Der Landkreis Konstanz gleicht am Samstag einer Insel. Die aktuelle Zahl der Neuinfektionen weist hier eine Inzidenz von 63,2 aus, in den angrenzenden Landkreisen liegt sie um etwa das Zwei- bis Dreifache darüber und der ebenfalls im Einzugsbereich liegende Zollernalb-Kreis ist mit einem Wert von 247,7 sogar dunkelrot gefärbt. Die Lage in der Schweiz lässt sich wegen der unterschiedlichen Berechnungen nur schwer einschätzen, aber auch hier dürfte das Infektionsgeschehen deutlich über dem des Landkreises Konstanz liegen.
Landkreis-Hopping bleibt aus
Doch der Ansturm bleibt trotz des schönen Wetters aus. Die Bedingungen fürs Shoppen, für den Café-Besuch mit Sitzgelegenheit im Freien oder auch nur fürs Bummeln am Seeufer sind bis in die Nachmittagsstunden gut, das befürchtete Landkreis-Hopping aber bleibt aus. Indiz dafür ist die Verkehrssituation. Auf der B33 kommen die Autofahrer trotz Baustelle zügiger voran als an einem gewöhnlichen Werktag und um 13.50 Uhr sind auf dem innerstädtischen Sankt-Stephansplatz in Konstanz etliche Parkplätze frei – in Zeiten vor Corona kaum vorstellbar.
Wie sehr die Pandemie das Verhalten der Menschen trotz gelockerter Notbremse beeinflusst, zeigt der zweite Blick in die Konstanzer Einkaufsstraßen. Die Belebung ist kein Vergleich zur Tristesse der vergangenen Wochen und Monate, aber die AHA-Regeln werden beachtet. An manchen Geschäften wird geduldig gewartet, beim Blick ins Innere bleibt die Zahl der Kunden überschaubar.
Besonders eindrücklich zeigt sich die Vorsicht in der Gastronomie. Die Konstanzer Markstätte ist fast so belebt wie früher, aber selbst im Außenbereich bleiben die meisten Plätze frei. Selbst auf der Terrasse des Konzils, von wo aus sich der See, die Sonne und die Alpensicht genießen lassen, gibt es Tische ohne Gäste. Dazu mag die Pflicht zum Nachweis eines Negativtests beitragen, eine wirkliche Hürde aber stellt dies nicht dar. Bis zu den Teststationen sind es meist nur ein paar Schritte.
Ähnliches Bild in Singen
Ortswechsel, zwei Stunden zuvor. Ein halbes Jahr nach dem Corona-bedingten Fehlstart für das neue Einkaufszentrum Cano gleicht die Situation in Singen jener in der Nachbarstadt. Die meisten Passanten sind in der August-Ruf-Straße unterwegs, und äußerlich ähnelt das Bild jenem unbeschwerten Leben in der Zeit vor der Pandemie. Dem aber ist nicht so, was der Blick in die Geschäfte und die gastronomischen Betriebe verdeutlicht. Es ist reichlich Platz, das Personal eines sonst um diese Zeit voll besetzten Restaurants mit Außenbetrieb nutzt die Zeit zur Reinigung von Tischen und Stühlen.

Die Freude über die neue Freizügigkeit ist dabei mit Händen greifbar, die Vorsicht aber überwiegt. Das zeigt sich an der Zahl der Teststationen und der sich davor bildenden Warteschlangen, dem Einsatz von Security-Kräften und nicht zuletzt daran, dass viele Menschen selbst an der frischen Luft eine Maske tragen. Zur Erinnerung: Vor gut einem Jahr herrschte selbst unter Medizinern noch Unsicherheit, ob Masken als Infektionsprävention sinnvoll sind.
Überschaubarer Kundenfrequenz in Radolfzell
Indizien für das befürchtete Landkreis-Hopping gibt es am Samstag allenfalls in Radolfzell. Das Seemaxx hat sich als Outlet-Center mit überregionalem Bekanntheitsgrad etabliert und der Blick auf die Autokennzeichen zeigt, dass der erste Samstag nach der Notbremse-Lockerung die Kunden mobil macht. Sieben Buchten weist der Seemaxx-Parkplatz an seiner westlichen Seite aus, und in der zweiten Parkbucht sind 14 der 15 Plätze belegt. Drei der Autos haben Konstanzer Kennzeichen, der Rest der Fahrzeuge hat Nummernschilder aus anderen Landkreisen.
Nur die Enten kommen sich zu nahe...
Doch der Schein trügt. Von den insgesamt zur Verfügung stehenden Parkplätzen ist um die Mittagszeit allenfalls ein Fünftel belegt, auch auf dem Markt in der Innenstadt kann vom früher hier herrschenden Gedränge keine Rede sein. Und wenn sich an der Promenade am Seeufer jemand zu nahe kommt, dann sind es allenfalls die Enten. Damit bleibt der Landkreis Konstanz am Wochenende dem Augenschein nach, was er ist: eine Insel.