Der Bebauungsplan für das Neubaugebiet Marienweg könnte bis Ende des Jahres zum zweiten Mal rechtskräftig werden. Die Satzung des ersten Entwurfs war am 8. Dezember 2021 veröffentlicht und später kassiert worden. Das Bundesverwaltungsgericht hatte am 18. Juli 2023 in einem Urteil festgestellt, dass das angewendete beschleunigte Verfahren nicht im Einklang mit EU-Recht steht.
Stadtplaner Martin Grünmüller und Jurist Oliver Latzel vom Amt für Stadtplanung und Umwelt stellten in der jüngsten Sitzung des Litzelstetter Ortschaftsrats das Projekt und die sich ergebenden Änderungen vor. „Zur Fehlerbehebung und Heilung“, wie es in der Vorlage heißt, musste ein ergänzendes Verfahren durchgeführt werden.
Immerhin ist es damit möglich, den bereits beschlossenen Bebauungsplan mit den darin korrekt vorgenommenen Festlegungen sowie einigen zusätzlichen Ergänzungen rückwirkend zu beschließen. Dies „soll das von den Betroffenen der Satzung entgegengebrachte Vertrauen schützen“, heißt es weiter. Somit wäre es beispielsweise nicht möglich, die zulässige Geschosszahl zu verringern, da dies einen erheblichen Einfluss auf die bisher eingebrachten Bauanträge und Planungen hätte.
Habitate für Vögel und Fledermäuse gesucht
Das beschleunigte Verfahren war im mittlerweile entfernten Paragraf 13b des Baugesetzbuchs geregelt. Demnach waren keine Umweltprüfung, kein Umweltbericht und keine Eingriffs-/Ausgleichsbilanzierung erforderlich. Diese wurden mittlerweile nachgeholt. Gefordert sind nun sechs Ersatzquartiere für Fledermäuse als Ausgleich für entfallende Quartiere durch Gehölzrodungen. Da vier Habitatbäume wegfallen werden, sind 12 Höhlenbrüternistkästen aufzustellen. Ein Habitatbaum ist ein lebender oder toter stehender Baum, der mindestens einen kleinräumigen oder speziell abgegrenzten Lebensraum trägt.
Darüber hinaus müssen zusätzliche Nistquartiere für Vögel geschaffen werden. An der Dettinger Straße, der L220 zwischen Wollmatingen und Dettingen, muss ein gestufter, strauchreicher Waldrand als Ersatz-Bruthabitat für den Vogel Fitis entwickelt werden. Die aufgelisteten Maßnahmen müssen in der Regel vor den betreffenden Eingriffen umgesetzt sein. Der Bebauungsplan weicht im Übrigen auch vom Flächennutzungsplan ab.
Letzterer musste jedoch nicht geändert werden. Ergänzend soll ein Acker in eine Nasswiese umgewandelt werden. Dabei soll es sich laut Präsentationstext um eine Fläche westlich von Dingelsdorf handeln. Tatsächlich liegt diese westlich von Oberdorf, und zwar in der Verlängerung der Straße Zum Wald, rechter Hand etwa 150 Meter nach dem letzten bebauten Grundstück, wie dem Plan zu entnehmen ist.
Ortsvorsteherin Dorothea Maier-Zepf (CDU) verwies noch einmal darauf, dass das Baugebiet Marienweg „extrem wichtig für preiswerten Wohnraum“ sei. „Es geht darum, ein schönes Wohngebiet zu bekommen“, warb Stadtplaner Grünmüller für die Planung. Wolfgang Gensle (CDU) betonte noch einmal die Notwendigkeit für das Neubaugebiet, um günstige Wohnungen etwa für Feuerwehrleute oder Krankenpflegepersonal zu schaffen. Bezahlbar werde dies nur, „wenn man gewisse Baumassen einhält“.
Brigitte Fuchs (Freie Wähler) ist eine unermüdliche Kämpferin für geringe Gebäudehöhen. Mit Verweis auf das ihrer Ansicht nach mittlerweile übererfüllte Handlungsprogramm Wohnen ist nach ihrer Ansicht „jetzt der Druck raus, dass Litzelstetten etwas dazu beitragen muss“. Sie beschwerte sich erneut über die bis zu vier zulässigen Geschosse.
Wegen der Hanglage könne durchaus der Eindruck entstehen, dass dort etwa wegen einer Tiefgarage ein Geschoss mehr errichtet werde. Außerdem passt ihr die festgelegte Erdgeschossfußbodenhöhe nicht. Diese ist nach den vorliegenden Plänen eben mit der vorbeiführenden Straße.
Von Bürokratieabbau keine Spur
Der Wust an Projektunterlagen brachte Roland Ballier (Freie Wähler) sichtlich auf die Palme. „Die 737 Seiten sind ein Wahnsinn. Die Verwaltung braucht nur Stellen“, schimpfte er. Von Bürokratieabbau sei da nichts zu bemerken. An seine Fraktionskollegin Fuchs richtete er die Bemerkung: „Jetzt ziehen wir das wieder in die Länge. Irgendwann müssen wir zu Potte kommen. Ich stimme dem Bebauungsplan zu.“
Sonali Mhalas-Bartels (Freie Wähler) befürchtet, dass ein Stellplatz pro Wohnung nicht ausreiche, und mutmaßte, dass tatsächlich ein Viertel mehr benötigt werde, da Litzelstetten ein Pendlerdorf sei. Dass an der Martin-Schleyer-Straße fünf Besucherparkplätze und zwei für Carsharing ausgewiesen werden sollen, passt ihr ebenfalls nicht.
Diese sollten etwa für Menschen, die dort auf den Bus umsteigen möchten, erhalten bleiben. „Wir haben sehr wenig freie Plätze“, rügte sie. Martin Grünmüller verwies darauf, dass es irgendwann ein Parkraumkonzept für ganz Litzelstetten brauche, in dem etwa Parkzeitbeschränkungen festgelegt werden.
Dorothea Maier-Zepf ergänzte noch den Stand bei den Bauanträgen der Wobak, die vier Gebäude mit Geschosswohnungen an der Martin-Schleyer-Straße und drei am Marienweg bauen möchte. Diese liegen noch beim Regierungspräsidium, da, anders als bisher gehandhabt, die Stadt bei ihrem Eigenbetrieb nicht mehr die Genehmigung erteilen darf. In den drei Teilabstimmungen stimmten jeweils sieben beziehungsweise acht Räte zu. Brigitte Fuchs stimmte in allen Fällen mit Nein.