Auf dem Kiesboden verteilte Glassplitter von Flaschen glitzern im Sonnenlicht, als sich der SÜDKURIER mit Präventionsratsmitglied Gabriele Weiner und Dennis Neuhäuser von der Geschäftsstelle des Präventionsrats Ende vergangener Woche um die Mittagszeit auf Klein Venedig trifft. Das Areal am Konstanzer Seeufer hat in jüngster Vergangenheit vor allem für Negativschlagzeilen gesorgt: An zwei Wochenenden von Mitte bis Ende September kam es dort zu regelrechten Gewaltexzessen, wie der Leiter des Konstanzer Polizeireviers kürzlich im Gemeinderat geschildert hat.

Aber für den Konstanzer Präventionsrat steht fest: Das Projekt zu Aufwertung Klein Venedigs war und ist im Großen und Ganzen ein Erfolg. Bis zu den Randalen an den beiden Wochenenden seien sie restlos begeistert gewesen, betont Gabriele Weiner, die dem Präventionsrat als stellvertretende Vorsitzende angehört. „Wir haben gesehen, dass die Gebiete Herosé-Park und Schänzle entlastet wurden. Das war genau das, was wir wollten.“

Präventionsratsmitglied Gabriele Weiner und Dennis Neuhäuser, Leiter der Geschäftsstelle des Präventionsrates, beim Treffen mit dem ...
Präventionsratsmitglied Gabriele Weiner und Dennis Neuhäuser, Leiter der Geschäftsstelle des Präventionsrates, beim Treffen mit dem SÜDKURIER auf Klein Venedig Ende vergangener Woche. | Bild: Marcel Jud

Der Präventionsrat habe sich bereits seit Längerem dafür eingesetzt, dass auf Klein Venedig ein Anziehungspunkt für Jugendliche und junge Erwachsene entsteht, um „das entzerrt zu bekommen“ und damit die Nachtruhe der Anwohner von Herosé und Schänzle nicht mehr gestört wird.

Geschäftsstellenleiter Dennis Neuhäuser erklärt, dass es vonseiten des Präventionsrates bereits seit 2019 konkrete Vorschläge gab, wie das Areal Klein Venedig als Freiraum belebt werden kann. „Aber das ist natürlich immer auch eine Frage der Finanzen“, erklärt Gabriele Weiner, warum es mit der Umsetzung dieser Vorschläge zunächst eher langsam vorwärts ging.

Positive Bilanz der ersten Wochen: „Die Stimmung war äußerst angenehm“

Diesen Sommer nahm das Projekt dann nach der Massenparty mit rund 3000 Menschen am Schänzle an Fahrt auf: Bereits Mitte Juli war von der Stadt eine neue Grillstelle im Bereich zwischen Kunstgrenze und Hafenstraße errichtet und übergangsweise ein sogenannter Pumptrack, ein Areal für Radfahrer, aufgestellt worden, wie der SÜDKURIER berichtete. Wenige Wochen später eröffnete auf Klein Venedig eine Sandperle genannte Strandbar mit einer 15 auf 35 Meter großen, mit Sonnenschirmen, Liegestühlen und Palmen ausgestatteten Sandfläche.

Und die neuen Angebote seien sehr gut angenommen worden, berichtet Gabriele Weiner. Sie sei selbst ab und an gegen Mitternacht auf Klein Venedig unterwegs gewesen, um sich das Ganze anzuschauen. Ihr Fazit der ersten Wochen: „Die Stimmung war äußerst angenehm.“ Das bestätigen auch Kay Brüggemann von der Agentur Bonanza-Events und Tino Schumann vom Gasthaus Adler in Allmannsdorf. Sie hatten im Sommer gemeinsam innerhalb von zwei Wochen das gastronomische Angebot für die Strandbar auf die Beine gestellt.

Die Strandbarbetreiber (von links): Kay Brüggemann, Geschäftsführer Bonanza-Events, und Tino Schumann vom Gasthaus Adler in Allmannsdorf.
Die Strandbarbetreiber (von links): Kay Brüggemann, Geschäftsführer Bonanza-Events, und Tino Schumann vom Gasthaus Adler in Allmannsdorf. | Bild: Marcel Jud

Als der SÜDKURIER die beiden Anfang vergangener Woche trifft, sind sie gerade dabei, ihre Zelte auf Klein Venedig abzubrechen. Die ersten Wochen sei es super gelaufen, betont Kay Brüggemann: „Es war ein gemischtes Publikum: Studenten, Touristen, auch Familien, abends dann Jugendliche und junge Erwachsene.“ Und Tino Schumann ergänzt: „Es war Zeit, dass hier etwas auf den Weg kam. Und es hat uns sehr gefreut, dass wir den Sandplatz bespielen durften.“

Doch dann kamen eben die beiden Wochenenden, an denen die Lage auf Klein Venedig eskaliert ist. Die Gewalt machte auch vor der Sandperle nicht halt: Mitte September wurde ein Strandbar-Mitarbeiter geschlagen, als er einer Frau zur Hilfe eilen wollte, die am Arm gezerrt wurde, wie er dem SÜDKURIER gegenüber berichtet hatte. Und in der Woche darauf setzten mehrere Personen Stühle der Strandbar in Brand.

„Aber bis auf diese Situation wurden wir in Ruhe gelassen“, betont Tino Schumann. Und Kay Brüggemann sagt, man dürfe nicht alle in einen Topf werfen: „Die meisten waren friedlich. Uns haben beispielsweise auch Jugendliche dabei geholfen, aufzuräumen.“ Aber dann gebe es eben die zehn Prozent, die nicht friedlich seien. „Und wenn das dann 50 von 500 Leuten sind, ist die Stimmung am Boden“, so Brüggemann.

Damit die Lage auf Klein Venedig nicht mehr eskaliert: Die Vorschläge des Präventionsrats

„Man konnte nicht absehen, dass es dann so ausartet“, betont Dennis Neuhäuser von der Geschäftsstelle des Konstanzer Präventionsrates einige Tage später. Es habe sich eben rumgesprochen, dass es auf Klein Venedig ein gutes Angebot gibt. „Und dann kamen auch die, die das Ganze ausnutzen“, so Neuhäuser. Jetzt gehe es darum, die Herbst- und Winterzeit zu nutzen, um das Konzept auf Klein Venedig zu überarbeiten. Der Präventionsrat habe sich direkt nach dem zweiten Wochenende, als es auf dem Areal zu Randalen kam, getroffen und Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet, erklärt Präventionsratsmitglied Gabriele Weiner.

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Die Vorschlagsliste des Rats sieht unter anderem vor, die Infrastruktur wie etwa die Toilettensituation zu verbessern sowie für mehr Licht durch eine bessere Beleuchtung zu sorgen. Zudem wird eine Vergrößerung des Aufenthaltsbereichs rund um die Grillstelle beim Seeufer angeregt, „damit es sich besser verteilt“, erklärt Gabriele Weiner. Auch wird die Schaffung einer „Kümmererrolle“, also eine Art Street-Worker, angeregt, sowie die Erarbeitung eines umfassenden Präventionskonzepts und eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung mit der Nachbarstadt Kreuzlingen.

Tino Schumann und Kay Brüggemann von der Strandbar waren bei der Sitzung des Präventionsrats ebenfalls dabei. Sie sind zuversichtlich, dass es mit einem etwas veränderten Konzept kommendes Jahr richtig gut wird auf Klein Venedig. Denn eines steht für die beiden fest, wie Tino Schumann betont: „Der Ort ist gut. Wir haben schon viele Ideen für nächstes Jahr und hätten Bock, das wieder zu machen.“