Das Seenachtfest ist eine Konstanzer Veranstaltung mit überregionaler Strahlkraft. Es hat eine lange Tradition und gipfelt in einem gemeinsamen Feuerwerk mit den Kreuzlinger Nachbarn über die EU-Außengrenze hinweg. Ob dies auch künftig der Fall sein wird, dahinter wird wieder einmal ein großes Fragezeichen gestellt.

Die Konstanzer Stadträte haben bereits in nicht öffentlicher Sitzung des Haupt-, Finanz- und Klimaausschusses (HFK) über die Vergabekriterien und damit über die künftige Ausrichtung der Großveranstaltung diskutiert. Der Vertrag mit dem aktuellen Veranstalter KLE Seenachtfest GmbH läuft nämlich mit dem Event am 9. August 2025 aus und das Großereignis muss ausgeschrieben werden. Wie der SÜDKURIER aus gut unterrichteten Kreisen erfuhr, trachten Teile des Gemeinderates danach, die Veranstaltungsfläche zu verkleinern und auf das Feuerwerk zu verzichten, um nur zwei Hauptpunkte zu nennen.

Alte Kamellen werden aufgewärmt

Dieselbe Diskussion hat der Gemeinderat im Vorfeld der letzten Ausschreibung geführt, sich seinerzeit allerdings für die Beibehaltung des pyrotechnischen Spektakels und der Veranstaltungsfläche entschieden. Ein Blick in die Annalen zeigt: Diese alten Kamellen werden immer wieder einmal aufgewärmt.

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Früher hatte die Touristinformation der Stadt Konstanz das Seenachtfest veranstaltet und das finanzielle Risiko getragen. Im Jahr 2002 fuhr sie ein sattes Defizit in Höhe von 300.000 Euro ein. Statt erwarteter 50.000 Besucher waren damals nur 25.000 zum Seenachtfest gekommen, gleichzeitig trieb der Aufwand für Infrastruktur und Sicherheit die Kosten in die Höhe.

Damals wurde schon über eine „kleine Lösung“ debattiert, doch der Gemeinderat beschloss, den Status quo zu erhalten. Allerdings wurden die Gesamtverantwortung und das finanzielle Risiko ab 2005 an private Veranstalter abgegeben.

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Kostenlose Werbung und die Stadt verdient Geld

Das Seenachtfest kostet Konstanz seither kein Geld mehr. Im Gegenteil: Die Stadt verdient daran. Tommy Spörrer von der KLE Seenachtfest GmbH sagt auf SÜDKURIER-Nachfrage: „Wir zahlen zehntausende Euro Genehmigungsgebühren an die Stadt Konstanz und das Landratsamt“. Außerdem sei vertraglich vereinbart, dass die Stadt eine Gewinnbeteiligung erhalte. Zur Höhe äußerte er sich nicht.

„Wir zahlen zehntausende Euro Genehmigungsgebühren an die Stadt Konstanz und das Landratsamt“, sagt Tommy Spörrer von der KLE ...
„Wir zahlen zehntausende Euro Genehmigungsgebühren an die Stadt Konstanz und das Landratsamt“, sagt Tommy Spörrer von der KLE Seenachtfest GmbH. | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

Zudem ist das Seenachtfest eine Großveranstaltung mit Strahlkraft; darauf verweist Daniel Hölzle als Sprecher des Treffpunkt Konstanz, Werbe- und Interessenvereinigung des Konstanzer Handels. Die Tage des Seenachtfestes seien nicht gar so entscheidend, da die Auslastung in dieser Zeit ohnehin hoch sei. „Was aber verkannt wird, ist die Strahlkraft über Jahre hinaus. Das kann man nicht hoch genug schätzen“, merkt Hölzle an.

Medien berichteten über das Ereignis und über soziale Netzwerke würden Feuerwerksfotos gepostet. „Das ist ein unfassbar erfolgreiches Werbepaket“, stellt Hölzle fest, der nicht fassen kann, wie man darüber nachdenken könne, auf „ein solch günstiges Marketinginstrument“ verzichten zu wollen.

„Was aber verkannt wird, ist die Strahlkraft über Jahre hinaus. Wir brauchen einen florierenden Tourismus. Das ist das Einzige, was wir ...
„Was aber verkannt wird, ist die Strahlkraft über Jahre hinaus. Wir brauchen einen florierenden Tourismus. Das ist das Einzige, was wir noch haben“, sagt Daniel Hölzle von Treffpunkt Konstanz. | Bild: Sybille Wiens | SK-Archiv

Wichtig für den Wirtschaftsstandort

„Wir brauchen einen florierenden Tourismus. Das ist das Einzige, was wir noch haben“, sagt Daniel Hölzle mit Blick auf den Wirtschaftsstandort Konstanz. Gerade im Wettbewerb mit anderen Urlaubsregionen sei ein solches Alleinstellungsmerkmal wie das traditionsreiche Seenachtfest wichtig, denn „es ist die einzige große Aktion, die wir noch haben“, sagt der Treffpunkt-Sprecher. Wenn das Seenachtfest kleiner ausfalle und auf ein Feuerwerk verzichtet würde, so gibt es laut Daniel Hölzle auch Haken. „Der Termin ist gesetzt, die Leute werden kommen.“

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„Vom Seenachtfest profitiert die gesamte Konstanzer Wirtschaft“, wertet auch Manfred Hölzl, stellvertretender Vorsitzender der Kreisstelle Konstanz des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga). Aus seiner Zeit als Konzil-Wirt berichtet er, dass viele Firmen ein Sommerevent daraus machen würden, um Kontakte zu knüpfen und Netzwerke auf- und auszubauen.

