Schon in der Vorgeschichte des künftigen Wohngebäudes spiegelt sich die Komplexität des Vorgangs: Bauen ist in Deutschland zur komplexen Wissenschaft geworden. Weder geht es schnell, noch ist es erschwinglich. Dabei ist der Bedarf an Wohnungen immens, gerade in Konstanz. Eine kleine, aber exemplarische Geschichte.

Sie beginnt im Jahr 2019. Da beginnen die Planungen für das Gebäude in der Leipziger Straße, der Bauantrag wird bei der Stadt eingereicht, wie Malte Heinrich, Referent der Geschäftsführung bei der Wobak, auf Nachfrage berichtet. Daraufhin bringen Anwohner Einwände vor, sie sorgen sich um den Schallschutz, weil der Erdwall hin zur Bahnlinie abgetragen werden muss bei den Bauarbeiten.

RP Freiburg prüft erneut

Somit muss das Regierungspräsidium (RP) Freiburg die Prüfung des Antrags vom Baurechtsamt Konstanz übernehmen. Das RP habe dann aber nicht nur die Aspekte geprüft, gegen die Einspruch erhoben wurden, sondern den gesamten Antrag. Die Behörde habe die Planung im Frühjahr 2022 genehmigt, zwei Jahre nach Einreichung des Antrags. Eine Umplanung habe die Wobak nicht vornehmen müssen – wohl aber ist sie mit deutlich höheren Baukosten konfrontiert als es zwei Jahre zuvor der Fall gewesen wäre.

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Erst dann habe die Wobak zügig weiterarbeiten können, schreibt Malte Heinrich. Sie kauft das Grundstück und es gelingt gerade noch, Fördergelder für das Projekt zu erhalten. Ab Dezember 2022 beginnt ein Generalunternehmer mit der Planung. Die Folgen für das konkrete Bauprojekt liegen auf der Hand: Wenn so viel Zeit für die Erteilung der Baugenehmigung verstreicht, wird das Bauen im Anschluss sehr viel teurer. Die Kosten für Material und Personal sind seit dem Beginn des Ukrainekriegs enorm angestiegen.

Wozu wird das Gebäude in der Leipziger Straße dienen? Das geplante Haus ist zur Unterbringung von Wohnungslosen gedacht. Es entspricht dem Auftrag der Wobak, möglichst breite Schichten der Bevölkerung mit Wohnraum zu versorgen. Deshalb liege der Schwerpunkt der Bautätigkeit auf dem geförderten Wohnungsbau, wie Malte Heinrich betont. Gleichzeitig habe sie den Auftrag, für spezielle Zielgruppen zu bauen, für Flüchtlinge, Senioren, Obdachlose. In der Leipziger Straße entsteht nun ein Gebäude, in dem in 16 Wohnungen etwa 20 Menschen wohnen können.

Visualisierung des Neubaus mit 16 Wohnungen in der Leipziger Straße in der Nähe zur Bahnstrecke.
Visualisierung des Neubaus mit 16 Wohnungen in der Leipziger Straße in der Nähe zur Bahnstrecke. | Bild: Wobak

Vorerst das letzte Projekt

Dieses Projekt in der Leipziger Straße in Konstanz wird wohl vorerst das Letzte bleiben, das fertig gestellt wird. Zu hoch sind die Bau- und Materialkosten und die Planungsverfahren dauern zu lang, darüber hatten Jens-Uwe Götsch, Geschäftsführer der Wobak, und andere Vertreter der Bauwirtschaft bereits im Sommer mit dem SÜDKURIER gesprochen. Die zu verlangenden Mieten wären bei solchen Baukosten zu hoch.

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Schon um die vier Prozent Zinsen zu erwirtschaften müsste man eine Monatsmiete von etwa 23 Euro pro Quadratmeter verlangen. Das wäre bei einer 75-Quadratmeter-Wohnung eine Kaltmiete von 1700 Euro im Monat, schreibt Malte Heinrich. Beim geförderten Wohnungsbau bliebe es bei 16 Euro pro Quadratmeter. Aber auch diesen Mietpreis könnte sich kaum eine Familie der Mittelschicht in Konstanz leisten. Das ist übrigens kein reines Konstanzer Phänomen: In ganz Deutschland agiert die Bauwirtschaft zurzeit nur noch sehr zaghaft.

Deshalb also vorerst keine neuen Bauprojekte. Geplant werde dennoch weiterhin. Die Wohnungsbaugesellschaft fertige Entwürfe an und bringe sie bis zur Baugenehmigung. Das Ziel ist es, „bei einer Verbesserung der Rahmenbedingungen sofort an den Start gehen zu können“, schreibt Heinrich. Bessere Rahmenbedingungen, das bedeutet: eine Absenkung des Zinsniveraus, das nur die EZB leisten könnte. Günstigere Baukosten wären ebenfalls eine Möglichkeit, sie bedeuteten, dass Standards bei Stellplätzen, Schallschutz und Energieeinsparung abgesenkt würden. Eine Erhöhung der Förderung für den geförderten Wohnungsbau könnte ebenfalls dazu verhelfen, dass die Wobak oder andere Träger ein neues Projekt umsetzen.