Janis Baur wirft seinen handgroßen Magneten mit Schwung ins Wasser. An einer langen Leine hat der Student ihn befestigt, um ihn wieder zu sich an den Rand des Seerheins ziehen zu können. Zurück an Land ist der Magnet vor allem eins: voll mit Müll. Kronkorken, Nägel und allerlei anderer magnetischer Abfall haften an seiner Oberfläche. Schon zum fünften Mal unterstützt Baur den „Rhine Clean-Up“ am Seerhein. Dabei geht es darum, den Rhein von Müll zu befreien.

Das internationale Projekt wird in Konstanz organisiert vom Arbeitskreis Müll, einer Bürgerinitiative bestehend aus Freiwilligen, die sich mit Projekten gegen die Verschmutzung der Umwelt einsetzen. Baurs Bilanz ist ernüchternd: „Die Menge an Müll ist über die Jahre relativ gleichgeblieben“, berichtet er. Spitzenreiter seien jedes Jahr Kronkorken und Kippenstummel.
Diese sind zwar klein, richten aber trotzdem großen Schaden an: der Abbau eines Zigarettenstummels dauert ein bis fünf Jahre, viel Zeit, in der die Reste des Tabakrauchs vom Regen ausgewaschen werden und so lebenden Organismen schaden können. „Es tut gut, aktiv zu sein und den Müll zu sammeln“, findet Baur. „Aber es deprimiert mich auch, zu sehen, wie viel Müll jedes Jahr zusammenkommt.“ Batterien und ausgelaufene Feuerzeuge seien aufgrund ihrer schädlichen Inhaltsstoffe die schlimmsten Funde.
Den Menschen ist der Müll egal
Dennoch freue es ihn, wie viele Menschen kämen, um den Rhein zu säubern. „Mein Alltagseindruck ist es, dass den Menschen der Müll egal ist“, erzählt der Student. Diesen Eindruck hat auch Evelyn Spillmann. Sie ist seit Jahren im Arbeitskreis Müll aktiv und mittlerweile am längsten dabei. „Die Leute sehen den Müll gar nicht mehr“, erzählt sie. Vielleicht auch deshalb fehlt es dem Arbeitskreis an Unterstützung. Das „Rhine Clean-Up“ sei auch eine Werbeaktion.
Wie überall brach auch bei dem Verein die Zahl der ehrenamtlichen Helfer während der Pandemie deutlich ein. „Es gab Zeiten, da habe ich alles allein gemacht“, so Spillmann. Deshalb sei es wichtig, Leute zu motivieren und Aufmerksamkeit zu erregen. Der prominente Platz im Herosé-Park ist dafür natürlich bestens geeignet. „Es fehlt an Menschen, die mitmachen“, bedauert sie, „hier hat man die Möglichkeit, mit Leuten ins Gespräch zu kommen.“ Aktuell zählt der Arbeitskreis circa vier aktive Mitglieder, zu wenige, um regelmäßig Projekte auf die Beine zu stellen. Doch nun seien wieder neue Leute dazugekommen.
Die Politik sieht weg
Die Frage, die sich in Anbetracht der sich im Herosé-Park türmenden Müllberge stellt, ist die nach dem Warum. Im Arbeitskreis Müll stößt das Wegsehen der Politik bei dem Thema auf Unverständnis und Frust. „Man sollte die Problematik an ihrem Kern angehen“, findet Gabor Amort, langjähriges Mitglied des Arbeitskreises. Warum es bisher keine gesetzlichen Änderungen gab, um gegen die Verschmutzung vorzugehen, ist ihm ein Rätsel.
„Die große Frage ist, wieso funktioniert es zwei Kilometer weiter in Kreuzlingen?“, wundert er sich. Engmaschigere Kontrollen und Geldstrafen seien nötig. Außerdem müsse man mehr darüber aufklären, was der liegengebliebene Müll tatsächlich anrichtet.
Taschen-Aschenbecher und Recup-Becher
Auch kleine Veränderungen könnten schon etwas bewirken: „Wer das Rauchen schon nicht lassen kann, sollte wenigstens immer einen Taschen-Aschenbecher dabeihaben“, findet er. Die kleinen Dosen passen problemlos in die Hosentasche und beherbergen die Kippenstummel, bis diese dann zuhause oder am nächsten Mülleimer entsorgt werden können.
Trotz der jedes Jahr aufs neue gesammelten Müllmassen haben Evelyn Spillmann und die anderen Mitglieder des Arbeitskreises auch Hoffnung auf Veränderung. „Vor fünf Jahren haben wir noch sehr viele Plastikbecher gesammelt“, berichtet sie. Jetzt seien diese fast gar nicht mehr zu finden. „Das Recup-System hat in Konstanz wirklich super funktioniert.“
Gemeint ist eine Art Pfandsystem. Auch die neu eingeführten Schraubverschlüsse für Plastikflaschen seien ein Schritt in die richtige Richtung. Diese lassen sich nämlich nicht mehr so einfach von der Flasche lösen und werden so auch nicht mehr weggeschmissen. „Wir freuen uns über alles, was wir nicht mehr aufsammeln müssen“,so Spillmann.