Dekan Michael Teipel, der in Zukunft die neue Pfarrei Heilige Dreifaltigkeit Konstanz leiten wird, stellt die Dimension symbolisch dar: „Eine Umstrukturierung in der katholischen Kirche in diesem Ausmaß hat es zuletzt vor 200 Jahren gegeben.“

Worum geht es genau? Die katholische Kirche wird neu geordnet, der Prozess dazu läuft bereits seit Jahren. Nun ist es seit dem vergangenen Wochenende beschlossene Sache: Aus den aktuell 1056 Pfarreien im Bereich der Erzdiözese Freiburg werden 36 neue Pfarreien gebildet, jeweils mit umfassender Reichweite.

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Auch in Konstanz wird die Veränderung deutlich spürbar sein: Die neue Pfarrei Heilige Dreifaltigkeit umfasst in Zukunft alle katholischen Seelsorgeeinheiten auf dem Konstanzer Stadtgebiet sowie jene in Allensbach und Reichenau, das sind 15 ehemalige Pfarreien. Leiter der Pfarrei ist Dekan Michael Teipel. „Ich leite dieses Gebilde, aber die Pfarrer, die in der Pfarrei tätig sind, sind weiter beim Erzbistum Freiburg angestellt“, sagt Teipel.

Welche Veränderungen kommen auf die Priester zu?

Die wesentliche Veränderung betrifft die Aufgaben der in einer Pfarrei tätigen Pfarrer. Waren sie zuvor einer Seelsorgeeinheit zugeordnet und für sie verantwortlich, so entfällt künftig diese klare Zuordnung. Der Pfarrer muss in Zukunft auch keine Verwaltungs- und Budgetverantwortung mehr übernehmen, abgesehen vom Leiter der Pfarrei. Dadurch können die einzelnen Pfarrer sich wieder stärker auf die Seelsorge konzentrieren.

Die Pfarrer werden voraussichtlich nicht mehr so eng mit ihrer bisherigen Seelsorgeeinheit verbunden sein wie bisher. Es sei aber wahrscheinlich, dass jeder Priester weiter in seiner gewohnten Kirche in der Nähe seines Wohnortes eingesetzt werde, sagt Teipel. „Bisher haben wir fast ausschließlich lokal gearbeitet.“ Die seelsorgerische und organisatorische Arbeit soll künftig stärker thematisch geordnet werden.

Dekan Michael Teipel erklärt: „Eine Umstrukturierung in der katholischen Kirche in diesem Ausmaß hat es zuletzt vor 200 Jahren ...
Dekan Michael Teipel erklärt: „Eine Umstrukturierung in der katholischen Kirche in diesem Ausmaß hat es zuletzt vor 200 Jahren gegeben.“ | Bild: Hanser, Oliver

So gibt es zum Beispiel eine Arbeitsgruppe Kinder und Familie, an der ein Priester, möglicherweise ein Pastoralreferent, ein Diakon und ehrenamtliche Kräfte teilnehmen. „Meine Idee ist, dass es einen verlässlichen Ort geben soll, an dem diese Gruppe angesiedelt ist, eine Kirche in der Pfarrei also, in der regelmäßig Kindergottesdienste stattfinden“, erläutert Teipel. „Was nicht bedeutet, dass nicht auch die anderen Kirchen gelegentlich Kinder- und Jugendgottesdienste anbieten.“

Auch das Ehrenamt wird sich in der neuen Struktur verändern. So werden die Pfarrgemeinderäte nicht mehr benötigt. Stattdessen wird es einen Pfarrei-Rat geben, der zentrale Dinge mitentscheidet, unter anderem auch über das Budget oder die Gottesdienstordnung. An allen Kirchen sollen Gemeindeteams gebildet werden, die in die Planung der anstehenden Aufgaben eingebunden werden.

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Für Dekan Teipel bietet sich mit dem anstehenden Umbauprozess auch eine große Chance: „Wir können Kirche noch einmal neu denken.“ Zudem habe jede Pfarrei an der Basis die Möglichkeit, ihre Erfahrungen an die Diözese zurückzumelden.

Pfarrer Thomas Mitzkus wechselt nach Villingen

Für die bisherige Pfarrei Petershausen geht mit der Umstrukturierung eine weitere Veränderung einher: Pfarrer Thomas Mitzkus wird zum Januar 2026 als leitender Pfarrer in die künftige Pfarrei Villingen wechseln. Das war nicht alleine Mitzkus‘ Entscheidung, sondern eher der Wunsch der Diözese. „Wenn ich es für mich entschieden hätte, hätte ich am liebsten als mitarbeitender Pfarrer unter Dekan Michael Teipel in Konstanz weiter gearbeitet“, sagt Mitzkus auf Nachfrage des SÜDKURIER.

