Schon wieder diskutiert der Gemeinderat über die Verkleinerung des Seenachtfest-Geländes und darüber, das Feuerwerk zu streichen. Damit würde der Charakter wesentlich verändert. Aber warum überlassen Verwaltung und Politik diese Entscheidung eigentlich nicht den Veranstaltern? Immerhin tragen sie als privatwirtschaftliches Unternehmen die Verantwortung für das Traditionsfest. Und sie können es sich nicht leisten, Defizit zu machen.
Nicht ohne Grund hat die Tourist-Information als einstige Seenachtfest-Veranstalterin einst die Reißleine gezogen. Die Kosten waren gestiegen und das Risiko, gerade bei schlechtem Wetter, Miese zu machen, war ihr zu hoch. Ein Lehrstück war das Seenachtfest 2002, als statt der erwarteten 50.000 Besucher lediglich 25.000 kamen und 300.000 Euro Defizit eingefahren wurden. Der Gemeinderat entschied Ende 2004, die Großveranstaltung auszuschreiben und das Risiko in privatwirtschaftliche Hände abzugeben.
Vom Traditionsfest profitiert die ganze Stadt
Profit macht die Stadt trotzdem. Sie verdient nicht nur durch Gebühren, sondern ist am Gewinn des Seenachtfestes beteiligt. Auch das Tochterunternehmen Stadtwerke zieht Vorteile aus dem Großereignis: Die Besucherschiffe der Bodensee Schiffsbetriebe sind dank des Feuerwerks stets restlos ausgebucht, Fähre und Busse sehr gut frequentiert. Auch andere Firmen – ob Handel, Gastronomie, Hotellerie oder Taxiunternehmen – haben durch die zusätzlichen Besucher einen erklecklichen Mehrumsatz.
Das Seenachtfest mit dem grenzüberschreitenden Feuerwerk ist ein Alleinstellungsmerkmal, hat einen guten Ruf weit über die Grenzen hinaus und wirbt nachhaltig für die Urlaubsregion. Und das ist gut so, denn Konstanz lebt vor allem vom Tourismus.
Expertise der Fachleute gefragt
Die Stadt sollte gerade in Anbetracht der desaströsen Haushaltslage froh um jeden Euro sein – sollte man zumindest meinen. Aber nein. Anstatt Rahmenbedingungen zu verbessern, damit Veranstalter ihr Auskommen haben und zur Attraktivität der Stadt beitragen, wird wieder einmal versucht, gesundes Wirtschaften zu verunmöglichen.
Das ist nicht klug, denn Wirtschaft folgt anderen Gesetzmäßigkeiten, als dies bei politischen Zielsetzungen der Fall ist: Ein Veranstalter muss ein Event kreieren, das viele Menschen anspricht, und Spielräume haben, denn nicht zuletzt aufgrund der Sicherheitsauflagen steigen die Kosten stetig. Welche Attraktionen für Erfolge notwendig sind, dafür braucht es das Expertenwissen der Veranstaltungsbranche. Die Fachleute wissen nämlich: Der Wurm muss dem Fisch schmecken, nicht dem Angler.