltungen mit Massenaufkommen auf Klein Venedig“ sind? Die, so die Auskunft aus dem Rathaus, waren einfach früh genug da, so haben sie „Bestandsschutz, können aber auch nur unter großen Sicherheitsauflagen durchgeführt werden.“
Festplatz wird neu strukturiert
Am Ende geht es aber auch darum, was Klein Venedig langfristig sein soll. Wo schon zweimal ein Konzert- und Kongresshaus geplant war, wo früher regelmäßig Zirkusse gastierten und eben das Zeltfestival bis 2016 unvergessliche Kulturerlebnisse ermöglichte, gilt jetzt, dass „das Gelände mittlerweile auch als Ausweichfläche zur Entlastung des Herosé-Geländes und anderer Standorte fungiert.“
Mit anderen Worten: Es gibt nicht mehr Platz für alles, möglicherweise auch nicht mehr für ein paar Open-Air-Konzerte im Sommer. Oder, mit den Worten aus dem Konstanzer Rathaus: „Das Gelände inklusive Festplatz wird insgesamt neu strukturiert, hierzu sind die Planungen am Laufen.“

Für Freunde der Open-Air-Popkonzerte auf Klein Venedig könnten die Sommerkonzerte 2022 also die letzte Chance auf lange Sicht sein. Dieses Jahr können bis zu 8000 Gäste die drei Konzerte besuchen, bei denen Bös und seine Kollegen auf eine große Bandbreite geachtet haben: Soulig wird es bei Jan Delay. Punkrock spielen die Beatsteaks. Und Pop zum Mitsingen gibt es von Mark Forster. Alle Künstler, sagt Bös, freuen sich ganz besonders auf ihre Auftritte in Konstanz. Die Lage direkt am See und das fröhliche Publikum – das lobten seine Künstler immer wieder.
Einen Favoriten für die bevorstehenden Sommerkonzerte hat Bös freilich nicht – oder wenn, dann will er es nicht sagen. Jan Delay und Mark Forster hat Bös schon auf den Hohentwiel geholt, die Beatsteaks kennt er aus langer Southside-Verbundenheit. Alle drei so unterschiedliche Künstler haben ihre jeweiligen Fans, aber Dieter Bös wäre wohl nicht Konzertveranstalter, wenn er nicht auch sagen würde: „Es lohnt sich immer auch das anzusehen, was man noch nicht kennt!“