Pfarrer Thomas Mitzkus folgt dem Wunsch der Diözese und verlässt Konstanz. Er verrät, dass er gerne in Konstanz weitergearbeitet hätte.
Pfarrer Thomas Mitzkus folgt dem Wunsch der Diözese und verlässt Konstanz. Er verrät, dass er gerne in Konstanz weitergearbeitet hätte. | Bild: Hans-Jürgen Mrotzek

Auf Thomas Mitzkus wartet ab 2026 eine Pfarrei mit 48.000 Katholiken, die sich auf ein großes flächiges Gebiet verteilen. „Das ist eine große Aufgabe“, räumt er ein. So sehr er auf die Aufgabe gespannt ist, so sehr bedauert er den baldigen Weggang aus Konstanz persönlich.

„Hier betreue ich zwei gute gewachsene Pfarreien, Petershausen und seit einem Jahr auch Allmannsdorf“, sagt er. Durch die Corona-Jahre fühle er sich in manchen Dingen noch neu und hätte gerne noch mehr Zeit gehabt, sich mit den Menschen in diesen Stadtteilen zu befassen. „Es sind interessante Stadtteile und es gibt hier viel zu tun.“

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Mitzkus begibt sich auch deshalb in die neue Aufgabe, weil er sein berufliches Wirken in den Dienst der Kirche gestellt hat – und es deshalb der Erzdiözese überlassen wollte, die letztliche Entscheidung zu treffen. Unkritisch steht er dem Prozess aber nicht gegenüber.

„Es taucht die Sorge auf, die aus Sicht der Gläubigen lautet: ‚Es kümmert sich niemand mehr um uns.‘ Dass diese Vertrautheit in Zukunft nicht mehr da ist.“ Mitzkus teilt diese Sorge ein Stück weit, da die Größe der künftigen Pfarreien nun in dieser Dimension festgelegt wurde. Dennoch: Die ländlichen Gemeinden arbeiteten schon länger in diesen Größenverhältnissen, insofern sei er optimistisch, dass es möglich ist, Kirchengemeinden neu zu organisieren.

Marcus Maria Gut verlässt Wollmatingen-Allensbach

Ähnlich wie Mitzkus geht es Marcus Maria Gut, der aktuell die Kirchengemeinde Wollmatingen-Allensbach als Priester betreut. Er wird zum Januar 2026 mitarbeitender Pfarrer in der Pfarrei Villingen, in der sein Kollege Thomas Mitzkus leitender Priester sein wird. Dass es eine Notwendigkeit zur Strukturveränderung gibt, sieht er deutlich. „Wir haben letztlich keinen Mangel an Priestern, sondern einen Mangel an Gläubigen.“

„Wir haben letztlich keinen Mangel an Priestern, sondern einen Mangel an Gläubigen“, sagt Marcus Maria Gut, Pfarrer der ...
„Wir haben letztlich keinen Mangel an Priestern, sondern einen Mangel an Gläubigen“, sagt Marcus Maria Gut, Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde Wollmatingen-Allensbach. | Bild: Hanser, Oliver | SK-Archiv

Wie beurteilt er die Strukturreform? „Es ist sicher nötig, etwas zu tun“, sagt Gut, „da geht jetzt allerdings ein größeres Erdbeben durch die Diözese.“ Er selbst sehe dem verhalten positiv entgegen. „Viele Dinge sind noch nicht klar. Und es wird weitere Veränderungen geben.“

Gut erkennt zwei Seiten an den Veränderungen. Für sich selbst sehe er die Chance, ohne Leitungsaufgaben sich wieder deutlich stärker den seelsorgerischen Aufgaben widmen zu können. „Ich kann dann wieder tun, weswegen ich Priester geworden bin.“ Auf der anderen Seite sehe er die Gefahr, dass viele Gläubige sich alleingelassen fühlen. „Das größte Risiko besteht darin, dass es nicht gelingt, die Menschen mitzunehmen, zu zeigen, dass dieser Prozess Chancen birgt.“

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Speziell für seine aktuelle Kirchengemeinde tue es ihm sehr leid. Er arbeite gut und vertrauensvoll mit den Ehrenamtlichen und Gläubigen zusammen und sie hätten in den Vorjahren Wechsel, Vakanzzeiten und auch Konflikte mit der Erzdiözese erlebt.

„Ihnen jetzt wieder einen Wechsel zuzumuten, ist schmerzlich. Ich freue mich deshalb nicht überschwänglich, hier abzubrechen, obwohl ich sicher bin, mit Villingen und den Menschen dort gut zurechtzukommen.“ Er bekomme in Rückmeldungen zu seinem Weggang in eineinhalb Jahren auch Verärgerung und Enttäuschung zu spüren.