Wohnraum ist knapp, aber nach Ansicht von Simon Pschorr muss deswegen nicht um jeden Preis gebaut werden. Der Stadtrat der Linken Liste Konstanz (LLK) nahm einen Bauantrag für ein Mehrfamilienhaus sowie die Aufstockung eines Bestandsgebäudes an der Jahnstraße/Ecke Steinstraße zum Anlass einer Grundsatzdebatte im Gemeinderat. Er schlug vor, die vom Gemeinderat generell festgelegte 30-Prozent-Quote für den Anteil des geförderten Wohnungsbaus in diesem Fall deutlich zu erhöhen.

Antrag knapp angelehnt

Zunächst plädierte Simon Pschorr für eine Anhebung auf 80 Prozent, reduzierte im Laufe der Diskussion dann seine Forderung aber auf 50 Prozent. Damit hätte er sich fast durchgesetzt. Bei der Abstimmung folgten 17 Stadträte seinem Vorschlag, 17 lehnten ihn ab – und bei Gleichstand gilt ein Antrag damit als abgelehnt. Danach war über die Vorlage der Stadtverwaltung mit einer 30-Prozent-Quote für den geförderten Wohnungsbau zu entscheiden, wofür es eine Mehrheit von 18 zu 14 Stimmen bei zwei Enthaltungen gab.

„Dieses Quartier in Konstanz muss proletarisch bleiben.“ Simon Pschorr, Stadtrat der Linken Liste Konstanz.
„Dieses Quartier in Konstanz muss proletarisch bleiben.“ Simon Pschorr, Stadtrat der Linken Liste Konstanz. | Bild: Daniel Schroeder

Bei seinem Vorstoß für die Debatte nutzte Simon Pschorr zwei Argumente. Das Quartier im Umfeld des Zähringerplatzes gehöre zu den Stadtgebieten mit hohem Anteil bezahlbaren Mietraums und sei historisch proletarisch geprägt, was es zu erhalten gelte. Zweitens befürchtet er bei einer 30-Prozent-Quote für den geförderten Wohnungsbau faktisch eine Verringerung günstigen Wohnraums, was den Intentionen der Stadt widerspreche. Als Effekt befürchtet er einen Beitrag der Stadt zur weiteren Preisexplosion auf dem Mietwohnungsmarkt.

Dieser grundsätzlichen Sichtweise schlossen sich etliche Stadträte an, die deshalb zu einer Abweichung von der generell festgelegten Linie der Stadt in der Wohnbaupolitik tendierten. Peter Müller-Neff von der Freien Grünen Liste (FGL) schlug deshalb die Rückverweisung in den zuständigen Fachausschuss vor, der sich allerdings zuvor einstimmig für die Vorgehensweise der Stadtverwaltung ausgesprochen hatte.

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Seine Fraktionskollegin Gisela Kusche wies ebenfalls auf den Sonderfall des Quartiers hin, in dem die auf 30 Prozent festgelegte Quote des geförderten Wohnungsbaus faktisch unter dem bestehenden Anteil an günstigem Wohnraum im Quartier liege. Beide Stadträte plädierten deshalb für die Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit, was eine Abweichung von der allgemeinen Vorgabe rechtfertige.

„Eine Sonderregelung führt im Ergebnis dazu, dass nicht gebaut wird.“ Roger Tscheulin, CDU-Stadtrat.
„Eine Sonderregelung führt im Ergebnis dazu, dass nicht gebaut wird.“ Roger Tscheulin, CDU-Stadtrat. | Bild: Scherrer, Aurelia

Für andere Mitglieder des Gemeinderats stellte sich dagegen die Frage, was die Folgen eines solchen Sonderwegs für das Quartier wären. „Im Ergebnis führt das dazu, dass nicht gebaut wird“, befürchtet Roger Tscheulin. Die Stadt werde nach Einschätzung des CDU-Fraktionssprechers dadurch bei potenziellen Investoren zudem unglaubwürdig.

Jan Welsch von der SPD hält ebenfalls nichts von einer Abweichung von den vom Gemeinderat selbst bestimmten Regeln. Sollten sich diese nicht für die politischen Zielsetzungen eignen, dann müssten die Regeln generell verändert werden. Er stimmt diesbezüglich mit seinem Kollegen von der CDU überein, dass eine Anpassung nach den jeweiligen Quartieren oder etwa aufgrund von Bewertungen der Investoren den Charakter von Willkür hätten.

„Man kann immer über alles diskutieren, aber die Stadt muss auch ihre Autorität behalten.“ Oberbürgermeister Uli Burchardt.
„Man kann immer über alles diskutieren, aber die Stadt muss auch ihre Autorität behalten.“ Oberbürgermeister Uli Burchardt. | Bild: Oliver Hanser

Oberbürgermeister Uli Burchardt will sich einer Diskussion über die Grundsätze des geförderten Wohnungsbaus nicht versperren. Allerdings machte er zugleich deutlich, dass er wenig von einer ständigen Neuauflage der Wohnbaurichtlinien hält. „Man kann immer über alles diskutieren“, sagte er, „aber die Stadt muss auch ihre Autorität behalten.“

Wobak: Zahl der Härtefälle sinkt

Im Übrigen hält er die Befürchtungen von Simon Pschorr, wonach die Stadt beim vorliegenden Bauantrag durch die 30-Prozent-Quote beim geförderten Wohnungsbau zur Mietpreisexplosion beitrage, für Spekulation.

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Im Gegenteil sieht er aufgrund von Daten der städtischen Wohnbaugesellschaft Wobak erste Anzeichen für eine Entspannung auf dem Mietwohnungsmarkt. Demnach ist die Anzahl der Härtefall-Anträge in den vergangenen zwei Jahren signifikant zurückgegangen.