Stolz legt Elke Großkreutz einen dicken Stapel gebundenen Papiers auf den Tisch. „Es ist eine kleine Masterarbeit geworden“, sagt die Leiterin der Gemeinschaftsschule Gebhard und lacht. Doch ganz Unrecht hat sie nicht: Knapp zwei Jahre lang hat sie mit ihrer Stellvertreterin Charlotte Dreßen und drei Kollegen ein Konzept für die zweite Konstanzer Gemeinschaftsschule entworfen. Wie diese Schule heißen wird, wer sie leitet und wer dort unterrichtet, steht zwar noch nicht fest. Doch so viel ist laut Dreßen klar: „Das Konzept ist gut. Jetzt muss es nur noch mit Leben gefüllt werden.“

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Die zweite Gemeinschaftsschule zieht ins Schulgebäude am Zähringerplatz ein und soll die übervolle Gebhardschule entlasten. Die neue Einrichtung teilt sich vorübergehend den Platz mit der Grundschule Petershausen, einzelnen Lerngruppen der Gebhardschule und der auslaufenden Theodor-Heuss-Realschule. „Der Standort am Zähringerplatz wird sichtbar verändert“, sagt Frank Schädler, Leiter des Konstanzer Amts für Bildung und Sport. Derzeit würden Raumkonzepte erarbeitet.

Frank Schädler, Leiter des Konstanzer Amts für Bildung und Sport, im Februar 2022.
Frank Schädler, Leiter des Konstanzer Amts für Bildung und Sport, im Februar 2022. | Bild: Kirsten Astor

Großkreutz schwärmt: „Das ist ein wunderschönes Schulgebäude, das viele Optionen bietet.“ Und so hat sie mit ihrer Projektgruppe – in Abstimmung mit dem Kultusministerium, dem Staatlichen Schulamt Konstanz, dem Amt für Bildung und Sport sowie Oberbürgermeister Uli Burchardt – einige Ideen für die neue Gemeinschaftsschule entwickelt.

Zentrale Gedanken sind „Schule mitgestalten“ durch Beteiligung der Schüler an politischen Gremien und Prozessen sowie eine verstärkte berufliche Orientierung. Die Schüler erhalten Einblicke in Handwerk, Technik, Handel, Tourismus, Gastronomie und soziale Berufe. „Genau das wird in Konstanz gelebt und das sind alles zukunftsträchtige Berufe“, begründet Großkreutz.

„Ich bin nicht missionarisch“, betont Elke Großkreutz im Interview über das Konzept der Gemeinschaftsschule. Wer wann was ...
„Ich bin nicht missionarisch“, betont Elke Großkreutz im Interview über das Konzept der Gemeinschaftsschule. Wer wann was lernt, ist individuell. Den Überblick über die Stundenpläne behält Elke Großkreutz über die Schiebewand in ihrem Büro. | Bild: SK-Archiv | Pfanner, Sandra

Ermöglicht werden Erfahrungen durch den Profilierungsschwerpunkt der neuen Gemeinschaftsschule, der unter dem Begriff „Werkstatt/Atelier“ läuft. Damit ist nicht gemeint, dass handwerkliche Räume eingerichtet werden. „Wir verstehen Werkstatt als Prozess, in dem man Themen ausprobieren kann und vom theoretischen Wissen zum praktischen Handeln kommt“, erklärt Großkreutz. Die Themenschwerpunkte können entweder im Klassen- oder Fachraum oder außerhalb der Schule behandelt werden.

„Wir werden unser Unterrichtsmaterial und unser Wissen teilen“

„Wir als Gebhardschule haben so viele Betriebe, Vereine und Institutionen als Bildungspartner, davon kann die neue Schule profitieren“, sagt sie. Denn Konkurrenten wollen die beiden Gemeinschaftsschulen nicht werden, im Gegenteil: „Wir verfolgen den Grundgedanken der Family of Schools (Schulfamilie), bei dem alle Bildungsakteure beider Schulen zusammenarbeiten“, erläutert sie.

Die beiden Schulleitungen sollen institutionalisiert und nicht nur punktuell kooperieren. „Wir werden auch unser Unterrichtsmaterial und unser Wissen teilen“, verspricht sie. „Es ist mir wichtig, dass die neue Schule sich gut entwickelt.“

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Geteilt wird auch die allgemeine Philosophie von Gemeinschaftsschulen: längeres gemeinsames Lernen, individuelles Coaching, Arbeiten auf drei Niveaustufen, Leistungsorientierung. Dennoch werden Unterschiede zwischen den Gemeinschaftsschulen deutlich: Die Gebhardschule ist groß, derzeit hat sie sieben Züge (Parallelklassen) an zwei Standorten. Sie bietet alle Abschlüsse bis zum Abitur an, das neue Oberstufenzentrum geht bald an den Start.

Unterricht für die Stufen 5 bis 10 in der neuen Gemeinschaftsschule

Die neue Gemeinschaftsschule dagegen soll nur zwei bis drei Züge haben und die Stufen 5 bis 10 anbieten. Eine eigene Oberstufe wird es nicht geben. „Schüler mit den nötigen Zugangsvoraussetzungen können nach Klasse 10 zu uns oder an ein berufliches Gymnasium wechseln“, sagt Dreßen.

Im Zuge der Konzeptarbeit hat auch die Gebhardschule sich weiterentwickelt und neue Profilierungsschwerpunkte für die Jahrgänge 5 bis 7 erarbeitet – im Gegensatz zur neuen Schule sind diese aber keine Pflicht, sondern mit zwei Wochenstunden zusätzlich freiwillig wählbar.

Beide Gemeinschaftsschulen im Überblick

Literatur lesen, Konzepte entwerfen und wieder zerreißen, Präsentationen vor Ministerien und Eltern halten: Hinter dem Projektteam liegt ein hartes Stück Arbeit. „Dabei sind viele Ferien draufgegangen“, sagt Großkreutz. Dreßen ergänzt: „Aus der aktuellen Bildungswissenschaft heraus ein zeitgemäßes Konzept zu entwickeln – mit Blick darauf, was die Kommune braucht und was der Standort hergibt – war einfach geil!“

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