Ihr Name sei Sabine. Die junge Frau hat Glück, richtig viel Glück! Erstens verfügt sie über eine Zweizimmerwohnung in Konstanz, zweitens hat sie mit Thomas den Mann ihres Lebens kennengelernt und weil der das auch so sieht, sind sie drittens zusammengezogen – und zwar in die Vierzimmerwohnung von ihm!
Und das Glück hat noch kein Ende. Denn Sabine und Thomas sind nicht von Dummbach, sondern nutzen die seither leer stehende Zweizimmerwohnung über ein Online-Portal zur Kurzzeitvermietung. So ungefähr kann man sich nach Angaben des Mieterbunds Bodensee/Konstanz vorstellen, was es mit der Zweckentfremdung von Wohnraum auf sich hat.
Der Mieterbund Bodensee/Konstanz veranschlagt die Zahl der derart umgenutzten Wohnungen in Konstanz auf etwa 200, wobei weder der Vorsitzende Herbert Weber noch der Pressesprecher Winfried Kropp prinzipielle Einwände gegen Beherbergungsvielfalt oder touristische Nutzungen haben. Nur müsste das dann auch entsprechend deklariert und versteuert werden. Ob sich daran aber Sabine und Thomas in ihrem Glück halten, kann bezweifelt werden.

Vor allem aber stören sich die beiden Vertreter des Mieterbunds an den Folgen für die Mieten. Die Zweckentfremdung stellt ein Modul der Preistreiberei dar, wobei es Konstanz bundesweit unter die traurigen Top-Ten geschafft hat.
Das Ranking ist dabei nicht nach Größe der Städte geordnet: Mit einer Durchschnittsmiete von 10,33 Euro pro Quadratmeter konkurriert Konstanz also mit Großstädten wie München, Hamburg oder Frankfurt. Einen Eindruck von der rasanten Mietpreisentwicklung in Konstanz bekommt man auch beim Vergleich mit der Platzierung im Vorjahr: 2019 lag Konstanz noch auf Platz 14, belegt jetzt den neunten Platz und hat also binnen eines Jahres in der Bundesliga fünf Plätze „gut“ gemacht.
Am Ende hilft nur eins: Bauen, bauen, bauen...
Dagegen hilft nach Einschätzung der beiden Sprecher des Mieterbunds letztlich nur der Neubau von Wohnungen – mit starker Gewichtung auf dem sozialen Wohnungsbau. Für die beiden Sprecher des Mieterbunds verfügt die Stadt Konstanz durchaus über Potenziale. Herbert Weber und Winfried Kropp fordern insbesondere Tempo bei der Bebauung der Jungerhalde/West, der Christiani-Wiesen und dem Döbele-Areal.
Obwohl damit die Zweckentfremdung von Wohnungen durch ein Vielfaches kompensiert werden kann, wirkt sich die Wohnraum-Umnutzung (ebenso wie der Trend der Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen) aktuell aber als extremer Verstärker bei der Mietpreisentwicklung aus. Immerhin verfügt die Stadt Konstanz seit Februar aufgrund eines Landtagsbeschlusses über ein Instrument, wie sie in schärferer Form gegen die Zweckentfremdung von Wohnungen vorgehen kann.
Bislang beispielsweise hatten die Kommunen bei den besagten online-Portalen noch nicht einmal das Recht auf Auskunft, wie viele Wohnungen auf diese Weise vermietet werden. „Gerade in der Altstadt und in der Niederburg, aber auch am Seerhein verdrängen online-Portale spürbar Mieter und das trägt zu steigenden Wohnungsmieten bei“, sagt Herbert Weber.

Doch auch die bisher vergleichsweise moderate Gesetzgebung hat nach Angaben der Stadtverwaltung Wirkung gezeigt. Die im März 2015 in Konstanz beschlossene Satzung hat demnach allein durch ihre Existenz zur Eindämmung der Unsitte beigetragen, außerdem wurden zahlreiche Verfahren eröffnet.
In den meisten Fällen handelte es sich um leerstehende Wohnräume und bisher konnten bei der lokalen Umsetzung des Gesetzes rund 100 Wohneinheiten für den Markt aktiviert werden. Die Anpassung an die jetzt durch den Landtag verschärfte Variante ist laut Pressesprecher Walter Rügert in Arbeit und wird dem Gemeinderat demnächst zur Beschlussfassung vorgelegt.
Bußgeld von bis zu 100.000 Euro
Mit dem neuen Landesgesetz kann die Stadt zum Beispiel den Kurzzeit-Vermietern die Pflicht zur Registrierung auferlegen. Wird dabei gegen die zulässige Begrenzung der Untervermietung von bislang maximal sechs Wochen verstoßen, sind ab sofort höhere Bußgelder erlaubt.
So konnte bislang bei Missachtung der Auskunfts-, Registrierungs- und Anzeigepflichten bis zu 50.000 Euro erhoben werden, künftig kann dieser Betrag auf bis zu 100.000 Euro steigen – und bei diesen Summen könnte sich selbst das große Glück einer Sabine und ihres Thomas in Luft auflösen.