Anita Hoffmann stöhnt: „Heute ist es die Hölle“. Die Chefin des Konstanzer Tafelladens führt die Einrichtung seit 17 Jahren mit ruhiger Hand. Doch heute ist das Team der freiwilligen Helfer im Stress.

Alles kommt zusammen für die Einrichtung, die übrig gebliebene Lebensmittel bei Supermärkten einsammelt. Die Zahl der Kunden steigt, weil die Lebensmittelpreise anziehen. Die Geschäfte leiden unter Lieferengpässen, sie haben wenig Ware. Deshalb bleibt auch wenig übrig, das gespendet werden kann. Und gerade jetzt kommen die Flüchtlinge aus der Ukraine dazu.

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Üblicherweise hat der Tafelladen am Gottmannplatz nach Angaben Hoffmanns rund 90 Kunden am Tag, jetzt seien es 40 bis 50 Leute mehr. Die Menschen stehen vor der Tür, um günstig einzukaufen. Doch dem Tafelladen fehlt es an Ware. Deshalb bitte man um Spenden, sagt Hoffmann, die gerade an der Kasse aushilft.

Man wolle die Menschen, die vor den Bomben des russischen Machthabers geflohen sind, nicht abweisen. Viele sind privat untergekommen, es dauert, bis sie offiziell registriert und mit Grundnahrungsmitteln versorgt werden. Bis dahin versucht der Tafelladen einzuspringen. Zusätzlich gibt es Gutscheine der Gebhard-Pfarrei für Einkäufe.

Wartenummern sind ausgegangen

„Es ist der Wahnsinn“, sagt Hoffmann mit einem Blick zur Schlange am Eingang. Dem Geschäft seien die Nummern ausgegangen, die üblicherweise an die Wartenden verteilt werden. Sie sei auch nicht mehr nachgekommen, neue Einkaufsausweise auszufüllen.

„Es ist der Wahnsinn“, sagt Anita Hoffmann, Chefin des Tafelladens.
„Es ist der Wahnsinn“, sagt Anita Hoffmann, Chefin des Tafelladens. | Bild: Claudia Rindt

Hoffmann ist froh, dass eine ihrer Helferinnen Russisch spricht und ein Fahrer Ukrainisch. Wobei im Zweifel ein Ukrainer auch Russisch verstehe. Vom Landesverband haben die Tafelläden inzwischen ein Merkblatt auf Russisch bekommen. „Damit die Leute überhaupt wissen, was ein Tafelladen ist.“ Grundsätzlich ist in den Geschäften der Euro noch etwas wert: Ein Kilogramm Brot ist für 30 Cent zu haben. Anita Hoffmann sieht das System aber auch an den Grenzen: „Wir sind eine Unterstützung, keine Vollversorgung.“

Fast jeder Kunde muss heute ermahnt werden, damit er nicht zu viel nimmt. Das Geschäft kann nur jeweils einen Anteil an Fleisch und Obst abgeben. „Es tut mir leid, Sie müssen sich für eines entscheiden“, sagt Anita Hoffmann zu den Kunden. Sie hofft auf weitere Sachspenden. Gesucht würden vor allem Trockenwaren wie Mehl, Zucker, Öl und Nudeln. Auch noch haltbares Obst ist willkommen.

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Geld hilft dagegen nicht immer. Hoffmann berichtet, dass sie für einen 50-Euro-Gutschein beim benachbarten Supermarkt Nudeln einkaufen wollte, doch nur für 23 Euro durfte. Die Geschäfte haben von bestimmten Produkten gerade selbst nicht übermäßig Ware.

Krise folgt auf Krise

„Wir brauchen Material. Wir wollen den Leuten aber nicht so viel wegnehmen“, sagt Hoffmann. Die letzten Jahre seien von Krisen geprägt gewesen, die Flüchtinge aus Syrien, die Corona-Pandemie, und jetzt die Flüchtlinge aus der Ukraine. In einem normalen Jahr holen die Helfer rund 200 Tonnen Ware bei Supermärkten und Bäckereien ab. Sie retten die Lebensmittel vor dem Mülleimer.

Manchmal geben Märkte zu viel georderte Lebensmittel ab, manchmal Waren, die nicht schön genug für die Auslage erscheinen. Da geht es um einen Knick in der Packung oder schlappe Blätter am Kopfsalat. Ehrenamtliche Helfer nehmen sich dann dieser Teile an, putzen sie und entfernen Schadstellen oder schrumpelige Blätter. Was danach im Verkauf landet, sieht appetitlich aus – auch an diesem stressigen Einkaufstag. Dazu kommen unverderbliche Lebensmittel, die Privatleute spenden, etwa Kaffee, Nudeln, Reis und Öl. Alles gelangt zu Sonderpreisen zu den Menschen, die sich das Essen sonst vom Munde absparen müssten.

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Laut Anita Hoffmann muss der Laden im Monat zudem rund 2000 Euro für Benzin und andere laufende Kosten aufbringen. „Für Investitionen“, sagt sie und blickt sich um, „sind wir ebenfalls auf Spenden angewiesen.“