Als der Familienrat von Werner Schlotter vor 20 Jahren beschloss, einen nicht mehr funktionierenden Fön wegzuwerfen, regte sich bei ihm Widerstand. Schon in seinem Technikstudium hat er sich mit dem Thema „geplanter Verschleiß“ beschäftigt. Die Firmen wollen möglichst viele Produkte verkaufen, also dürfen die auch nicht zu lange halten. Schon in den 1920er-Jahren, so der Konstanzer Künstler, habe sich ein Glühlampenkartell zusammengetan und bewusst die Glühdauer seiner Produkte verkürzt.
„Der Fön hatte nur eine Schraube am Gehäuse, die man zwar zu-, aber nicht mehr aufdrehen konnte.“ Mit einem extra gekauften Hartmetallbohrer, der mehr kostete als der Fön wert war, danach jedoch noch lange gute Dienste leistete, brachte er diese Schraube schließlich auf. Dahinter hatte sich eine Steckverbindung gelöst, die man nur wieder zusammenfügen musste. „Der Fön läuft heute noch einwandfrei!“
Schlotter blieb an dem Problem dran, weil er selbst schon in der Holzwerkstatt seines Vaters handwerkliche Erfahrungen machen durfte und sich eine Lehre als Elektromechaniker angeschlossen hatte – Zugänge, die heutigen Stadtbewohnern oft fehlen, weshalb sie hilflos vor technischen Problemen stehen. Er dagegen mache in seiner handwerklich geprägten Bildenden Kunst alles selbst.
„Man muss sich nur trauen, mal was aufzuschrauben“
Elektrogeräte nicht einfach wegwerfen, wenn sie nicht mehr funktionieren, schauen, ob man sie reparieren kann, Schrott vermeiden, sich gegenseitig (weiter)helfen, all das würden die drei Initiatoren von „Brauchbarschaft“ – Wolfgang Läuger, Werner Schlotter und Manfred Winter – in Konstanz gerne fördern. Vorbild dafür sind die Repair-Läden oder -Cafés, die es in Dingelsdorf und im Quartierszentrum Berchen-Öhmdwiesen schon gibt. Dort kann man an einigen Samstagnachmittagen im Jahr Gebrauchsgegenstände richten lassen.
„Wir dachten, diese gute Idee könnte man doch auf ganz Konstanz ausdehnen.“ Winter hat dafür vor dem Bürgerrat der Stadt eine zehnminütige Präsentation gehalten, in der er unter anderem darlegte, wie er ganz einfach eine Kochplatte repariert. „Man muss sich nur trauen, mal was aufzuschrauben.“ So kamen sie 2021 in den Genuss einer Förderung aus dem Bürgerbudget über 9000 Euro. Winter war Sozialpädagoge im Awo-Treffpunkt Chérisy, ist jetzt im Ruhestand, hat aber schon immer gerne mit Holz und Elektroteilen hantiert.
Nun möchten die drei Hilfe zur Selbsthilfe anbieten. „Und nicht einfach nur eine kostenlose Reparatur. Am besten lassen sich die Leute, die kommen, von Experten zeigen, wie man das Gerät selbst wieder instand setzt“, sagt Läuger, der sich selbst als Aktivist für Nachhaltigkeit bezeichnet. So ist er beteiligt am Verein Solidarische Landwirtschaft und überall dort unterwegs, wo es um Gemeinwohlökonomie geht: „Es geht um Sachen, die Geld wert sind, aber den Beteiligten geht es nicht mehr ums Geld.“ Sondern um die Sache.
Initiative will Reparaturnachmittage anbieten
Als Ton-Ingenieur hat er viele Jahre in der Amsterdamer Oper gearbeitet, inzwischen ist er ins elterliche Haus in die Niederburg zurückgekehrt. Für „Brauchbarschaft“ entwirft er gerade eine Homepage, auf der es auch einmal eine Plattform geben soll, wo man sich Hilfe fürs Reparieren suchen kann. „Wir würden gerne in verschiedenen Stadteilen immer wieder solche Reparaturnachmittage anbieten.“ Dann hätten die Konstanzer kurze Wege.
Man suche auch schon Kooperationen, zum Beispiel mit dem Leihladen im Treffpunkt Petershausen, der Fairkauf-Warenbörse und dem Kulturkiosk Schranke. Sich vernetzen, sich ergänzen, alles mit dem einen Ziel: Unnötige Schrotthaufen verhindern. Darum gehe es. Unserer Wegwerfgesellschaft etwas entgegenzusetzen, indem man die alten Dinge wieder wertschätze. Läuger hat zum Beispiel seine Fahrradsatteltasche wieder funktionstüchtig gemacht, indem er den gerissenen Haltegriff mit einem Lederstück verstärkte. Hält prima.
„Außerdem wollen wir auch Experten vermitteln, wenn wir bei der Reparatur nicht weiterhelfen können.“ Und Beratung soll es ebenfalls geben: Welches neue Gerät wäre sinnvoll, wenn mein altes wirklich endgültig den Geist aufgegeben hat? Ein umfassendes Konzept also, das sich in viele Richtungen ausdifferenzieren kann.
Aber dafür braucht es nun Mitstreiter, die Zeit und Erfahrungen mit dem Reparieren von Gegenständen des täglichen Bedarfs haben. Deshalb sind Informationsveranstaltungen für Interessierte geplant. Und auch dort wird man sich sicher Geschichten zu erzählen haben, wie man so manches Gerät wieder zum Laufen brachte. So wie die von Werner Schlotter und seinem Fön.