Das Konstanzer Areal Klein Venedig entwickelt sich zum Brennpunkt. Nachdem die Lage bereits Anfang September problematisch wurde, eskalierte sie am vergangenen Wochenende erneut. Die Bilanz der Polizei, die sie am Montag in einem Pressebericht mitteilte: Unter den 500 Besuchern kam es am Freitagabend zu mehreren körperlichen Auseinandersetzungen, sowie Diebstählen, Brandstiftung und wohl auch zu sexueller Belästigung.

Vier Menschen seien im Zuge der Taten festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Die Beamten verwiesen am Ende rund 300 Menschen des Geländes, bei zehn Personen mussten die Beamten laut der Mitteilung leichte Gewalt anwenden. Dabei sei ein Polizist leicht verletzt worden. Tatjana Deggelmann, Pressesprecherin des Polizeipräsidiums Konstanz, sagte am Dienstag auf SÜDKURIER-Anfrage, dass der Beamte seinen Dienst weiter verrichten könne.

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Opfer der vermeintlichen sexuellen Belästigung hatten sich bis Dienstag nicht gemeldet, erklärte die Pressesprecherin. Die Ermittlungen wegen der Diebstähle würden aktuell laufen – und auch die die Vernehmungen zu den Körperverletzungsdelikten fänden derzeit statt.

Veranstalter wollen Konsequenzen ziehen

Tino Schumann vom Gasthaus Adler in Allmannsdorf, der die Verpflegungsstände an der Strandbar Sandperle auf dem Gelände betreibt, will Konsequenzen aus der Situation ziehen – allerdings wohl erst für das kommende Jahr. „Wir öffnen dieses Wochenende das letzte Mal und werden danach mit den Projektbeteiligten Feedbackgespräche führen“, so Schumann auf SÜDKURIER-Anfrage.

Tino Schumann vom Gasthaus zum Adler in Allmannsdorf
Tino Schumann vom Gasthaus zum Adler in Allmannsdorf | Bild: Scherrer, Aurelia/SK-Archiv

Für Tino Schumann scheint allerdings eines offensichtlich: „Dass es nicht so bleiben kann, wie in diesem Jahr, und an einigen wichtigen Stellen unbedingt nachgearbeitet werden muss, liegt auf der Hand“, so der Gastronom. Was er damit allerdings genau meint, sagt er nicht. Man wolle hier nicht vorgreifen und werde das Projekt am kommenden Samstag regulär beenden. Erst dann werde man gemeinsam mit den Beteiligten ein Konzept für das kommende Jahr erarbeiten.

Eines stellt Schumann aber auch im Namen seines Geschäftspartners, Kay Brüggemann von Bonanza-Events, klar: „Wir lehnen Gewalt, Gesetzesübertritte und Randale ab, sehen jedoch auch Bedarf an Freiraum und versuchen beides in 2022 in einer positiven Form zu verbinden.“

Verwaltung zieht dennoch eine positive Bilanz

Die Stadtverwaltung scheint von der zunehmenden Gewalt in der letzten Zeit überrascht. Ulrich Hilser, Pressesprecher der Stadt, sagt: „Die Art und Dimension der Eskalation an den vergangenen beiden Wochenenden macht dennoch betroffen, da ein tolles Freizeitangebot missbraucht wird.“ Die Situation werde im Herbst und Winter analysiert und die Verwaltung werde in Zusammenarbeit mit den anderen Parteien und der Polizei entsprechende Konsequenzen und Maßnahmen ergreifen. Auch er hüllt sich in Schweigen, wie genau reagiert werden soll.

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Die Bilanz für das laufende Jahr fällt laut der Stadtverwaltung aber trotz der notwendigen Polizeieinsätze der vergangenen Wochen überwiegend positiv aus. „Generell ist es gelungen, unter anderem mit der Sandperle auf Klein Venedig einen attraktiven Raum zu gestalten, der von einer Vielzahl an Personen gerne angenommen wird“, so Hilser.

Außerdem sei es gelungen, andere Brennpunkte – wie das Schänzle-Areal oder den Herosépark – zu entlasten. Insofern könne ein positives Fazit gezogen werden. „Trotzdem zeigen die Entwicklungen der letzten Wochen, dass sich Probleme von den anderen Hotspots ebenfalls dorthin verlagert und teils neue Probleme und Dimensionen hinzukamen“, räumt der Pressesprecher der Verwaltung ein.

Zusammenarbeit mit der Schweiz?

Für Michael Maier, Chef der Sicherheitsfirma „City Watch Security“, die im Auftrag der Stadt Kreuzlingen für Ordnung im Seeburgpark auf der anderen Seite der Kunstgrenze sorgt, stellt sich die Situation derweil klar da. „Das Pilotprojekt funktioniert so nicht“, sagt Maier gegenüber dem SÜDKURIER. „Bei tausend Leuten muss so etwas geführt werden. Sonst gibt es nur Auseinandersetzungen.“

Michael Maier von „City Watch Security“ in Kreuzlingen
Michael Maier von „City Watch Security“ in Kreuzlingen | Bild: Eva Marie Stegmann/SK-Archiv

Er ist sich sicher, dass man dort einen Sicherheitsdienst brauche, ansonsten sei die Situation nicht kontrollierbar. Zwar leiste der Ordnungsdienst, mit dem die Kreuzlinger Beamten auch im Austausch seien, eine gute Arbeit, doch das Areal Klein Venedig sei für diesen nur eine Baustelle von vielen.

Maier hat bereits einige Verbesserungsvorschläge, beispielsweise zu den Toiletten – denn er hält den Toilettenwagen am Areal für ein bloßes Provisorium. Dieses würde für diese Massen an Menschen nicht ausreichen. Und dieser Umstand werde zusehends auch zum Schweizer Problem, so kämen laut Maier die Partygäste auch verstärkt über die Grenze, um ihr „Geschäft zu verrichten“.

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Für ihn ist klar: Die Stadt Konstanz muss reagieren, um die explosive Stimmung vor Ort zu entschärfen. Er schlägt hierbei auch eine engere Zusammenarbeit zwischen den Beamten diesseits und jenseits der Grenze vor. Ob und wie die die Verantwortlichen nun reagieren wollen, bleibt wohl bis 2022 abzuwarten.