In der Stadt Konstanz wird Wohnraum dringend gebraucht, da sind sich alle einig. Doch wer ist im Moment in der Lage, diesen bereitzustellen? Die Wohnungsbaugesellschaft Wobak und andere Akteure der Bauwirtschaft winken im Moment ab – und nennen dafür handfeste Gründe.

  • Welche Bautätigkeit leistet die Wobak im Moment? Aktuell begleitet die Wobak noch zwei Bauprojekte, eines in der Brandenburger Straße, das zweite in der Leipziger Straße. In der Brandenburger Straße entstünden im Moment 48 geförderte Wohnungen. In der Leipziger Straße seien es 16 Wohneinheiten, „die dem Bereich Obdachlosenunterbringung zuzuordnen sind“, wie Jens-Uwe Götsch, Geschäftsführer der Wobak, mitteilt. Weitere Projekte aber seien nicht in Planung. Zum Vergleich: Noch im Jahr 2021 hat die Wobak 240 Wohneinheiten fertig gestellt.
  • Wie sieht es beim Spar- und Bauverein (SBK) aus? Bislang konnte sich die Bilanz sehen lassen: Um die 50 Wohnungen pro Jahr habe der SBK gekauft oder bauen lassen, um seine Mitglieder nach und nach mit Wohnraum zu versorgen. Jetzt aber ist die Bautätigkeit eingebrochen: 2022 wurden noch 40 Wohnungen im Taborweg fertiggestellt, dieses Jahr schafft der SBK neun Wohnungen in der Austraße. Weitere Projekte sind im Moment nicht geplant.
In der Austraße 56 hat der SBK 50 Wohnungen geschaffen. Im kommenden Jahr wird es kein Bauprojekt geben.
In der Austraße 56 hat der SBK 50 Wohnungen geschaffen. Im kommenden Jahr wird es kein Bauprojekt geben. | Bild: Hanser, Oliver
  • Was macht das Bauen im Moment so schwierig? Jens-Uwe Götsch von der Wobak nennt drei wesentliche Gründe: die Zinsentwicklung, der Wegfall von Fördergeldern und die eingeforderten Standards. Alle drei Faktoren verteuern das Bauen in einem Maß, das es im Moment so gut wie unmöglich macht.
  • Die Zinsentwicklung: Gegen die Zinserhöhung sei man machtlos, erläutert Götsch, sie ist gleichzeitig das größte Hemmnis für weitere Bauprojekte. Durch die Verteuerung der Finanzierung erhöhen sich die Baukosten überproportional. Ein rentables Bauen, bei dem man zusätzlich versuche, die Mieten in einer bezahlbaren Bereich zu halten, sei so nicht möglich. „Im Moment erhöht die EZB noch, wie es nach Jahresende weitergeht, werden wir sehen“, sagt Götsch.
    „Der Zinssatz stand noch 2021 bei 0,86 Prozent, jetzt bei vier Prozent“, ergänzt sein Kollege Ralph Buser, Geschäftsführer des Spar- und Bauvereins. Man müsse somit schon mit 15 Euro pro Quadratmeter Miete rechnen, „allein, um den Zinsanteil zu finanzieren. Irgendwo bei 20 Euro pro Quadratmeter wäre der Wohnungsneubau erst rentabel.“ Das alles aber sind Summen, die die meisten Menschen auf Wohnungssuche in Konstanz nicht finanzieren können.
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  • Fehlende Fördergelder: Mit Fördergeldern wäre ein Bauprojekt für die Wobak eventuell trotzdem noch denkbar. Doch die Gelder aus dem Fördertöpfen gibt es so gut wie nicht mehr. „Die KfW-55-Förderung ist seit 2022 abgeschafft und die Förderung für den KfW-40-Standard gab es etwa drei Stunden lang, dann war der Topf leer“, erläutert Götsch die aktuelle Lage. Für ihn wäre ein Eingreifen der Politik genau an diesem Punkt notwendig; denn nur so bekunde diese den Willen, dass in Deutschland weiterhin bezahlbar gebaut werde.
  • Die hohen Standards: Die dritte Hürde stellten die Anforderungen dar, die ans Bauen gestellt werden. Ob Schallschutz, Dämmstärke oder die Zahl der Autostellplätze – all diese Vorschriften trieben die Baukosten enorm in die Höhe. So seien die Anforderungen an den Schallschutz doppelt so hoch wie in den Nachbarländern. Autostellplätze müssten pauschal nachgewiesen werden, unabhängig von der künftigen Nutzung des Wohngebäudes. „Bisher hat die Bauwirtschaft die Standards alle erfüllt, aber inzwischen hören wir rundum, dass alle ihre Bautätigkeit einstellen“, erläutert Götsch.
