Ein bisschen Licht ins Dunkel kommt bei der Sitzung des Haupt-, Finanz- und Klimaausschusses (HFK). Zwar hatte der Gemeinderat dem Konstrukt Smart Green City vor zwei Jahren zugestimmt, ohne dessen Inhalt wirklich zu kennen, aber die Bundesfördermittel – rund 10 Millionen Euro – lockten.

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Jetzt wurde dem Ausschuss eine 111-seitige Vorlage präsentiert, inklusive 23 Projekt-Steckbriefen, die endlich etwas Fleisch an die smarten Knochen brachte. Das Problem: Der Gemeinderat muss in seiner Sitzung am Donnerstag, 29. Juni, um 16 Uhr im Ratssaal das Papier durchwinken, um den Stichtag beim Bund als Fördermittelgeber einzuhalten. Sonst sind die Fördermittel futsch.

Der OB ist „stolz und happy“

Oberbürgermeister Uli Burchardt ist „stolz und happy“, wie er selbst sagt, denn jetzt könnten 23 Projektsteckbriefe plus Strategie beim Fördergeber eingereicht werden. „Wir hatten mehr Erfolg bei der Bewerbung, als wir erwartet hatten“, so Burchardt. Die Stadt müsse zwar einiges an Geld in die Hand nehmen, aber ein Großteil wäre Bundesförderung.

Konkret heißt das: Es geht um rund 15 Millionen Euro, von denen der Bund knapp 10 Millionen übernehmen würde. Die Stadt muss dennoch etwa 5,6 Millionen Euro selbst aufbringen. Der Gemeinderat hatte im Jahr 2021 gefordert, dass ein Drittel des Eigenanteils aus Drittmitteln kommen soll.

Burchardt scheint beglückt über „das Bündel an Ideen aus verschiedenen Bereichen“ und gibt Beispiele, unter anderem: „Schlaue Solardächer – das klingt doch gut.“ Natürlich könnten die Stadträte über die 23 Projekte, deren Steckbriefe vorliegen, reden und einzelne herausnehmen, meint er, fügt jedoch an: „Es ist eine Architektur, die mit der Strategie zusammenhängt, um beim Fördermittelgeber weiterzukommen.“

„Schlaue Solardächer – das klingt doch gut“, findet Oberbürgermeister Uli Burchardt.
„Schlaue Solardächer – das klingt doch gut“, findet Oberbürgermeister Uli Burchardt. | Bild: Hanser, Oliver

Stadträte sind nicht so happy

Nicht ganz so happy wie der Oberbürgermeister sind viele Stadträte. „Ob das Programm überhaupt das richtige für Digitalisierung ist? Und dann der enorme Einsatz finanzieller Mittel und auch die enormen personellen Ressourcen, die drei Jahre gebunden sind“, zweifelt Roger Tscheulin (CDU) das Gesamtprogramm an. „111 Seiten Vorlage: Ein Strategiepapier, das ausführlich die Dinge in euphorischer Sprache beschreibt. Und dann ist der 30. Juni Deadline. Wir halten es für grundsätzlich schwierig, in der Kürze der Zeit über 23 unterschiedliche Projekte und einen zweistelligen Millionenbetrag zu beschließen“, macht er seinem Unmut Luft.

„Wir können das Vorgehen nicht goutieren“, sagt Tscheulin für die CDU. Was ihm wirklich sauer aufstößt, ist das Projekt „Bürgerpanel“: 200 Zufallsbürger, deren Meinungsbild die Arbeit der Stadtverwaltung und Entscheidungsfindung des Gemeinderats unterstützen soll. Da fragt sich Stadtrat Tscheulin: „Wozu sind wir eigentlich gewählt?“

Die Vorreiterrolle von Konstanz

„Auch wir sind keine Freunde von dem Programm“, sagt Susanne Heiß (Freie Wähler). „Sollen doch lieber andere Städte vorauslaufen und wir suchen dann das Beste für uns raus.“ Bezüglich der Projekte meint sie: „Da gibt es viele Dinge, wo wir sagen müssen: Schwachsinn.“ Als Beispiel nennt sie Schädlingsbekämpfung (Budget 272.000 Euro). Und die 810.000 Euro für die „Innenstadt von morgen“ sollten lieber gleich für Sitzgelegenheiten, Begrünung und Bepflanzung von Marktstätte und Augustinerplatz ausgegeben werden, findet sie.

