Sie lachen. Die Laune von Peter und Annette Säuberlich ist hervorragend, denn heute fängt ihr Urlaub an. Eine Woche Konstanz. „Einmal im Jahr muss es der Bodensee sein“, sagt Annette Säuberlich. Ihr Mann nickt eifrig und strahlt. Sie stehen im Wohn- und zugleich Arbeitszimmer von Antje Böhme. Das ist kein Zufall. Denn sie überreicht dem Paar gerade die Schlüssel für ihre Ferienwohnung.

Seit zehn Jahren vermietet Böhme an Urlauber zwei Wohnungen. Im Erdgeschoss des Hauses in Petershausen-Ost wohnt sie selbst mit ihrer Familie. „Ich mach das richtig gerne“, sagt Böhme. Dauerhafte Mieter hat sie nie. „Ich möchte lieber an Feriengäste vermieten. Die haben immer so gute Laune“, erklärt sie – und steht zu ihrer Entscheidung. Sie gesteht aber auch ein: „Man verdient mehr als wenn man an feste Mieter vermietet.“
Weil die Familie Böhme schon seit so langer Zeit an Touristen vermietet, stehen ihre Ferienwohnungen unter Bestandsschutz. Die Wohnungen wurden bereits in den 1990er-Jahren gebaut und waren nie auf dem freien Markt verfügbar.
So wie Böhme machen das in Konstanz einige Eigentümer. Wohnungen, ganze Häuser und einzelne Zimmer werden als Ferienunterkünfte angeboten. Dieser Wohnraum kommt deshalb gar nicht auf den Wohnungsmarkt in Konstanz an. Fehlen diese Unterkünfte? Könnten sie den Markt entspannen? Um wie viele Unterkünfte handelt es sich überhaupt?
344 Ferienwohnungen gibt es offiziell
Offiziell sind bei der Stadt Konstanz 344 private Ferienunterkünfte (Stand Juli 2023) angemeldet. Zwei von diesen Wohnungen, die eine Registrierungsnummer von der Stadt erhalten haben, sind die von Antje Böhme. „Nur 344? Das erscheint mir wenig“, sagt Böhme. Allein in ihrer direkten Nachbarschaft fallen ihr drei Familien ein, die ebenfalls Ferienwohnungen anbieten.
Es sind tatsächlich nur 344 Ferienwohnungen in ganz Konstanz (256 im Stadtgebiet) inklusive der Vororte Litzelstetten (19), Dingelsdorf (35) und Dettingen-Wallhausen (34). Auch für Winfried Kropp, Pressesprecher des Deutschen Mieterbund Bodensee (DMB), scheint diese offizielle Zahl eher ein Schätzwert. „Es gibt eine erhebliche Dunkelziffer“, sagt er. Aber auch der DMB weiß nur von rund 330 Ferienwohnungen in der Stadt. „Es werden viele Wohnungen und Zimmer über die einschlägigen Vermietungsportale wie Airbnb angeboten“, ergänzt Kropp.
Schaut man sich die Vermietungsprotale wie Airbnb, Hometotgo oder Booking.com an, wird schnell klar: Zeitweise werden auf den Portalen bis zu 1000 Unterkünfte angeboten. Es müsste also eine hohe Dunkelziffer an vermieteten Ferienwohnungen und -Zimmer geben. Der SÜDKURIER startet eine Anfrage bei Airbnb: Wie viele Ferienwohnungen sind für Konstanz auf der Plattform angemeldet? Die Antwort fällt enttäuschend aus. „Wir können aktuell keine lokalen Daten zur Veröffentlichung herunterbrechen“, schreibt Katharina Kittler, Pressesprecherin bei Airbnb.

Die Informationen von Airbnb fallen also mager aus. Überraschend ist das für Kropp nicht. Bekannt ist dem DMB, dass 180 Wohnungen bei dem Online-Portal gelistet sind, die nun nachträglich von der Stadt eine Registrierungsnummer erhalten haben. Einige Anträge seien seines Wissens nach noch in Bearbeitung. „Wir gehen davon aus, dass weit mehr als die bislang registrierten 180 Wohnungen und Zimmer angeboten werden“, sagt Kropp.
Deutlich mehr Angebote auf den Plattformen
Dass es wirklich einen florierenden Schwarzmarkt geben muss, zeigt eine SÜDKURIER-Anfrage bei der Plattform Hometogo. Diese gibt nämlich eine ungefähre Zahl an. „Auf www.hometogo.de finden sie in Konstanz circa 640 verfügbare Angebote“, antwortet Jonas Upmann, Pressesprecher das Online-Vermietungsprotal.

Weniger schwer ist es eine Aussage über den Wohnungsmarkt in Konstanz zu treffen. Denn dieser ist sehr angespannt. Die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnung in der Stadt ist sehr hoch und besteht schon seit vielen Jahren. Die Aussichten, dass sich das Problem kurzfristig lösen lässt, stehen eher schlecht.
Befeuert das Angebot an Ferienwohnungen dieses Problem zusätzlich? „Ja, wenn aus Mietwohnungen in verstärktem Umfang Ferienwohnungen oder Airbnb-Wohnungen werden, führt dies dazu, dass Touristinnen und Touristen Mieterhaushalte verdrängen“, sagt Kropp. Vor allem Wohnungen, die zum Beispiel in der Altstadt oder in Seenähe seien, fehlten dann auf dem Mietmarkt. Denn diese beliebten Lagen seien auch für Touristen attraktiv.
Natürlich sei auch klar, dass Tourismus am Bodensee ein wichtiger und nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor sei. „Zum touristischen Angebot gehören Ferienwohnungen dazu. Eine lebendige und damit auch für den Tourismus attraktive Innenstadt benötigt aber eine gute Mischung zwischen Wohnen, Handel und Gastronomie. Einkaufs- und Fressmeilen, in denen niemand wohnt, sind nach Geschäftsschluss unattraktiv. Zu Recht“, sagt Kropp. Dass dort Ferienwohnungen angeboten werden, sei demnach nachvollziehbar. Dennoch sei es wichtig, dass „sensible Innenstadtlagen und Wohngebiete vor Verdrängungseffekten“ geschützt werden.
Es gibt eine Auskunftspflicht
Eigentlich gibt es eine Art Schutz. Plattformen wie Airbnb, Booking.com und Hometogo sind aufgrund eines Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) im April 2022 verpflichtet, Kommunen Auskunft über die privaten Anbieter zu geben. Zusätzlich gibt es eine städtische Satzung, die Wohnraum vor einer Zweckentfremdung schützen soll, und Plattformen verpflichtet, Auskunft über Inserenten zu erteilen. „Doch dieser Plicht kommen die Plattformen nur unzureichend nach“, bemängelt Kropp und fügt hinzu, dass Plattformen wie Airbnb neben der Mieterverdrängung auch Steuerhinterziehung fördere.
Und was macht die Stadt Konstanz? Fordert diese ihr Recht ein? Ja, das tut sie. Sie hat bei Booking.com nach den Anbietern gefragt, teilt die Verwaltung auf Nachfrage mit. Allerdings hat die Plattform es abgelehnt, die Daten herauszugeben. Das letzte Wort ist für die Stadt hier aber noch nicht gesprochen.