Die neue Verordnung vom Land sei am frühen Morgen eingetroffen, sagt Robert Grammelspacher, Geschäftsführer der Bädergesellschaft Konstanz (BGK). „Wir hatten auf eine Lockerung gehofft – stattdessen ist das Badeverbot auch noch verlängert worden. Bis 15. Juni.“ Er seufzt. Der Bäderchef steht am Eingang des Strandbads Hörnle neben dem „Baden verboten“-Schild, die Verordnung unter den Arm geklemmt.

Bild 1: Konstanzer Strandbäder bleiben offen: Bädergesellschaft setzt auf Einsicht und Kontrolle
Bild: Eva Marie Stegmann

Die Sonne scheint, es ist früher Mittwochnachmittag. Das Wasser habe, informiert er, 17 Grad. Er deutet hinab auf den Bodensee, auf die Fläche, die zum Bad gehört.

Die Probe aufs Exempel

„Ich will Ihnen zeigen, dass die Konstanzer größtenteils vernünftig sind“, sagt er, „machen wir die Probe aufs Exempel.“ Werden in der nächsten Stunde bei schönem Sonnenschein Menschen gegen das Badeverbot verstoßen? Wenn, dann wenige, ist Grammelspacher sicher. „Unsere Gäste sind sehr vernünftig“, sagt er und läuft los, Richtung Ufer. „Das waren sie auch in den letzten Wochen, sei es, was das Abstand einhalten angeht – oder das Baden.“

Bild 2: Konstanzer Strandbäder bleiben offen: Bädergesellschaft setzt auf Einsicht und Kontrolle
Bild: Eva Marie Stegmann

Vertrauen ist gut, mit Kontrolle noch besser

Trotzdem soll es ab sofort punktuelle Kontrollen geben, wegen einzelner Verstöße. Durchgeführt werden die von Mitarbeitern der BGK mit gelegentlicher Unterstützung von Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst. So wurde es am Abend zuvor mit der Stadt Konstanz abgemacht. Die Frage, ob die Strandbäder geschlossen werden, habe eigentlich nie wirklich zur Debatte gestanden, betont der BGK-Geschäftsführer. „Keiner von uns will die Bäder schließen.“

Eher eine Aufklärungskampagne

Dass sich die Gäste wohlfühlen, freundlich angesprochen werden, ist Robert Grammelspacher wichtig. „Die Absicht ist Einsicht, nicht Strafe.“ Er betrachtet die Kontrollen eher als Aufklärungskampagne. Die wird an diesem Tag ein wenig dadurch erschwert, dass Vandalen alle „Baden verboten“-Schilder am Ufer entfernt haben. Bis Freitag sollen sie aber wieder stehen. „Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg durfte man in Konstanz so lange nicht baden“, sagt der Bäderchef. Doch die Vorgaben des Landes seien eindeutig.

Das Strandbad Hörnle. Der Kiosk hat offen, die Liegewiese lädt zum Sonnen ein. Nur gebadet werden darf nicht. So will es das Land ...
Das Strandbad Hörnle. Der Kiosk hat offen, die Liegewiese lädt zum Sonnen ein. Nur gebadet werden darf nicht. So will es das Land Baden-Württemberg. | Bild: Eva Marie Stegmann

Am Ufer liegt jetzt eine Frau im Bikini. Sie geht in den See, taucht einmal unter und legt sich zurück an ihren Platz. Es sind einige Gäste im Hörnle, vielleicht 300, trotzdem ist keiner im Wasser. Grammelspacher nickt zufrieden.

Neue Gefahren durch Badeverbot

Kann er verstehen, dass das Land das Badeverbot beibehält? „Nicht so richtig“, sagt er. Gerade im Wasser würden sich die Leute doch gut verteilen. 83.000 Quadratmeter Badezone sind es laut der Stadtwerke Konstanz. Zudem entstünden so Gefahren: „Manche gehen eventuell einige Hundert Meter weiter entfernt abseits der ausgewiesenen Zonen schwimmen – und bringen sich so unter Umständen in Gefahr an Stellen, an denen sie den Untergrund nicht kennen.“ Das Problem ist, dass auch die Rettungsschwimmer der DLRG nicht am Hörnle und in den anderen Strandbädern in Konstanz Wachdienst schieben dürfen. „Es wurde vom Innenministerium untersagt“, sagt Grammelspacher. Ein bitteres Dilemma.

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Kurzes Gespräch mit Gästen

Umso wichtiger sei es nun, dass alle weiterhin vernünftig blieben – und auch die Abstandsregeln einhielten. „Da vorne“, sagt der Geschäftsführer und deutet auf eine Gruppe von Fußballspielern: „Sie spielen, mit Abstand, gut.“ Auf der nächsten Wiese liegen mehrere Personen beieinander. Grammelspacher geht hin und stellt sich freundlich vor.

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„Darf ich fragen, in welcher Konstellation sie hier sind?“ Die Konstanzerin Claudia Brütsch antwortet: „Das ist mein Mann – und das meine Freundin.“ Zwei Familien, das ist erlaubt. Auch die nächste Gruppe, die er anspricht, ist miteinander verwandt. Was keiner von den Gästen verstehen kann: Das Badeverbot. „Man müsste sich doch klar positionieren, klar sagen, dass wir das hier unvernünftig finden!“, fordert eine Frau. Das hat Grammelspacher längst getan. Er habe, sagt er, einen Brief an das Staatsministerium geschrieben und auf die besondere Situation in Konstanz mit der großen Badefläche aufmerksam gemacht. Zehn Tage sei das her, auf die Antwort wartet er noch.

Mit den Waden im Wasser: Ist das schon Baden?

Die Gespräche mit den Gästen laufen gut, als einer Richtung See zeigt. Zwei Menschen sind bis zu den Waden im Wasser. „Dürfen die das?“, fragt er. Der BGK-Chef sagt: „Hm, das ist Wassertreten.“

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Im nächsten Moment läuft der Mann vorbei, der ab Freitag mit weiteren BGK-Mitarbeitern über Badeverbot und Abstand wachen soll: Jan Blessing, Teamleiter des Strandbads. Was wird er tun, wenn jemand badet? Er sagt: „Ihm freundlich den Ausgang zeigen.“ Man wolle das im Rahmen der Haus- und Badeordnung strikt durchsetzen. Strafen könne man nicht wie die Polizei verteilen. Aber Hausverbote aussprechen.

Jan Blessing, Teamleiter Hörnle.
Jan Blessing, Teamleiter Hörnle. | Bild: Eva Marie Stegmann

„Soweit wollen wir es ungern kommen lassen“, insistiert Geschäftsführer Grammelspacher, „es geht um Verständnis und Dialog. Ich kann nur an die Konstanzer appellieren, vernünftig und geduldig zu bleiben.“