Wenn in der Altstadt von Konstanz Rauch aufsteigt, dann heulen die Alarmsignale bei der Feuerwehr besonders laut. Denn Einsätze wie der am Donnerstag, 17. August, wecken sofort Erinnerungen an den Großbrand von 2010.

Damals wurde das Schuhhaus Haug vernichtet. Die Ursache: vermutlich ein brennender Adventskranz. Doch diesmal ist keine Vorweihnachtszeit, sondern Hochsommer. Und im vierten Geschoss des Gebäudes mit der terrakottafarbenen Fassade in der Hussenstraße 36 brennt eine Wohnung.

Einsatzkräfte vor dem Hauseingang.
Einsatzkräfte vor dem Hauseingang. | Bild: Feuerwehr Konstanz

Nur Minuten nach dem Brandalarm um 9.45 Uhr rasen mehrere Feuerwehrfahrzeuge über die Bodanstraße. Die Sirenen hallen von den Gemäuern wider und schrecken Anwohner wie Touristen auf. Brandgeruch liegt über Teilen des historischen Zentrums rund um das Schnetztor. Rauch ist zu sehen. Dann biegen die großen Fahrzeuge in die Hussenstraße ein.

Die Bewohner des Hauses haben das Gebäude bereits verlassen, als die Feuerwehr mit Kräften der hauptamtlichen Wache sowie der Abteilungen Altstadt und Petershausen samt Drehleiter und drei Löschfahrzeugen eintrifft. Auch Polizei und Rettungskräfte sind in die Hussenstraße geeilt.

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„Ich habe immer nur gerufen: Raus jetzt, raus, da brennt‘s!“

Dass die Retter niemanden mehr aus den Flammen holen müssen, dürfte drei Mitarbeitern einer Radolfzeller Gerüstbaufirma zu verdanken sein, die den Brand meldeten und ihren eigenen Einsatz zu diesem Zeitpunkt schon hinter sich haben. Sie arbeiteten laut Marcel Immendorf gerade im Innenhof der Hausnummer 44, als sie ein auffälliges Piepen vernahmen.

„Ein Mitarbeiter schaute nach oben und sagte zu mir: Schau mal, da brennt‘s“, berichtet der 31-Jährige dem SÜDKURIER. „Wir sind dann erstmal rumgerannt und haben überall geklingelt, um herauszubekommen, welcher Eingang das eigentlich ist. Einer meiner Kollegen ist sogar über das Dach dahin geklettert.“

Marcel Immendorf alarmierte gemeinsam mit seinen Mitarbeitern die Hausbewohner, die von dem Feuer zum Teil noch gar nichts mitbekommen ...
Marcel Immendorf alarmierte gemeinsam mit seinen Mitarbeitern die Hausbewohner, die von dem Feuer zum Teil noch gar nichts mitbekommen hatten. | Bild: Immendorf

Schließlich fanden sie den richtigen Flur und alarmierten die Bewohner. „Ich habe bestimmt drei-, viermal gegen die Tür der Brandwohnung getreten“, berichtet Immendorf. Ein offenbar gerade erst aufgestandener Mann habe geöffnet, ein zweiter schlief noch in einem Bett. „Ich habe immer nur gerufen: Raus jetzt, raus, da brennt‘s! Alles war schon voller Rauch und Ruß.“

Wenig später ist ein Teil der Hussenstraße mit rot-weißem Flatterband abgesperrt, damit Passanten den Einsatz nicht stören und sich vor allem nicht selbst in Gefahr bringen. Denn es lässt sich nicht ausschließen, dass Teile aus der Brandwohnung nach unten stürzen.

Feuerwehreinsatz zwischen Blumenbällen. Durch die Deko-Elemente in der Hussenstraße ergibt sich ein skuriller Anblick.
Feuerwehreinsatz zwischen Blumenbällen. Durch die Deko-Elemente in der Hussenstraße ergibt sich ein skuriller Anblick. | Bild: Sven Frommhold

Männer mit Schutzmaske stürmen über die Treppen nach oben, um das Feuer zu löschen, erst ein Atemschutztrupp, dann ein zweiter. Vor dem Fenster wird für den Fall der Fälle der Korb der Drehleiter positioniert. Die Löschkräfte haben Erfolg. Trotzdem entscheidet sich die Truppe um Einsatzleiter Thilo Kreuzer dazu, die Drehleiter erneut auszufahren – diesmal noch etwas höher.

Die Drehleiter wird ausgefahren Video: Sven Frommhold

„Wir hatten auch Feuer in der Dämmung“, erklärt Kreuzer, „jetzt öffnen wir das Dach, um nachzuschauen, ob es sich über diesen Weg in Richtung Nachbargebäude ausbreitet.“ So kommt die Feuerwehr noch einigen Glutnestern auf die Spur und macht sie unschädlich.

Thilo Kreuzer leitet den Feuerwehreinsatz in der normalerweise von Passanten belebten Einkaufsstraße in der Altstadt. Die beobachten ...
Thilo Kreuzer leitet den Feuerwehreinsatz in der normalerweise von Passanten belebten Einkaufsstraße in der Altstadt. Die beobachten stattdessen hinter den rot-weißen Bändern das Geschehen. | Bild: Sven Frommhold

Diese Vorsicht ist in der Altstadt immer geboten, wie auch der Konstanzer Feuerwehrsprecher Felix Ritter weiß. „Heutzutage gibt es bei Neubauten ja genaue Festlegungen mit Abstandsregeln oder Brandschutzwänden“, sagt er. „Das war halt bei der Bauweise früher nicht so.“

Da stehen in der Innenstadt die historischen Häuser Wand an Wand und Dachstuhl an Dachstuhl. Zudem sei in vergangenen Zeiten viel mit Holz und leicht brennbaren Dämmstoffen gemacht worden. „Was heute zur Dämmung verbaut wird, ist alles schwer oder gar nicht entflammbar“, so Ritter.

Gebannte Blicke hinauf zur Brandwohnung. Das Löschwasser kam über die am Boden ausgerollten Schläuche von Hydranten in der Umgebung.
Gebannte Blicke hinauf zur Brandwohnung. Das Löschwasser kam über die am Boden ausgerollten Schläuche von Hydranten in der Umgebung. | Bild: Sven Frommhold

Im Erdgeschoss des Gebäudes in der Hussenstraße befindet sich ein Geschäft für Töpfe, Pfannen und Küchenzubehör, darüber weitere Wohnungen. Die Bewohner der Brandwohnung ganz oben und die des Stockwerks darunter können vorerst nicht zurück in ihre Räume.

„Die Feuerwehr hat Ersatzunterkünfte angefragt, die ihnen erst einmal zur Verfügung stehen“, sagt Felix Ritter. Man greife da zum Beispiel auf Hotels zurück.

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Entwarnung in Sachen Brandausbreitung gibt es am Mittag. „Aktuell sind die Löschmaßnahmen abgeschlossen“, verkündet der Feuerwehrsprecher. Jetzt werde gelüftet und aufgeräumt. Über die Brandursache könne man allerdings noch keine Auskunft geben. Die Ermittler der Polizei haben ihre Arbeit in der Wohnung aufgenommen, um den Grund für das Feuer zu finden.