Wie oft kommt es zu Fehlalarmen?
Bernd Roth: Wir haben ungefähr eine Quote von Fehlalarmen zwischen 200 und 400 pro Jahr. Bei circa 1200 bis 1600 Einsätzen insgesamt – also rund ein Viertel aller Einsätze. Runtergerechnet ist das ein Einsatz pro Tag. Was den Anteil von automatisch ausgelösten und aktiv abgesetzten Fehlalarmen angeht, liegt die Verteilung schätzungsweise bei 50:50.
Wie wirkt sich die Pandemie auf die Quote aus?
Bernd Roth: Also 2020 haben wir einen Rückgang der Einsätze auf 1200 pro Jahr verzeichnet. Das hat sicherlich mit Corona zu tun: Die Leute sind zu Hause und merken, wenn etwas passiert. Wenn der Rauchwarnmelder angeht, sind sie in unmittelbarer Nähe und stellen ihn aus. So wird die Feuerwehr gar nicht so oft tätig.
Wodurch kommt es zu Fehlalarmen?
Bernd Roth: Zum einen durch Brandmeldeanlagen in Sonderbauten, also Versammlungsstätten, öffentlichen Gebäuden, Schulen und so weiter. Da kommt es anlagenbedingt öfter aus unbekannten Gründen zu Fehlalarmen. Es kann sich zum Beispiel Staub gebildet haben, dadurch wird der Fotosensor beeinträchtigt. Außerdem kommt es zu Fehlalarmen durch Temperaturschwankungen oder Windstöße. Oder durch Bauarbeiten: Wenn in der Nähe ein Loch gebohrt wird, gelangt Bohrstaub in den Melder und er löst aus. Dann haben wir auch viele Auslösungen durch Essensverarbeitung. Was wir zum Glück sehr selten haben, ist die böswillige Auslösung. Also, dass jemand eine Zigarette oder ein Feuerzeug an den Melder hält oder die Druckknöpfe einschlägt. Ein weiterer Bereich sind die privaten Rauchwarnmelder. Da kommt es aus verschiedensten Gründen zu Auslösungen: zum Beispiel aufgrund des Wartungszustands. Es gibt sowohl den Warnton als auch den Ton, der ertönt, wenn die Batterie leer geht. Nachbarn oder Leute, die draußen vorbeigehen, hören den Batteriealarm und rufen die Feuerwehr, weil sie die Töne nicht unterscheiden können. Auch das Kochen spielt hier wieder eine große Rolle. Die Situation ist oft die, dass die Leute nach der Arbeit so erschöpft sind, dass sie einschlafen, während das Essen im Ofen ist. In der ersten Schlafphase schlafen sie dann so tief, dass sie den Rauchwarnmelder gar nicht hören. Aber die Nachbarn hören das und rufen die Feuerwehr.

Wie reagiert die Feuerwehr in solchen Fällen?
Bernd Roth: Generell rücken wir immer direkt unverzüglich aus. Handelt es sich um einen Fehlalarm durch eine Brandmeldeanlage, sind wir auch meistens schon da, bevor wir eine telefonische Rückmeldung bekommen, dass es sich um einen Fehlalarm handelt. Wir müssen hinfahren, uns das anschauen und die Anlage wieder in einen betriebsbereiten Zustand bringen.
Christopher Kutschker: Wir müssen auch sichergehen, dass wir den Auslösegrund wirklich gefunden haben und prüfen, welcher Rauchwarnmelder ausgelöst hat. Und uns vergewissern, dass es sich wirklich um einen Fehlalarm gehandelt hat.

Wie viel Arbeitsaufwand steckt hinter einem Fehlalarm?
Christopher Kutschker: Da steckt viel Arbeit dahinter. Das Prozedere läuft so ab: Wir rücken aus wie zu einem Brandeinsatz. Das hauptamtliche Personal hier am Standort rückt zuerst aus. Dann wird parallel dazu die Freiwillige Feuerwehr alarmiert. Die kommen alle von zu Hause oder von der Arbeitsstelle, gehen ins Gerätehaus, ziehen ihre Ausrüstung an, sowie eine Maske und ein Atemschutzgerät. Dann läuft am Einsatzort die Erkundung. Bei Vermutung, dass es was sein kann, wird der Löschangriff aufgebaut. Wenn sich dann ein Fehlalarm herausstellt, wird alles wieder zurückgebaut. Dann müssen die Geräte wieder gerichtet und überprüft werden: Wurden sie benutzt oder nicht? Masken müssen ausgetauscht werden und die Einsatzleiter müssen einen Einsatzbericht fertigmachen – das alles passiert im Nachgang.

