Es raschelt im Müll in der Nähe eines Restaurants, am Konstanzer Hafen saust ein kleines, graues Tier knapp oberhalb der Wasserkante entlang und im Herosé-Park tummeln sich nach Einbruch der Dunkelheit viele quiekende Fellknäuele: Es handelt sich um Ratten. In Konstanz wimmelt es von den kleinen Nagern.
Wie viele Ratten gibt es?
Ein Mitarbeiter der Entsorgungsbetriebe Konstanz (EBK) ging einmal davon aus, dass auf einen Konstanzer eine bis drei Ratten kommen. Das erscheint nicht ganz aus der Luft gegriffen, soll es doch in Paris, die Metropole gehört zu denen mit den meisten Ratten weltweit, bei zwei Millionen Einwohnern bis zu sechs Millionen Ratten geben.
Ein ähnliches Verhältnis also. Eine genaue, seriöse Schätzung kann die Stadtverwaltung auf Anfrage allerdings nicht nennen. Sie teilt darüber hinaus mit, dass es hier ebenso viele Ratten wie in anderen Städten vergleichbarer Größe gibt.
Wo halten sich die Ratten auf?
Klar ist dagegen, wo sich die Nager am meisten aufhalten. „Ratten gefällt es dort, wo sie etwas zu essen finden. Seien es Essensreste in (oder neben) öffentlichen Mülleimern, Essensreste in offenen Mülltonnen, Gekochtes auf einem offenen Komposthaufen oder auch Essensreste, die regelmäßig im Abfluss entsorgt werden“, teilt Elena Oliveira, Pressesprecherin der Stadtverwaltung, auf SÜDKURIER-Nachfrage mit.
Hotspots seien insbesondere solche Flächen, an denen sich viele Menschen versammeln und wo Essensreste und Müll zu finden sind. Das hat sich vor allem in der Zeit der Pandemie bemerkbar gemacht. Dabei konnte ein kurzzeitiger Anstieg der Nager festgestellt werden. Vermutlich, weil vermehrt im Außenbereich mitgebrachte Speisen und „To-Go“-Lebensmittel konsumiert wurden. Für die Nagetiere ein gefundenes Fressen. Daraufhin seien auch verstärkte Bekämpfungsmaßnahmen eingeleitet worden, um die Population einzudämmen, so die Verwaltung.
Kommen Ratten echt die Toilette hoch?
Sicherlich hat jeder einmal von dem urbanen Mythos gehört, eine Ratte könne den Rohrleitungen bis in die Toilette in Konstanzer Badezimmern hinauf folgen. Doch ist das wirklich möglich? In der Theorie ja, in der Praxis allerdings eher nein. So sei der Verwaltung kein Fall bekannt, bei dem Ratten über die Toilette oder einen anderen Abfluss in Wohnräume eingedrungen seien.
Zweifelsfrei ist es jedoch möglich, und vielleicht auch schon vorbeigekommen, aber eben nicht gemeldet worden. Es sei jedenfalls so oder so wichtig, keine Essensreste im Abfluss zu entsorgen. Denn Ratten würden sich das merken und sich in der Nähe des Abflusskanals einrichten, besuchen ihn in der Folge immer wieder und könnten damit langfristig den privaten Abfluss oder die Kanalisation beschädigen.

Wie werden sie bekämpft?
Wichtig ist laut der Verwaltung eine frühzeitige und stetige Bekämpfung der Tiere. Dabei arbeiten in Konstanz das Amt für Stadtplanung und Umwelt (ASU) und die EBK zusammen, die Verantwortlichen kennen die Pläne und Einsätze des jeweils anderen.
„Während das ASU für die oberirdische Bekämpfung verantwortlich ist, dafür Experten beauftragt, beködern die EBK unterirdisch, also in der Kanalisation“, so die Verwaltung. „Oberirdische Köder werden nach Möglichkeit immer mit unterirdischen Ködern ergänzt.“
Was kann die Bevölkerung tun?
Doch nicht nur die Fachleute von EBK und ASU können die Nagetiere bekämpfen, auch die Konstanzerinnen und Konstanz können bereits mit kleinen Maßnahmen bei der Eindämmung der Plage helfen. Denn klar ist: „Die Rattenbekämpfung ist sinnbildlich ein Kampf gegen die Wegwerfgesellschaft – Ratten leben von unseren Abfällen, die in öffentliche Mülleimer geworfen, einfach liegen gelassen oder falsch im Abfluss entsorgt wurden“, so Stadtsprecherin Elena Oliveira.
Natürlich sei es deshalb erst einmal das Beste, so wenig Essensreste wie möglich überhaupt zu entsorgen. So gebe es auch gleichzeitig weniger Lebensmittelverschwendung. Falls einmal nicht der letzte Käserest aus dem Pizzakarton gekratzt werden könne und nicht alles aufgegessen werden kann, gehe es vor allem um die richtige Entsorgung. „Zu Hause ist das in der Regel die geschlossene Biomülltonne“, heißt es. „Essensreste sollten nie einfach liegen gelassen werden, auch nicht im Pizzakarton neben dem Mülleimer.“ Darüber hinaus sollten Reste nicht in den Abfluss gekippt werden.
Wie gefährlich sind die Nagetiere?
Ratten selbst sind Schadnager, die über 100 Infektionskrankheiten übertragen können, teilweise auch nur mit ihrem Urin oder Kot. Dazu gehören beispielsweise Hepatitis, Leptospirose, Typhus, Pest oder Tollwut.
Das größere und unmittelbare Problem sind jedoch Schäden, die die Tiere im öffentlichen Raum anrichten. So können Ratten ihre Bauten in Grünflächen oder in der Nähe von diesen bauen – und die können teilweise sehr groß und damit zu Stolperfallen werden oder weitere Schäden anrichten. „In der Kanalisation können Ratten ebenso zu Schäden führen. Risse, Löcher, Einwüchse werden vergrößert – Abwasser kann dann nicht mehr zuverlässig zur Kläranlage abfließen oder Fremdwasser in den Kanal eindringen“, so die Verantwortlichen.