„Wir suchen eine Wohnung“ – Mit diesem Plakat sucht Studentin Laura zusammen mit ihrer Katze Mia eine bezahlbare Unterkunft in Konstanz. Maximal 550 Euro will die junge Frau für zwei Zimmer in Innenstadtlage ausgeben. Angebote werden über eine Mailadresse angenommen. „Ewiger Dank ist dir sicher“, schließt das Plakat ab. Das mit dem „ewigen Dank“ ist so nicht ganz richtig. Denn Laura gibt es nicht. Die Plakate mit dem Wohnungsgesuch sind nicht echt.

„Dachte ich es mir doch“, sagt der Student Oliver Leyds. Auch ihm sind die Plakate auf den Litfaßsäulen aufgefallen und hat sich schon über die ungewöhnliche Wohnungssuche gewundert. Auch seine Freunde Martin Neuendorf und Sophia Wiest schütteln den Kopf. „Welcher Student hätte sich so eine Suche leisten können“, sagt Sophia Wiest.

Die Studenten Martin Neuendorfer und Oliver Leyds schauen sich an der Universität Konstanz die Wohnungsanzeigen an. Sie hatten Glück und ...
Die Studenten Martin Neuendorfer und Oliver Leyds schauen sich an der Universität Konstanz die Wohnungsanzeigen an. Sie hatten Glück und haben relativ schnell bezahlbare WG-Zimmer gefunden. | Bild: Steinert, Kerstin

Die vermeintliche Studentin, welche zusammen mit der mehrfarbigen Katze in die Kamera lächelt, ist eine Werbefigur für ein Online-Portal für Wohnungsannoncen. „Ja, die Plakate stammen von Immoscout24“, schreibt Johanna Fitschen, Pressesprecherin des Portals aus SÜDKURIER-Anfrage.

Nun seien die Plakate, die es in anderen Studentenstädten wie Berlin, Regensburg, Würzburg, Heidelberg, Mannheim und Karlsruhe aufgehängt wurden, mit einem neuen überklebt worden, die die Suche aufklären. Inzwischen prangt über dem angeblichen Gesuch: „Good News. Die beiden haben eine Wohnung gefunden.“

Das ungewöhnliche Wohnungsgesuch ist überklebt worden. Es war kein echtes Gesuch, sondern eine geschickte Werbeaktion eines ...
Das ungewöhnliche Wohnungsgesuch ist überklebt worden. Es war kein echtes Gesuch, sondern eine geschickte Werbeaktion eines Immobilienportals. | Bild: Steinert, Kerstin

Sind das wirklich gute Nachrichten? Denn tatsächlich suchen jedes Jahr zum Start des Wintersemesters tausende Studierende in und um Konstanz eine bezahlbare Wohnung. Auf jedes Inserat – ob nun WG-Zimmer, Ein- oder Mehrzimmerwohnung – bewerben sich hunderte Wohnungssuchende. Manchmal ziehen Studentinnen und Studenten auch zur Zwischenmiete in Ferienwohnungen.

Über 1300 Menschen beginnen ihr Studium in Konstanz

Der Andrang ist immer groß – fast kann mal alle Jahre wieder sagen. Denn allein 700 Erstsemester haben sich an der Konstanzer Hochschule für Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG) zum Wintersemester eingeschrieben. „Bitte beachten Sie, dass der Einschreibeprozess sowie das Nachrückverfahren noch nicht abgeschlossen sind“, schreibt Janna Heine, Pressesprecherin der Hochschule auf SÜDKURIER-Nachfrage. Es werden daher vielleicht noch mehr. Doch im Schnitt studieren 4500 Menschen an der HTWG.

An der Universität sind nochmal einige mehr. Fast 11.000 Studenten sind hier eingeschrieben – die Uni rechnet für das kommende Wintersemester mit fast 2000 Erstsemester. Ein Großteil dieser Studierenden sucht eine Wohnung, weil sie aus einer anderen Stadt an den Bodensee ziehen.

