Kirsten Plischke und Dirk Volk können auch einige Tage nach dem Vorfall in einem Bus der Konstanzer Stadtwerke nicht fassen, was ihnen passiert ist. Der SÜDKURIER trifft das Paar am frühen Dienstagnachmittag im Konstanzer Industriegebiet. Das Erlebte hat Kirsten Plischke da bereits aus ihrer Sicht auf dem sozialen Netzwerk Facebook geschildert.
Auf die Veröffentlichung ihrer Geschichte folgte eine Flut an Kommentaren. Die insgesamt 149 Reaktionen auf ihren Beitrag (Stand 7. September) fallen unterschiedlich aus: Während viele Kirsten Plischkes Empörung über das Verhalten eines Konstanzer Busfahrers ihr gegenüber teilen, stellen sich andere auf die Seite der Stadtwerke und damit hinter den Busfahrer.
Was ist passiert? Die Version von Kirsten Plischke
Wie Kirsten Plischke auch beim Treffen mit dem SÜDKURIER nochmals bestätigt, ereignete sich am vergangenen Samstagnachmittag laut ihr Folgendes: Sie und ihr Freund Dirk Volk stiegen bei der Haltestelle Bodan in einen Bus der Linie 2 Richtung Konstanzer Innenstadt ein.

Dirk Volk hatte sein Fahrrad dabei und befestigte es an der entsprechenden Vorrichtung im Bus. Ihnen sei beiden bewusst, dass Kinderwagen, Personen im Rollstuhl oder mit einem Rollator Vorrang hätten, und man mit einem Fahrrad gegebenenfalls aussteigen müsse, um anderen Platz zu machen, betont Kirsten Plischke gegenüber dem SÜDKURIER.
Aber der Bus sei halb leer gewesen, ohne Rollator, Rollstuhl oder Kinderwagen an Bord. Nach zwei Haltestellen habe sie der Fahrer dennoch aufgefordert, den Bus zu verlassen, so Kirsten Plischke. Weil bald Rollstuhlfahrer oder Kinderwagen einsteigen könnten, so die Begründung des Fahrers. Auf ihren Vorschlag hin, er solle doch weiterfahren und sie würden aussteigen, wenn es notwendig werde, sei der Fahrer nicht eingegangen.
Im Gegenteil: Da Kirsten Plischke und Dirk Volk an der Haltestelle Heroséstraße nicht aussteigen wollten, sei der Fahrer nicht weitergefahren, sondern habe die Polizei gerufen und einen Ersatzbus angefordert. Die Polizei sei gekommen, habe ihre Personalien aufgenommen und auf das Hausrecht des Busfahrers verwiesen. Ein Mitarbeiter der Stadtwerke habe ihnen außerdem gesagt, sie müssten für die Kosten des Ersatzbusses aufkommen.
Die Stadtwerke haben eine etwas andere Version
Soweit Kirsten Plischkes Schilderung der Ereignisse. Diese habe sie auch den Stadtwerken gleichentags per E-Mail mitgeteilt, wie sie dem SÜDKURIER versichert. Zwischenzeitlich habe sie auch eine Antwort erhalten, am Montagnachmittag. Die Stadtwerke hätten sich entschuldigt und geschrieben, dass sie den Vorfall intern abklären würden. Die Kosten für den Ersatzbus müssten sie und Dirk Volk selbstverständlich nicht tragen. Ähnlich lautet ein auf Facebook unter Kristen Plischkes Beitrag veröffentlichter Kommentar der Stadtwerke, in dem sich diese „für die schlechte Erfahrung“ entschuldigen.
Doch als der SÜDKURIER bei den Stadtwerken nachfragt, schildern sie den Vorfall im Stadtbus etwas anders als Kirsten Plischke und Dirk Volk. „Während des Zustiegs fiel unserem Fahrer bereits auf, dass der Fahrgast mit Fahrrad Mühen hatte“, erklärt Stadtwerke-Pressesprecher Christopher Pape schriftlich. Während der Fahrt habe der Mitarbeiter dann den Fahrgast angesprochen, weil weder er noch sein Rad – trotz Befestigung – einen gesicherten Stand gehabt hätten.

Pape bestätigt Kirsten Plischkes Schilderung zumindest in dem Punkt, dass der Fahrer „aus seiner Erfahrung heraus“ darauf hingewiesen habe, dass an den nächsten Haltestellen vermehrt Personen mit Rollatoren zustiegen. „Der entscheidende Faktor war jedoch die fortgesetzte Unsicherheit des Standes von Fahrgast und Fahrrad“, betont der Stadtwerke-Pressesprecher. Doch das sei „in der Tat unglücklich kommuniziert worden“.
„Diese Äußerung vor Ort wurde aus einer Emotion heraus getätigt“
Dass der Busfahrer Dirk Volk zum Ausstieg des Busses aufforderte, war nach den Ausführungen Papes berechtigt. Denn der Pressesprecher schreibt weiter: „Dies ist begründet in der Verantwortung des Busfahrers, die Betriebssicherheit zu gewährleisten. Diese war in seinen Augen zum fraglichen Zeitpunkt nicht gegeben. (...) Die Beobachtungen beim Zustieg und der Beförderung bis zur Haltestelle Heroséstraße ließen ihn zu diesem Schluss kommen.“ Der Busfahrer habe „korrekterweise in eigenem Ermessen gehandelt.“
Da Dirk Volk der Aufforderung nicht nachkam, habe der Busfahrer die Polizei gerufen. „Er hat damit das Hausrecht ausgeübt. Um einen schnellen Weitertransport der übrigen Fahrgäste zu gewährleisten, wurde ein Ersatzbus organisiert.“ Pape bestätigt zwar, dass Kirsten Plischke und Dirk Volk vor Ort mitgeteilt wurde, sie müssten die Kosten für den Ersatzbus übernehmen, fügt aber an: „Diese Äußerung vor Ort wurde aus einer Emotion heraus getätigt. Frau Plischke und ihrem Begleiter werden aber selbstverständlich keine Kosten für einen Ersatzbus in Rechnung gestellt.“
Der Stadtwerke-Pressesprecher betont weiter, dass der von Kirsten Plischke geschilderte Vorfall mit dem betreffenden Busfahrer aufgearbeitet werde. Und mit Kirsten Plischke selbst seien sie bereits in Verbindung getreten. „Uns ist selbstverständlich an einem guten Miteinander und einem konstruktiven Dialog gelegen, den wir mit ihr geführt hatten.“