Auf den ersten Blick ist das Bild ein ähnliches wie noch vor einer Woche: Überall im Stadtgarten stehen und fahren beladene Autos herum, die Leute haben Dekoration, Holzteile oder Werkzeug in der Hand, vor einigen Ständen liegen Tannenzweige und einzelne Teile auf dem Boden. Vergangene Woche wurde der Konstanzer Adventsmarkt aufgebaut – voller Vorfreude und mit viel Elan.
Am Mittwoch, nach nicht einmal einer Woche, bauen die Händler und Arbeiter schon wieder ab. Wegen der sich zuspitzenden Corona-Situation und den damit einhergehenden Verschärfung der Regeln sehe man sich zu einer Absage gezwungen, so die Veranstalter in einer Pressemitteilung. „Eine Absage war die einzige konsequente Möglichkeit“, sagt Frank Schuhwerk, der zusammen mit Levin Stracke und Tommy Spörrer den Adventsmarkt geplant hat.
Michael Breuninger, der seit 31 Jahren auf dem Konstanzer Weihnachtsmarkt dabei, ist Sprecher von allen Ausstellern. Am Dienstagabend sei die erste Standbetreiberin auf ihn zugekommen, mit der Nachricht, dass der Markt ab morgen schließe. „Ich hab‘s eigentlich nicht geglaubt“, erzählt Breuninger. Das sei zum ersten Mal eine richtige Ohrfeige gewesen. „Ich hätte niemals gedacht, dass wir das nicht durchziehen“, sagt er.

Für ihn wäre 2G-Plus durchaus eine Möglichkeit gewesen. Er und andere hätten gedacht, dass es weitergehen könnte. Auf kleiner Flamme natürlich, aber man denke dieses Jahr eben nicht ans Geldverdienen. Dass man nicht dieselben Summen erwirtschaften könne wie in den Vorjahren sei ohnehin klar gewesen.
„Das war jetzt einfach Werbung: Wir sind da, wir haben Freude, wir können noch“, sagt Michael Breuninger. Mit den vielen neuen Gegebenheiten sei der Aufbau natürlich ein riesiger Aufwand gewesen, ebenso jetzt der Abbau. „Aber das ist auch in Ordnung, wir sind Unternehmer, wir müssen das stemmen“, findet er.
Wohin mit der Ware?
Als Betreiber eines Essensstandes steht Michael Breuninger nun wie viele Händler vor der Herausforderung: Wohin mit der bestellten Ware? Er habe morgen einen Termin mit seinem Weinhändler und hofft, dass der Händler die Ware zumindest zwischenlagert. Dann wäre die Ware eben bezahlt und man könne für nächstes Jahr weitersehen. Unterm Strich sagt er: „Das mit der Ware ist unternehmerisches Risiko.“ Je mehr leicht verderbliche Lebensmittel man verkaufe, desto schwieriger sei es natürlich.
Alfredo Nicoletti steht unter anderem mit jeder Menge Pasta und Soßen da. „Viele Sachen versuchen wir einfach für einen guten Zweck zu verschenken“, erzählt er. Und den Rest, den man nicht schafft, selbst zu essen, zumindest kurzzeitig zu lagern oder zu verschenken müsse man entsorgen.

Bereits an den vergangenen Abenden sei immer eine Hilfsorganisation auf ihn zugekommen und habe das übrig gebliebene Essen mitgenommen. „Das fand ich wirklich toll“, sagt Nicoletti. Heute sei die Organisation ebenfalls schon bei ihm gewesen. Zudem sei die Unterstützung und Anteilnahme, die er schon allein an diesem Morgen von Freunden, Kunden und Kollegen erlebte habe, enorm gewesen.
Vor dem Waren-Problem steht auch Thomas Blaser. Jede Menge Fondue-Käse habe er im Kühlschrank, und ihm fehle im Gegensatz zu vielen anderen Händlern ein Lokal, in dem man zumindest Teile der Ware noch irgendwie unterbringen könnte.
Ihm tue es aber vor allem leid um die Einzelhändler, die auf die Einnahmen auf den Märkten angewiesen sind, und um seine Angestellten. Aber er sagt auch: „Die Veranstalter haben konsequent und richtig gehandelt.“ Schade sei es trotzdem, aber für die Gesamtsituation können natürlich auch die Veranstalter nichts.
Dennoch bleibt Enttäuschung und Frustration: So beschreibt Dirk Bühler vom Silber-Atelier seine aktuelle Stimmung. Er, wie auch Michael Breuninger, Thomas Blaser und Alfredo Nicoletti, loben aber die Organisation des Marktes.

Das könne man sicher so weiterführen, sagt auch Thomas Blaser, und meint damit die Verlegung des Marktes von der Marktstätte in den Stadtgarten.
Ja, die Absage habe wehgetan, aber die fünf Tage, die der Markt laufen konnte, seien für ihn eine Freude gewesen, sagt Michael Breuninger noch abschließend. „Die Gäste haben zu mir gesagt: Man sieht, dass du glücklich bist. Und das war ich.“