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Etwas Abhilfe kann das Studierendenwerk Seezeit bieten. In 13 Wohnheimen in Konstanz stehen den Studenten 2362 Plätze in Wohngemeinschaften und Wohnungen zur Verfügung. Aber: Die Plätze sind meist schnell weg. „Viele angehende Studierende bewerben sich für das Wintersemester bereits vorsichtshalber im Juli um einen Wohnheimplatz“, schreibt Corinna Voigt, Pressesprecherin des Studierendenwerks Seezeit.

Seezeit-Sprecherin: „Wir mussten 710 Studierenden absagen“

Deshalb nehme die Zahl der tatsächlich interessierten Bewerber ab Ende August bis zum Semesterstart erfahrungsgemäß deutlich ab. „Aktuell nimmt bei WG-Zimmern nur jeder fünfte oder sechste Studierende ein Zimmerangebot an; bei Appartements ist es im Durchschnitt jeder zweite“, erklärt Voigt.

Im Laufe des Oktobers würden erfahrungsgemäß noch mal zwischen 30 und 50 Plätze kurzfristig wieder frei. Es gibt also Hoffnung, dass Wohnungssuchende noch kurzfristig einen Wohnheimplatz ergattern können. Und trotzdem gehen einige Bewerber leer aus. „Im Wintersemester 2022/23 mussten wir in Konstanz 710 Studierenden absagen“, schreibt Voigt weiter

An der Universität Konstanz hängen sowohl Wohnungsanzeigen als auch -gesuche aus.
An der Universität Konstanz hängen sowohl Wohnungsanzeigen als auch -gesuche aus. | Bild: Steinert, Kerstin

Zum Glück werden viele dieser Suchenden auf dem privaten Wohnungsmarkt fündig. So ging es zum Beispiel den drei Studenten Martin Neuendorf, Oliver Leyds und Sophia Wiest. „Ich habe etwa zwei bis drei Wohnungen besichtigt, dann hat es bei einer privaten WG über Kontakte geklappt“, sagt Student Leyds. Dass der Markt um WG-Zimmer hart umkämpft ist, davon berichtet Sophie Wiest. „In unserer Nachbar-WG ist gerade ein Zimmer frei. Innerhalb von einer Stunde hatten sie 45 Bewerbungen erhalten“, erzählt sie.

Abzocke! Bei Vorauszahlungen sollte man stutzig werden

Auf dem privaten Immobilienmarkt ist aber auch erhöhte Vorsicht geboten. Immer wieder gibt es unseriöse Angebote. Angebliche Vermieter nutzen die Wohnungsnot der Menschen aus. Zuletzt ist ein 28-jähriger Mann auf ein Inserat reingefallen: Angeboten wurde ihm eine Zwei-Zimmer-Wohnung in der Konstanzer Altstadt für eine Miete in Höhe von rund 600 Euro. 

Doch die Vermieterin weilte angeblich in Spanien. Gegen eine Kaution von 1000 Euro würde sie den Wohnungsschlüssel schicken. Der 28-Jährige ging darauf ein. Die Schlüssel zum Wohnungsschnäppchen hat er nie erhalten. Die Polizei rät daher: Nie in Vorkasse gehen, bevor man die Wohnung gesehen hat.

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Bei der Seezeit gibt es auch eine Wohnraumbörse für private Vermieter und Suchende. Können sich da unseriöse Angebote einschleichen? „Wir prüfen die Inserate in unserer Privatzimmerbörse regelmäßig und achten darauf, dass die Mietpreise sich im Rahmen des Mietspiegels bewegen“, sagt Voigt.

Die Wohnungsnot (nicht nur unter Studenten) ist und bleibt ein Problem. Dessen ist sich auch das Online-Portal Immoscout24 bewusst. Ist diese Plakat-Aktion daher auch ein Versuch auf die Misere aufmerksam zu machen? Ja, sagt Sprecherin Johanna Fitsche: „Wir haben diese Form der Wohnungssuche auf Plakatgröße gebracht, um auf die angespannte Lage am deutschen Mietmarkt aufmerksam zu machen.“ Wie finden nun aber die Betroffenen diese Aktion: Martin Neuendorfer, Oliver Leyds und Sophia Wiest schauen sich an. „Es ist schon irgendwie komisch“, sagt Leyds und meint damit, dass die Plakat-Aktion nicht wirklich Bewegung in den Wohnungsmarkt bringt.