
Es ist klein, orange und schwarz, stromlinienförmig, handlich und macht Clemens Menge, Vorsitzender der DLRG-Ortsgruppe Konstanz, einfach nur glücklich. Dass der Lebensretter ein T-Shirt mit R2D2, dem bekannten Roboter aus dem Kino-Film „Star Wars“ trägt, ist reiner Zufall, könnte aber nicht passender sein.

Das Ding, das er in Händen hält, ist nämlich mit dem kugeligen, sympathischen Film-Sympathieträger verwandt. Es ist ein Unterwasser-ROV – eine Mischung aus Unterwasser-Roboter und -Drohne. „Wir haben schon lange mit einem Unterwasser-Roboter geliebäugelt“, erzählt Clemens Menge.
Zum einen sei der Pool an Tauchern, auf welche im Einsatzfall zurückgegriffen werden könne, begrenzt. Konkret: Die DLRG hat 14 einsatzbereite Taucher, die aber aus beruflichen Gründen auch nicht immer alle verfügbar seien. Für einen Taucheinsatz brauche es mindestens drei Personen: Einsatzführer, einen Taucher sowie einen Taucher zur Sicherung. „Das ist der kleinste Trupp; das absolute Minimum“, so Menge.
Zum anderen „haben wir immer wieder Einsätze, wo man lange suchen muss“, stellt Clemens Menge fest. Die Pressluftflaschen seien überdies relativ schnell verbraucht. Der Unterwasserroboter könne die Taucher also entlasten. „Technisch ist das ein Sprung nach vorn“, bemerkt er.
Das Tauchen sei anstrengend, gerade im Seerhein wegen der kräftigen Strömung. Doch nicht nur das. „Sich durch das Seegras durchzuwühlen, ist kräftezehrend“, so Menge. Die Fahrrinne der Schiffe sei etwa 19 Meter tief. Auf 20 Metern verbrauche ein Taucher dreimal so viel Luft. Da sei dann eine Flasche nach etwa einer halben Stunde schon leer.

„Der Unterwasser-ROV kann bis zu 150 Meter in die Tiefe“, erklärt Clemens Menge. Dabei denkt er an den Überlinger See, der richtig tief ist. Der Roboter sei gut zum „Finden und Markieren“ geeignet, erläutert er. Sprich: Der mit Licht und einer Kamera ausgestattete Roboter könne nach Vermissten suchen und mit seinem Greifarm eine Markierung absetzen.

Was alle Konstanzer Wasserretter fasziniert: Die Kamera des Roboters hat eine extrem hohe Auflösung und via Livestream (Echtzeitübertragung) können die Einsatzkräfte mitverfolgen, was der Roboter „sieht“ und dementsprechend den weiteren Einsatz planen und gestalten.
Die Bilder, die der Roboter überträgt, sind faszinierend. Man sieht Fische vorbeischwimmen, kann gut erkennen, dass die Unterseite des Polizeibootes einer Reinigung bedarf und staunt über den Muschelbewuchs an den Pfählen des Stegs.
Die Einsatzmöglichkeiten seien vielfältig. Liege beispielsweise ein Boot auf Grund, könne der Roboter erkunden und der Taucheinsatz entsprechend geplant werden. Damit würden mögliche Gefahren für die Taucher im Vorfeld minimiert. Auch einen zeitlichen Vorteil gebe es: Bislang erkunden die Taucher und würden erst, wenn sie aufgetaucht seien, Bericht erstatten. Mittels Livestream des Roboters sei die Einsatzleitung sofort im Bilde.
„Er hat Beleuchtung, Kamera, Kompass, Lagesensoren, wiegt etwa fünf Kilogramm und legt etwa 1,5 Meter pro Sekunde zurück“, gibt Clemens Menge ein paar kurze Erläuterungen zu dem kleinen Helfer. Tücken gibt es trotzdem, denn es ist nicht einfach, den Unterwasser-Roboter zu steuern. Es gibt – wie bei einer Drohne auch – eine Steuerung. Via Smartphone sieht der Lenker auch, worauf der ROV im See zusteuert.

Dann kommt das große Aber, von dem auch DLRG-Einsatzkraft Christoph Schumann bereits ein Liedchen aus eigener Erfahrung singen kann. „Die Orientierung ist schwierig, denn unter Wasser hat man keinen Anhaltspunkt. Man weiß nicht genau, wo sich der Roboter befindet“, schildert er und fügt an: „Auch die Strömung ist nicht zu unterschätzen.“
Deshalb ist jetzt üben angesagt. Trainingsort ist der Steg der Wasserschutzpolizei am Seerhein. Christoph Schumann und Pascal Kuginna packen den Unterwasser-ROV aus der Kiste und müssen erst noch den Greifarm anschrauben. Dann wird die Führungsleine, die übrigens sehr stabil ist, befestigt, während Clemens Menge die Steuerung parat macht.

Der ROV wird ins Wasser gelassen. Die Lichter leuchten und mit Blubbern taucht er ab und verschwindet in den Fluten. Nur ein Teil des gelben Kabels ist zu sehen, was aber keinen Aufschluss über den Standort des Roboters gibt. Clemens Menge, der den ROV steuert, navigiert eigentlich im Trüben. Und das will wirklich geübt sein.
Dann kommt die Kür: Christoph Schumann hat einen Eimer mit Leine ins Wasser geworfen. Clemens Menge soll nun mit Hilfe des Roboters diesen Gegenstand orten und aus dem Wasser ziehen. Die Suche beginnt und nach einigen Minuten, die eine Ewigkeit zu sein scheinen, taucht die Leine auf dem Bildschirm auf. Menge steuert den Greifarm des Roboters und der packt zu.
Für die DLRG-Mitglieder steht fest: Jetzt wird eine Roboter-Einheit zusammengestellt, die sich in die Steuerung des ROV einarbeitet. Und es wird experimentiert, welche Gewichte der Roboter ziehen kann, um herauszufinden, welche Einsatzmöglichkeiten es für den Bruder von R2D2 noch geben könnte. Es bleibt also spannend.