In der Chefetage des Rathauses tut man so, als wäre nichts entschieden. Zwar liegt für die Einführung einer Bettensteuer in Konstanz ein klares Votum des zuständigen Ratsausschusses vor, doch wie Pressereferent Walter Rügert auf SÜDKURIER-Anfragen zu dem Themenkomplex mitteilt, handle „es sich dabei um keine finale Entscheidung“.
Diese werde erst in der am Donnerstag, 27. Oktober, um 18 Uhr in den Räumlichkeiten von hedicke‘s Terracotta (Luisenstraße 9) beginnenden Gemeinderatssitzung getroffen.
In der Tat ist ein Abweichen vom üblichen Ablauf der Entscheidungsfindung nicht ausgeschlossen. Zwar orientiert sich das Ratsplenum in aller Regel an den Beschlüssen der Ausschüsse, doch offensichtlich lief in diesem Fall einiges schief.
So wollte sich Oberbürgermeister Uli Burchardt vor der Ausschusssitzung die Argumente von Hoteliers anhören, doch daraus wurde aus terminlichen Gründen nichts. Das Treffen fand erst nach der Ausschusssitzung statt, was von den Hoteliers als Affront gewertet wurde.
Vorgehen führt zu Frust bei den Hoteliers
Bei Reinhard Thiele, der im Rahmen der Debatte für seine Kollegen Daten zur Situation der Hoteliers zusammentrug, ist die Überzeugung gereift, dass Stadtverwaltung und Gemeinderat nach der Devise vorgehen, dass „wir über die Branche reden und entscheiden – aber nicht mit ihr und die daraus entstehenden Probleme interessieren uns auch nicht“. Maßgeblich zum Blutdruck trägt bei, dass die Hoteliers eine Besteuerung prinzipiell nicht ablehnen.

Sie sprechen dabei anstelle der Bettensteuer von einer Citytax. Der Unterschied: Den Hoteliers wäre eine Staffelung zwischen 2,50 bis 3,80 Euro statt des bei der Bettensteuer vorgesehenen festen Satzes von 5,6 Prozent pro Übernachtungspreis lieber, zudem schlagen sie eine Zweckbindung der Taxe vor. So sollte nach Ansicht der Hoteliers sichergestellt sein, dass der Gast die öffentlichen Verkehrsmittel weiterhin kostenlos nutzen kann.
Mindestens ebenso kritisch wird der Zeitpunkt der Abgabe beurteilt. Die Folgen von Corona führten nach Angaben von Reinhard Thiele im Vergleich zur Zeit vor der Pandemie zu einem Rückgang der Übernachtungen um knapp 227.000 (oder 33,2 Prozent).

Zugleich habe man mit einem Anstieg der Energiekosten um bis zu 500 Prozent sowie der Inflation zu kämpfen. Hinzu komme der gestiegene Wettbewerbsdruck durch das ausgeweitete Übernachtungsangebot. Zwischen 2009 und 2021 sei die Anzahl der Hotelbetten von 2049 auf 3856 gestiegen, bis 2023 sollen weitere 616 hinzu kommen.
Diese Fakten und Entwicklungen sollten nach Ansicht der Hoteliers in der von ihnen vorgeschlagenen Citytax berücksichtigt werden. Mittels zweier Beispiele verdeutlichen sie dabei, dass bei einem geringeren Verwaltungsaufwand sogar ein höherer Beitrag für die Stadt abfallen könnte – freilich unter der Voraussetzung, dass wieder das Übernachtungsniveau von 2019 beziehungsweise eine entsprechende Auslastung der ausgeweiteten Bettenzahl erreicht wird.

In den Rechenbeispielen kommen die Hoteliers für diese Fälle auf Beträge zwischen rund 2,4 und 3 Millionen Euro, während bei der jetzt diskutierten Form der Bettensteuer mit einem Betrag von 1,7 Millionen Euro gerechnet wird.
Ob und inwieweit sich die Hoteliers in ihrem nach dem Ausschussbeschluss stattgefundenen Gespräch bei OB Burchardt Gehör verschaffen konnten, ist unklar. In einer vom SÜDKURIER angeforderten Stellungnahme heißt es lediglich, dass dem OB „selbstverständlich die wirtschaftliche Situation der Hoteliers wie aller Wirtschaftsbetriebe in Konstanz wichtig“ sei.
Was die Zweckbindung der Abgabe anbelangt, so liege diese bei einer Steuer zwar prinzipiell nicht vor. „Es ist jedoch politisch und faktisch unstrittig, das die Stadt insgesamt weit mehr als das Kurtaxe-Aufkommen beziehungsweise Übernachtungssteueraufkommen für die touristische Infrastruktur ausgibt“, so heißt es in der Antwort der Stadtverwaltung.
„Stadt konterkariert ihre eigene Arbeit“
Bei den Hoteliers kommen diese Botschaften nicht wirklich beruhigend an. Am Montag bezogen einige von ihnen aus Anlass der Fraktionssitzungen nochmals plakativ Stellung.

Bettina Blessing vom Hotel 47 Grad warnt vor der Bettensteuer, weil „in Deutschland alle mit den vielen Krisen zu kämpfen haben, darunter mit den exorbitant gestiegenen Energiekosten, die wir nicht eins zu eins an die Gäste weiterreichen können. Und darauf kommt jetzt noch das Malheur Bettensteuer? Das hat eine Abwanderung von Touristen zur Folge.“
Gabriela Ganter vom Hotel Mohren und Hotel 47 Grad ist überzeugt, dass „die Stadt an dem Ast sägt, auf dem sie sitzt. Wenn die Bettensteuer eingeführt wird, dann sind wir nicht mehr konkurrenzfähig“. Auch Tagungsgäste beispielsweise würden mitbesteuert. „Dann wird das Bodenseeforum nicht mehr ausreichend genutzt und die Gäste für Einzelhandel, Gastronomie und Reiseveranstalter werden fehlen.“ Stadtverwaltung und Gemeinderat konterkarierten somit ihre eigene Arbeit.
