Die Anwohner der Hauptverkehrsachsen würden sich freuen, wenn dort im Rahmen des Lärmaktionsplans der Stadt Konstanz Tempo 30 eingeführt würde. Die Feuerwehr positioniert sich aber klar und deutlich gegen dieses Vorhaben. „Das würde zu erheblichen Verzögerungen im Einsatz führen und die vom Innenministerium geforderten Eintreffzeiten könnten nicht eingehalten werden“, sagt Bernd Roth, Kommandant der Feuerwehr Konstanz. Er wird noch deutlicher: Es würde „zu nicht hinnehmbaren Einschränkungen bei der gesetzlichen Aufgabenbewältigung“ führen.

Feuerwehr bezieht eine klare Stellung
Ebenso deutlich ist die Stellungnahme der Feuerwehr Konstanz ausgefallen, die sie im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung, bei der auch Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange gehört werden, abgab. Schon jetzt gebe es für Blaulichtorganisationen Schwierigkeiten.
„Bei der Sperrung des Bahnübergangs an der Petershauser-/Jahnstraße für den Fahrzeugverkehr haben wir schon interveniert, aber unsere Stellungnahme wurde nicht berücksichtigt“, stellt Bernd Roth mit deutlichem Unwillen fest. Bodenwellen, künstliche Verengungen durch Verkehrsinseln und dergleichen führten jetzt schon zu verlängerten Eintreffzeiten. „Wenn da Tempo 30 noch obendrauf kommt, wird es noch schwieriger.“
Irrglaube: Mit Sondersignal darf man alles
Etwas scheint generell, aber auch den Entscheidungsträgern in Verwaltung und Gemeinderat nicht klar zu sein. „Viele meinen, mit Sondersignal dürfe man alles. Aber Blaulicht und Martinshorn sind kein Freibrief“, stellt Roth klar und fügt an: „Bei einem Unfall hat der Fahrer des Einsatzfahrzeugs immer eine Mitschuld.“
Wie hoch diese gewertet werde, hänge von der Verhältnismäßigkeit ab. Wenn etwas passiert, dann habe der Fahrer als Person das Strafmaß zu ertragen. „Die Stadtverwaltung bekommt nicht den Führerscheinentzug“, meint Bernd Roth dazu.

Dafür gibt es keine gesetzliche Regelung, sondern liegt vielmehr im Grauzonenbereich. Bei den Blaulichtorganisationen wird bei Alarmfahrten eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 10 bis 20 Prozent – allerdings je nach äußeren Rahmenbedingungen – als vertretbar gesprochen. Der Reduzierung von Tempolimit 50 Stundenkilometer auf 30 mache da einen großen Unterschied.
Mit 60 durch die 30er-Zone? Geht gar nicht!
Roth verdeutlicht: 60 Stundenkilometer bei Tempolimit 50 sind 20 Prozent Überschreitung, 60 Stundenkilometer bei einem Tempolimit von 30 sind 100 Prozent Überschreitung. Würden also Hauptverkehrsachsen, wie Reichenau- oder Mainaustraße, zu Tempo-30-Zonen, würde die Feuerwehr bei Einsatzfahrten nicht 60 Stundenkilometer fahren, denn: „100 Prozent Überschreitung ist nicht mehr verhältnismäßig“, stellt Bernd Roth klar. Zu den Hauptachsen, die jetzt zur Disposition gestellt werden, meint Roth: „Die langen Strecken machen es aus.“ Die Fahrzeit verlängere sich um Minuten und im Notfall zähle jede einzelne.
„Wir merken schon jetzt aufgrund von Verkehrsberuhigungen und dem Verkehrsaufkommen, dass die Ausrückzeiten länger werden“, berichtet Clemens Menge, Vorsitzender der DLRG-Ortsgruppe Konstanz dem SÜDKURIER.
Die DLRG verfügt ausschließlich über ehrenamtliche Einsatzkräfte. Diese müssen erst mit ihrem Privatfahrzeug zu ihrem Stützpunkt Adlerhorst in der Weiherhofstraße, so wie die freiwilligen Feuerwehrleute zum jeweiligen Gerätehaus. Bei der Anfahrt können die Ehrenamtlichen keine Sonderrechte in Anspruch nehmen, sondern müssen sich an die Verkehrsregeln halten.

Clemens Menge war jüngst in der Reichenaustraße, Höhe Burger King. „Es war gegen 17 Uhr. Bis zum Adlerhorst habe ich 15 Minuten gebraucht“, berichtet er. Bis die Einsatzkräfte überhaupt erst am Stützpunkt anlangten, verstreiche bereits viel Zeit. „Es gibt Tageszeiten, da sind wir langsam. Aber beim Retten geht es um jede Minute“, stellt Clemens Menge fest.
Die Anfahrtszeit würde sich verdoppeln
„Die Hauptstraßen sind die Lebensader, wo wir überhaupt richtig durchkommen“, sagt Clemens Menge. „Wir müssen beispielsweise nach Staad, um die Boote ins Wasser zu lassen, und die Strandbäder anfahren. Gerade beim Ertrinken geht es um Minuten.“ Würden in diesen Hauptachsen Tempo 30 ausgewiesen, „dann brauchen wir doppelt so lange“, sagt Menge und fügt nach einer kurzen Pause an: „Damit schwinden die Chancen, gerettet zu werden.“
Die Fahrradstraße zum Hörnle stelle die DLRG bereits vor Probleme. Oder wie Clemens Menge sagt: „Auf Alarmfahrt ist das eine Herausforderung, wenn Eltern mit ihren Kindern auf dieser Straße fahren. Da muss man langsam und vorsichtig machen. Bei einer Einsatzfahrt steht man eh schon unter Strom. So brauchen wir länger zum Einsatzort.“
Malteser sehen noch keine Probleme
Thomas Dreier, Leiter Rettungsdienst der Malteser Konstanz, sieht die Thematik gelassen. „Bei Notfällen sind wir nicht an Geschwindigkeitsbegrenzungen gebunden. Aber es gibt die Sorgfaltspflicht.“ Ob in der Wollmatinger Straße das Limit von 50 Stundenkilometern auf 30 herabgesetzt werde, darin sieht er keinen großen Unterschied, denn „die Rahmenbedingungen sind die gleichen“.
Zum Lärmaktionsplan und der Ausweitung von Tempo 30 meint er: „Ich glaube nicht, dass es Einfluss auf die Hilfsfristen hat.“ Auch wenn die Malteser langsamer fahren müssten: „Viel wichtiger ist es, anzukommen“, so Dreier.