Bahn frei für Fahrradfahrer: Zwei der wichtigsten Konstanzer Radverkehrsprojekte werden jetzt tatsächlich umgesetzt. Ein weiteres zumindest teilweise. Darüber informierte die Stadtverwaltung in Pressemitteilungen am Dienstag. Zunächst beginnt in der Woche ab dem 26. September die Umwandlung der Eichhornstraße und Jakobstraße am Hörnle in eine Radstraße.
Ab 10. Oktober gestaltet die Stadt dann die Schützenstraße im Paradies zur Radstraße um – die blau markierte Route reicht nach der Fertigstellung vom Zähringerplatz in Petershausen bis zum Döbele nahe der Schweizer Grenze. Und beinhaltet auch den Ort für die dritte Maßnahme: den Bahnübergang Petershauser Straße.
Projekt 1: Eichhornstraße
Um die Zufahrt zum Hörnle-Strandbad und zum Bodenseestadion war heftig gerungen worden. Nach der versuchsweise eingeführten Einbahnstraßenregelung mit Radstreifen ab Juli 2021 gingen Anlieger auf die Barrikaden. Petitionen wurden verfasst, Freie Wähler und CDU im Gemeinderat forderten das Ende des ursprünglich auf ein Jahr angelegten Tests. Im Februar 2022 wurde sie schließlich rückgängig gemacht. Verbunden mit dem Beschluss, die Radstraße einzurichten.
Zuständig für die Arbeiten sind die Technischen Betriebe Konstanz. Sie übernehmen die Beschilderung zwischen Eichhornstraße 62 und Kreisverkehr Jakobstraße/Hermann-von-Vicari-Straße, markieren die Kreuzungen blau und weisen den straßenbegleitenden Waldweg, den Radler bisher nutzen sollten (oft wegen des schlechten Zustands aber nicht nutzten), als reinen Gehweg aus.

Laut Anja Fuchs von der Pressestelle der Stadtverwaltung gilt künftig auch ein Überholverbot auf einzelnen unübersichtlichen Abschnitten. Das Parken im Lorettowald entlang der Jakobstraße sei nur noch längs am Fahrbahnrand, aber nicht mehr senkrecht zur Straße möglich. „Die Arbeiten werden mehrere Wochen dauern“, so Fuchs. Denn für die Markierungen benötige man trockenes und ausreichend warmes Wetter.
Land und Bund geben zu dem Vorhaben insgesamt rund 172.000 Euro dazu – obwohl das Ganze nur 165.000 Euro kostet. Aber das ist laut Fuchs kein Widerspruch: Die Förderprogramme berücksichtigen vielmehr auch, dass teils erheblicher Vorbereitungsaufwand entsteht, bis ein Projekt soweit ist.
Projekt 2: Schützenstraße
Auch aus der Schützenstraße wird ab Mitte Oktober eine Fahrradstraße. Von den Nutzungszahlen her hat sie diesen Status längst, wie Zählungen in Höhe Lutherplatz ergeben haben. Täglich 2600 Radler stehen dort laut Stadtverwaltung 600 bis 700 motorisierten Fahrzeugen gegenüber. An Spitzentagen seien es sogar bis zu 6200 Fahrräder.
Die bestehende Fahrradstraße in der Schottenstraße wird damit über den Lutherplatz/Kreuzung Gottlieber Straße hinweg bis zum Döbele um 370 Meter verlängert. Die Arbeiten dafür sollen spätestens bis Jahresende abgeschlossen sein. Und sie sind deutlich vielfältiger, als nur blaue Farbe aufzutragen, wie Fuchs deutlich machte.
An mehreren Kreuzungen beziehungsweise Einmündungen müssen Bordsteine abgesenkt werden, um auch Menschen mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen das Queren der Fahrbahnen zu erleichtern. Neben bestehenden Parkplätzen am Straßenrand entstehen Sicherheitstrennstreifen, um die Gefahr durch geöffnete Autotüren zu reduzieren. Und die bei Anwohnern umstrittenste Maßnahme: Im südlichen Teil der Schützenstraße fallen auf einer Seite etwa 25 Bewohnerparkplätze weg.

