Moritz Bauermeister ist sichtlich enttäuscht. Er sitzt im Pavillon am See auf dem grünen Sofa, um ihn herum sind Zeichen des Aufbruchs zu sehen. Ein Akkuschrauber deutet darauf hin, dass der 27-Jährige den Pavillon räumen muss. Dabei war die Arbeit hier seit einigen Jahren sein Herzensprojekt.
Bauermeister kam 2018 als Aushilfe zu seiner Vorgängerin Rosemarie Arend-Daum, die als Rosie stadtweit bekannt war und den Pavillon über 30 Jahre lang betrieb. Da sie bereits damals sehr krank war, wuchs er in eine Übergangschef-Rolle hinein, wie er sagt, und gab dem Betrieb eine neue Struktur.
Rosie starb im August 2023, Moritz Bauermeister wurde im April 2024 Pächter des Pavillons am See. Doch die Stadtverwaltung wollte die Gastronomie neu ausschreiben und suchte eine Nachfolge für die kommenden zehn Jahre. Auch der bisherige Betreiber bewarb sich und rechnete sich gute Chancen aus.
Doch es kam anders. Mitte November 2024 teilte die Stadt ihm mit, dass Moritz Bauermeister ein Nachrücker sei. „Es hieß auch, dass die Verwaltung sich nochmal melde. Aber bislang habe ich nichts weiter gehört“, so der 27-Jährige, der deutliche Kritik am Auswahlverfahren äußert.
„Der Prozess hat mich desillusioniert“, so Bauermeister. „Ich habe das Gefühl, man hat mich vergessen.“ Das Bewerbungsgespräch sei zwar nett gewesen, doch „ich hatte den Eindruck, dass mein Konzept nicht in der Tiefe präsent war“, sagt der bisherige Betreiber. „Das Verfahren war mir auch zu intransparent.“

Dass er „beste Zahlen vorweisen“ könne, dass er moderate Preise verlange und es durch harte Arbeit geschafft habe, auch in der Nebensaison die Gästezahlen zu steigern, werde nicht gesehen. „Rückblickend habe ich das Gefühl, ich wurde als ‚der von Rosie‘ gesehen und man dachte, mit mir würde alles weitergehen wie gehabt.“
Dabei habe er durchaus Veränderungen geplant. „Ich wollte aus dem Gestänge, das ohnehin für die Markise vorhanden ist, einen Leichtbau-Wintergarten machen. Damit wäre ich meinem Ziel, ganzjährig zu öffnen, ohne große optische Veränderungen ein Stück nähergekommen. Außerdem hätte ich gern Solarpaneele auf dem Dach installiert, aber das wurde sofort abgelehnt.“

Was ihn dabei am meisten wundert: „Auf meine Nachfrage, warum ich nicht den Zuschlag erhielt, sagte die Stadt, die anderen Bewerber seien innovativer gewesen und ich hätte Probleme damit, alte Zöpfe abzuschneiden. Das ist doch ein Widerspruch!“ Nun sei er zwar sehr traurig, „aber das Leben geht weiter“, sagt er.
Stammgäste sammelten Unterschriften
Das tut es auch für Stammgäste wie Lilian Würth, allerdings nicht mit den ihr vertrauten Gesichtern. „Ich habe schon als 14-Jährige bei Rosie Eis verkauft“, erzählt sie lachend. „Und mit Moritz und seinem Team sind richtige Freundschaften entstanden. Hier war mein sicherer Hafen, wir waren wie eine große Familie“, formuliert es die 43-Jährige.
Auch Roland Benker ist nach eigenen Angaben zwei bis drei Jahrzehnte lang Stammgast. Der 51-Jährige und weitere Gäste sammelten im vergangenen Jahr Unterschriften dafür, dass Moritz Bauermeister bleiben darf. Rund 240 Unterzeichner waren es am Ende, die Listen lagen seiner Bewerbung bei.
Auch Roland Benker ärgert sich über den Umgang mit dem aktuellen Betreiber: „Schon nach Rosies Tod wurde das Team hingehalten. Menschen so in der Luft hängen zu lassen, das geht nicht“, findet er.

Zwei neue Gesichter im Pavillon
Künftige Pächterin ist Sabine Deggelmann aus Konstanz, 31 Jahre alt. Warum sie? „Frau Deggelmann konnte sich mit einer in allen Punkten voll überzeugenden, detailliert ausgearbeiteten und durchdachten Bewerbung und einem charmanten, umsetzbaren, innovativen und nachhaltigen Konzept sowie ihrer herausragenden Fachkenntnis und Qualifikation hervorheben“, teilt die städtische Pressestelle auf Nachfrage mit.
Anbieten wolle sie laut Stadt regionale Küche aus der Dreiländerregion sowie „qualitativ hochwertige, frisch zubereitete Speisen mit saisonalen, regionalen Zutaten, ein angemessenes Preis-Leistungs-Verhältnis sowie ein ansprechendes, zurückhaltendes Gestaltungskonzept, das dem denkmalgeschützten Stadtgarten gerecht wird“.
In einem Telefonat mit dem SÜDKURIER sagt Sabine Deggelmann, sie setze das Konzept gemeinsam mit ihrem Lebens- und Geschäftspartner um. Eine detailliertere Vorstellung der neuen Pächter folgt demnächst.
Moritz Bauermeister traf seine Nachfolger einmal und war über den Jahreswechsel wegen der Übernahme des Inventars in Kontakt. „Ich habe einen guten Eindruck von den beiden und spüre keinen Groll“, sagt er und ergänzt: „Ich will auf keinen Fall, dass das Team oder Gäste den Pavillon aus Loyalität zu mir boykottieren! Der Ort hier steht höher als meine Person.“

Zukunftssorgen macht der 27-Jährige sich nicht. „Ich möchte mein zu 99 Prozent fertiges Soziologiestudium abschließen und habe auch Angebote von Gastronomen, aber es muss nicht zwingend die Gastronomie sein.“ Und dann verrät er: „Im Februar werde ich Vater, darauf konzentriere ich mich jetzt.“