Der Stadtseniorenrat (SSR) hat ein Schiff gechartert, das am Steg vor dem Bodenseeforum wartet. Die Fahrt findet zum dritten Mal statt, „schon eine kleine Tradition“, meint Harry Fuchs, stellvertretender Vorsitzender des SSR, der die Bewohner der Seniorenheime in Empfang nimmt.
Heute geht es um all die Heimbewohner, die keine Angehörigen in Konstanz haben und deshalb „wenig rauskommen.“ Besonders für sie sei diese Aktion. „Sie für einen Nachmittag aus ihrer Einsamkeit befreien, das ist heute unser Thema“, sagte Marie-Luise Sippel vom SSR.
Dann legt das Schiff ab. Der Kapitän begrüßt die Gäste, hinaus geht es Richtung Reichenau. Vorn hat Alex Tasdelen mit seiner Gitarre Platz genommen, der, auch ehrenamtlich, Volkslieder und Schlager anstimmt. „Die Musik verbindet, schafft Gemeinschaft und Aufmerksamkeit.“ Was gleich bei seinen ersten Liedern spürbar wird. Fast alle singen mit oder bewegen die Lippen zu den Melodien.
An einem Tisch sitzt der 92-jährige Anton Homann neben seiner Seniorenassistentin. In den 50er-Jahren ist er als Bodenseekapitän auf dem See unterwegs gewesen, hielt Kurs mit dem MS „Baden“. Er zeigt ein Bild von sich, in strahlend weißer Uniform. Später wird er hinaufgeführt und darf noch mal ans Steuer. Als Kapitän. Und die Vergangenheit wird für Momente zu einem Jetzt.
Als das Schiff am Reichenauer Ufer entlang gleitet, zeigt eine Dame hinaus: „Da drüben haben wir früher gebadet.“ Und zum Seehotel sei man gegangen, wenn man sich „etwas Besonderes gönnen wollte“. Währenddessen wird drinnen zu „Tulpen aus Amsterdam“ am vordersten Tisch mitgeschunkelt.
Finanziert wird die Fahrt durch Spenden. Die kürzlich verstorbene Edeltraut Lehn hat sich beteiligt und der Verein Sprungbrett. Nach gut zwei Stunden legt das Schiff wieder an. Zufrieden – und ein wenig beseelt – treten die Senioren wieder hinaus auf den Steg, werden „heim“ gebracht. Ins Heim, nicht nach Hause. Aber einen Nachmittag lang waren sie draußen, raus aus der Einsamkeit – rauf auf ein Schiff.