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  • Schon der Grundstückerwerb belastet den Bau: In der aktuellen Situation sei jeder Bauträger froh, wenn er auf einem Grundstück bauen kann, das ihm selbst gehört. Darauf verweist Ralph Buser, Chef des Spar- und Bauvereins. In Wollmatingen konnte der SBK noch auf ein eigenes Grundstück zurückgreifen und habe dort 30 Wohnungen gebaut. Der Bau sei teuer gewesen, 200.000 Euro habe er aus den Rücklagen nehmen müssen.
    Im Jahr 2023, ohne weitere eigene Grundstücke und ohne Fördergelder, sei dieses Vorgehen nicht mehr denkbar. Allein der Kauf des Grundstücks belaste die spätere Miete mit etwa fünf Euro. „Kostendeckend wäre erst eine Miete von 20 bis 30 Euro“, sagt er – doch ein solcher Mietpreis ist nicht zumutbar. Buser wird daher ebenso wie Götsch abwarten, bis neue Projekte in Angriff genommen werden, „also bis sich die Rahmenbedingungen wieder ändern.“
  • Wie stark beeinflusst die schwierige Lage große Bauträger? Die Rahmenbedingungen seien im Moment düster, bestätigt auch Karlheinz Bayer, Geschäftsführer bei I+R Wohnbau, einem Bauunternehmen aus dem Vorarlberg, das auch in Konstanz tätig ist. „Die Zinsanhebung war das Fallbeil, das jede weitere Bautätigkeit stark erschwert“, sagt er. Zuvor seien durch die Pandemie und die damit verbundenen Lieferengpässe und den Ukraine-Krieg die Baukosten enorm angestiegen.
    Doch die Kostensteigerungen seien im Vergleich zum Zinsanstieg noch verkraftbar gewesen. Der Verkauf von Immobilien ist auch bei I+R massiv eingebrochen, „bis ins untere Drittel“. Wie reagiert das Unternehmen darauf? „Wir versuchen mit allen Anstrengungen, dieses Volumen abzuschöpfen und damit Projekte anzustoßen.“ Das heißt: Ein Unternehmen wie I+R kann weiter bauen, aber nur in eingeschränktem Ausmaß.
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  • Was könnte die Situation so verbessern, dass ein Bauen wieder (besser) möglich ist? Für den Geschäftsführer von I+R stehen zwei Faktoren im Vordergrund: Die vor allem in Deutschland sehr langwierigen Planungsverfahren belasteten die Unternehmen unnötig, da in der langen Planungsphase „die Zinsuhr tickt“. „An dieser Stelle sind alle gefordert, Unternehmen, die Bundesregierung, Kommunen: Wir müssen die Projekte zügig betreiben, das betrifft auch die Kommunen. Sonst kann das keiner mehr bezahlen.“
    Genauso hilfreich seien zielgerichtete Fördermittel, die dringend gebraucht würden. Diese müsse es in Zukunft aber auch für den frei finanzierten Wohnbau geben. Auch Wobak-Chef Jens-Uwe Götsch nennt die stattlichen Fördermittel als zentralen Hebel, um die Bautätigkeit überhaupt wieder in Gang zu bringen. Zweitens wären Kredite ohne Zinsbelastung etwa für städtische Wohnbaugesellschaften eine Unterstützung, die einer Förderung gleichkämen.
  • Welche Folgen hat das Einfrieren der Bautätigkeit? „Die Mieten werden massiv steigen, wenn wir es zulassen“, sagt Ralf Buser voraus und appelliert damit an die Politik, auf die Rahmenbedingungen einzuwirken. Auch Karlheinz Bayer von I+R ist sich sicher, dass der Druck auf den Mietmarkt weiter steigen wird.
    Einig sind sich alle, dass der Bedarf an Wohnungen in Konstanz und Umgebung hoch bleiben wird, schon aufgrund des Zuzugs, des Personalmangels und, weil weiterhin Flüchtlinge unterzubringen sind. „Es ist allerdings unsere Aufgabe, bei unseren geförderten Wohnungen das Mietniveau stabil zu halten“, sagt Jens-Uwe Götsch.