Das ist laut Stadtverwaltung nötig, damit die Radstraße auch breit genug ist – und Fußgänger ausreichend Platz haben. „Bisher wird halbseitig auf dem Gehweg geparkt, was das Durchkommen dort schwierig macht“, erklärte Fuchs. Zudem wäre die Fahrbahn mit Parkflächen auf beiden Seiten plus Sicherheitsstreifen zu schmal für eine Radstraße.
Nach der Verbannung der Autos bleiben den Radlern in diesem Abschnitt 4,30 Meter Platz. „Gemäß Musterlösungen des Landes müssen Fahrradstraßen mindestens 3,50 Meter breit sein, bei Radschnellverbindungen mindestens vier“, erläuterte der Konstanzer Radbeauftragte Gregor Gaffga auf Nachfrage.
Ersatz für die Stellplätze wird fast in Sichtweite auf dem Döbele-Parkplatz geschaffen. Um öffentliches und Bewohnerparken dort gut trennen zu können, bekommen die Anlieger sogar eine extra Zufahrt – sie fahren nicht über den Döbele-Kreisel, sondern über das südliche Ende der Schützenstraße zu den Bewohnerparkflächen.
Die Fahrradstraße hat zwar gegenüber allen einmündenden Straßen Vorrang. Aber Vorsicht: Das gilt nicht für die Kreuzung mit der Gottlieber Straße am Lutherplatz. Auch dafür ist der Gemeinderat verantwortlich: Die gewählten Stadträte haben einst beschlossen, dass der öffentliche Verkehr in Konstanz die Nummer 1 ist – und genau die Buslinie mit dieser Nummer fährt hier entlang.
Allerdings wird eine Mittelinsel eingebaut, die das Überqueren der Kreuzung für Radler und Fußgänger leichter machen soll – wobei die beiden Gruppen jeweils eigene Bewegungs- und Aufstellflächen bekommen. Laut Gregor Gaffga muss die Stadt für das Vorhaben 155.000 Euro aufbringen. Für den Radverkehrsanteil steht eine Finanzspritze von 30.000 bis 40.000 Euro vom Bundesumweltministerium in Aussicht.
Projekt 3: Petershauser Straße
Sie ist bereits Fahrradstraße, wird nach Ansicht der Radverkehrsverantwortlichen allerdings noch zu oft vom Durchgangsverkehr genutzt. In einem ersten Schritt sperrt die Stadt deshalb den Bahnübergang für den motorisierten Verkehr in Richtung Zähringerplatz komplett. Der genaue Termin dafür ist laut Anja Fuchs von der Pressestelle noch unklar. Die Maßnahme stehe auf Platz 3 der nun abzuarbeitenden Projekte.
Ursprünglich sollte die Überquerung des Bahnübergangs auch in der Gegenrichtung verboten werden, doch dafür gibt es bisher wohl keine befriedigende Lösung. Und möglicherweise kann die Stadt auch noch Fördermittel für dieses Vorhaben beantragen.

Wer nach der Änderung vom Ebertplatz mit dem Auto in Richtung Bahnübergang fährt, muss spätestens an der Von-Emmich-Straße links abbiegen. Motorisierter Verkehr aus der Von-Emmich-Straße kann dann nur noch nach rechts in die Petershauser Straße fahren.
Zwischen Einmündung Von-Emmich-Straße und Bahnübergang baut die Stadt zwei Mittelinseln für Fußgänger. Das Durchfahrtsverbot für Autos steht auch nicht nur auf dem Papier beziehungsweise einem Verkehrsschild, wie Anja Fuchs deutlich machte. „Neben einer der beiden Mittelinseln wird ein Poller errichtet, der das Verbot durchsetzt.“