Der bisherige Veranstalter setze das Seenachtfest nach Ansicht Hölzls „qualitativ und zukunftsfähig“ um, „und dies ohne Zuschüsse der Stadt“, im Gegensatz zu Kreuzlingen, wo die Stadt auch finanziell hinter dem Seenachtfest-Pendant Fantastical stehe. Das Großereignis sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Region und die Stadt selbst profitiere ebenfalls, wobei Hölzl unter anderem die Bodensee-Schiffsbetriebe anspricht und folgert: „Die Stadtwerke müssten ein erhebliches Interesse daran haben, dass die Veranstaltung weiterhin so funktioniert, wie sie ist.“

„Es ist wie ein sorgloses Sägen am wirtschaftlichen Ast, auf dem man sitzt“, findet Manfred Hölzl, stellvertretender Vorsitzender der ...
„Es ist wie ein sorgloses Sägen am wirtschaftlichen Ast, auf dem man sitzt“, findet Manfred Hölzl, stellvertretender Vorsitzender der Dehoga-Kreisstelle Konstanz. | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

Ein Affront gegenüber den Schweizern

Die Größe des Veranstaltungsgeländes und das Feuerwerk infrage zu stellen, „ist wie ein sorgloses Sägen am wirtschaftlichen Ast, auf dem man sitzt“, fasst Manfred Hölzl zusammen. Zudem erachtet er die Zusammenarbeit mit Kreuzlingen als wichtig. Auch Daniel Hölzle denkt an die Nachbarstadt mit ihrem zeitgleich stattfindenden Fantastical. „Wir können uns über jedes gemeinsame Event freuen“, findet Hölzle. Hier auszuscheren, das empfindet er als „Affront gegenüber den Schweizer Veranstaltern“.

Markus Baiker, Präsident des Organisationskomitees Fantastical Kreuzlingen, kann beim neuerlichen Vorstoß in den Konstanzer Gremien nur verständnislos den Kopf schütteln, vor allem, was das Feuerwerk anbelangt. „Es ist die letzte Gemeinsamkeit, die wir noch haben“, so Baiker. Auch in Kreuzlingen gebe es Debatten um Pyrotechnik, allerdings gehe es um die private Böllerei am Nationalfeiertag und an Silvester, wo viel Müll auf den Straßen liege. „Das macht den Leuten viel mehr Bauchweh“, sagt er.

„Wie kann es sein, dass die Konstanzer Politik alleine diskutiert, ohne mit uns zu sprechen?“, moniert Markus Baiker, Präsident des ...
„Wie kann es sein, dass die Konstanzer Politik alleine diskutiert, ohne mit uns zu sprechen?“, moniert Markus Baiker, Präsident des Organisationskomitees Fantastical Kreuzlingen. | Bild: Scherrer, Aurelia | SK-Archiv

Interessieren würde Markus Baiker, was Konstanz als alternative Feuerwerk-Variante in Betracht ziehen würde. Eine Drohnenshow kommt für ihn nicht in Betracht. „Es kostet viel mehr und erzeugt viel weniger Emotionen“, wertet er aus Erfahrung. Was wäre, wenn es in Konstanz kein Feuerwerk mehr gäbe? „Dann machen wir das Feuerwerk halt allein“, ist Baikers spontane Antwort. Dann könnten die Besucher auf Konstanzer Gemarkung ein kostenloses Feuerwerk genießen. Ist das im Sinn der Fantastical-Verantwortlichen? „Dann decken wir Konstanz mit Nebel zu“, meint Baiker scherzhaft.

Konstanzer Alleingang verprellt Nachbarn

Im Ernst stellt Markus Baiker aber fest: „Ich verstehe die Diskussion in Konstanz nicht. Wie kann es sein, dass die Konstanzer Politik alleine diskutiert, ohne mit uns zu sprechen?“ Er moniert: „Konstanz betrachtet den Kreuzlinger Teil immer nur als Junior-Partner. Da kann ich nur den Kopf schütteln.“ Er findet, es wäre das Mindeste, wenn beide Seiten gemeinsame Überlegungen anstellten, schließlich gebe es viele Überschneidungen, wie beispielsweise beim Thema Sicherheit.

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Baiker kann nicht nachvollziehen, dass die Konstanzer Politik für sich entscheidet, ohne die Ansichten der Kreuzlinger überhaupt gehört zu haben. Er denkt an die jüngere Vergangenheit und den Amtsvorgänger von Oberbürgermeister Uli Burchardt, wenn er erzählt: „Mit Horst Frank hat man reden können. Er hat das Grenzüberschreitende eher gefördert.“ Die Entscheidung über die Zukunft des Seenachtfests fällt der Gemeinderat am Donnerstag, 20. März, in nicht öffentlicher Sitzung.