„Da gibt es viele Projekte, wo wir sagen müssen: Schwachsinn“, sagt Susanne Heiß (FW).
„Da gibt es viele Projekte, wo wir sagen müssen: Schwachsinn“, sagt Susanne Heiß (FW). | Bild: Scherrer, Aurelia

Jan Welsch (SPD) widerspricht ihr, dass andere Städte die Vorreiterrolle einnehmen sollten, denn: „Jede Stadt muss ihre eigenen Lösungen entwickeln und entsprechende Standards setzen.“ Allerdings „wäre es uns recht, wenn wir Mitwirkungsmöglichkeiten hätten, wie Tscheulin sagt“. In Summe sei es nicht immer nachvollziehbar. Über die Konstanz-Card habe er sich allerdings gefreut, denn diese sei ja schon lange angedacht.

„Die Konstanz-Card liegt uns am Herzen“, sagt Jan Welsch (SPD) über ein SPD-Wunschprojekt.
„Die Konstanz-Card liegt uns am Herzen“, sagt Jan Welsch (SPD) über ein SPD-Wunschprojekt. | Bild: Hanser, Oliver

Stadträte werden unter Druck gesetzt

Heinrich Everke (FDP) ist zufrieden, dass endlich Projekte vorliegen. Aber die gehörten schon ordentlich diskutiert, schließlich gehe es um die Ausgabe von Steuergeldern. Das Projekt „schlaue (Schul-)Gärten“ (Bodenfeuchtsensoren an Bäumen sollen Schüler zum Gießen einladen) bezeichnet Everke als „Unsinn“ und statt des Projekts „Leihboxen“ wäre ihm eine persönliche Tauschbörse lieber. Am Prozedere und dem aufgebauten Entscheidungsdruck übt auch er Kritik: „Das ist übel.“

„Wir waren von Anfang an skeptisch“, so Holger Reile (Linke Liste Konstanz), der an die erste Vorstellung und die „Marketingsprache mit relativ wenig Inhalt“ erinnert. Smart Green City hat für ihn eher etwas von einem „Jugend-forscht-Projekt“. Dabei gebe es Wichtigeres, zum Beispiel: „Wo kriegen wir die Millionen für das Bodensee-Stadion her?“

„Das hat was von Jugend-forscht-Projekt. In Konstanz gibt es Wichtigeres zu tun und zu finanzieren“, stellt Holger Reile ...
„Das hat was von Jugend-forscht-Projekt. In Konstanz gibt es Wichtigeres zu tun und zu finanzieren“, stellt Holger Reile (LLK) fest. | Bild: Scherrer, Aurelia

Vieles war schon auf der Agenda

Ewald Weisschedel (Freie Wähler) spricht sich für Smart Green City aus, denn „manches muss man eh machen“. Das findet auch Tanja Rebmann (SPD): „Es gibt viele Projekte, die wir angehen wollen.“ Marvin Pfister (Freie Grüne Liste) signalisiert die Zustimmung seiner Fraktion, denn langsam konkretisierten sich die Projekte, wenngleich das eine oder andere noch abstrakt sei. „Wir sind gespannt, was die Projekte dann konkret bringen.“

„Langsam konkretisieren sich die Projekte. Ich bin gespannt, was sie bringen“, so Marvin Pfister (FGL).
„Langsam konkretisieren sich die Projekte. Ich bin gespannt, was sie bringen“, so Marvin Pfister (FGL). | Bild: Scherrer, Aurelia

Auch Pfister hat noch Informationsbedarf: „Wichtig sind die Folge- und Investitionskosten; die sollten noch pro Projekt ausgewiesen werden. Damit wir einen Überblick für die Haushaltsberatung haben, was wir leisten müssen, um die Projekte am Leben zu halten.“

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Christin Wohlrath, Programmleiterin von Smart Green City, versucht, die Stadträte für sich zu gewinnen. „Wir können Standards setzen und Projekte umsetzen, die wir eh machen wollten.“ Sie nennt als Beispiel smarte LED-Beleuchtung auf der Schänzlebrücke. „Das hatten wir ja schon vor. Der Bund will, dass wir das Geld ausgeben.“ Für den Bund sei das Konzept eigentlich schon zu konkret; „die Steckbriefe haben wir für den Gemeinderat dazwischengeschoben“. Zur Beruhigung der Stadträte meint Wohlrath: „Die Einzelprojekte werden später noch beschlossen“ und „wir können Projekte stoppen, wenn es nicht passt“.