Wer muss bei einem Fehleinsatz die Kosten tragen?
Bernd Roth: Es ist im Feuerwehrgesetz vom Land Baden-Württemberg geregelt, was kostenpflichtig und was kostenfrei ist. Die Einstätze im Bereich der privaten Rauchwarnmelder sind kostenfrei, weil man davon ausgeht, dass sie im guten Glauben abgesetzt werden. Wenn Menschen eine Gefahrensituation wahrnehmen, wird das von der Stadt bezahlt. Wie viel das kostet ist ganz unterschiedlich. Je nach Personal, Fahrzeugaufwand und Objekt. Bei den Brandmeldeanlagen in Sonderobjekten sieht es anders aus, da muss vor Ort die Auslöseursache recherchiert werden. Ist es eine technische Störung oder ein klassischer Fehlalarm, dann ist der Einsatz kostenpflichtig. Wenn der Einsatz der Zweckbestimmung dient, ist er kostenfrei. Wenn jetzt jemand gekocht hat und der Dunst löst den Melder aus, hätte es verhindert werden können. Also ist es kostenpflichtig. Und missbräuchliche Nutzung einer Alarmierungsanlage ist sowieso kostenpflichtig.
Wie sieht‘s aus, wenn Fehlalarme durch Kinder ausgelöst werden?
Bernd Roth: Dass ein Fehlalarm durch Kinder ausgelöst wurde, hatte ich hier jetzt noch gar nicht. Das ist ja so das klassische Bild, dass das Kind in der Schule den Alarm auslöst, um die Klassenarbeit zu schwänzen. Aber das kam jetzt tatsächlich in Konstanz noch nie vor.
Was ist, wenn Sie schon am Telefon die Vermutung haben, es handelt sich um einen Fehlalarm?
Bernd Roth: Wir haben keinen Ermessensspielraum, wir müssen immer ausrücken. Was es aber gibt ist, dass Leute bei der Feuerwehr anrufen, wir hinfahren und der Anrufer sagt dann: ‚Der Rauchmelder piepst seit 18 Uhr – jetzt ist 22 Uhr. Ich will jetzt mal meine Ruhe haben und ins Bett gehen‘. Da sagen wir schon: Das hätte anders laufen müssen. Zum einen wäre die Gefahrenmeldung schon um 18 Uhr gewesen und vier Stunden später anzurufen ist kontraproduktiv. Wir sind für die akute Gefahrenabwehr zuständig und nicht, um den Feuermelder abzustellen.

Waren Sie schon einmal bei einem Fehleinsatz und dann ist woanders wirklich was passiert?
Bernd Roth: Paralleleinsätze gibt es schon, das passiert aber eher selten. Wir sind aber in Konstanz relativ breit aufgestellt, was die Einsatzbereiche eingeht.
Christopher Kutschker: Es kann natürlich sein, wenn wir Kräfte von anderen Löschbereichen zuziehen, dass jemand, der wirklich Hilfe braucht, eventuell etwas länger warten muss, wenn die anderen schon wo anders eingebunden sind. Wir müssen so schnell sein wie möglich. Wenn es sich um einen Fehlalarm handelt, dann entlassen wir die Einsatzkräfte direkt wieder oder ziehen sie ab für einen Paralleleinsatz.
Sind Sie bei einem Fehlalarm eher froh, dass nichts passiert ist oder ärgern Sie sich?
Bernd Roth: Ich bin ja hauptberuflicher Feuerwehrmann, darum gehört es zu meinem Job dazu. Ich werde dafür bezahlt. Es ist natürlich bei einem Fehlalarm für den Betroffenen besser, weil er keinen Schaden hat. Ich glaube, für die Freiwilligen ist es vielleicht ärgerlich, weil man am liebsten zu einem Einsatz kommt, um den Bürgern zu helfen. Aber klar, es ist immer gut, wenn nichts passiert.
Christopher Kutschker: Ein Fehlalarm kostet halt viel Zeit. Wenn man die dann tagsüber bei der Arbeit entbehren muss oder von der Familienfeier aufsteht, ist es natürlich schon ärgerlich, wenn es sich um einen vermeidbaren Fehlalarm handelt.

Was kann jeder tun, um Ihnen die Arbeit zu erleichtern?
Bernd Roth: Uns ist es lieber, wenn wir auch einen Auslösegrund erkennen können – Gerade bei den Brandmeldeanlagen. Wenn man den Grund nicht genau detektieren kann, fährt man mit einem schlechten Gefühl wieder weg. Es gibt natürlich Leute, die sagen: ‚Ne, bei mir war nichts.‘ Denen ist trotzdem das Essen angebrannt und sie haben es schon in den Mülleimer geworfen. Obwohl wir immer sagen: ‚Es kommen keine Kosten auf Sie zu. Wir möchten nur den Grund wissen, dass wir die Gefahr ausschließen können und nicht wiederkommen müssen‘.
Christopher Kutschker: Verheimlichen hilft nicht, das stört uns nur. Leider kommt es wirklich vor, dass die Leute den Topf verstecken oder Ähnliches. Aber uns kostet das nur Zeit, weil wir überlegen, ob zum Beispiel ein Schwelbrand in der Decke steckt. Es würde helfen, gleich zu wissen, was die Ursache war.