Die Preise für die Gerichte auf der Speisekarte werden teurer, der Gast ist deshalb nicht zufriedener. An manch einem Restauranttisch wartet er länger als gewünscht auf sein Essen. Personalmangel ist bei Konstanzer Gastronomien längst Alltag, hinzu kommen gestiegene Betriebskosten und hohe Pachtbeträge. Können die Restaurantbetreiber das durchhalten? Welche Gaststätten werden mit dieser Herausforderung umgehen können und welche nicht?

Trotz Personalmangel: „Ich habe mich entschieden, nicht mehr auszubilden“

Heinz-Josef Diestel ist desillusioniert. Er betreibt das Staader Fährhaus am Fährehafen und richtet sein Leben danach aus. Ob er zwei, sechs oder elf Stunden in der Küche steht, ist ihm egal – Hauptsache, das Ergebnis stimmt. Gute Küche, gutes Essen aus regionalen Zutaten ist für ihn der Anspruch, an dem er sich messen lassen will.

Nur teilen diese Einstellung nicht mehr alle und das hat Diestel zum Einzelkämpfer gemacht. Manchen Mitarbeitern, vor allem aber Auszubildenden sind andere Dinge wichtiger: Die Freizeit, die Party, die Work-Life-Balance. „Wir machen hier alles selbst, das ist viel Arbeit – aber vielleicht ist das ja das Problem.“ Diestel zieht daraus die Konsequenz. „Ich habe mich entschieden, nicht mehr auszubilden – wir bekommen die Leistung nicht mehr.“

Heinz-Josef Diestel und sein Mitarbeiter Manuel Ramisch in der Küche des Staader Fährhauses in Konstanz. Sorgfältig zubereitete Speisen ...
Heinz-Josef Diestel und sein Mitarbeiter Manuel Ramisch in der Küche des Staader Fährhauses in Konstanz. Sorgfältig zubereitete Speisen stehen hier im Vordergrund. | Bild: Wagner, Claudia

Das größte Problem der Gastronomie sieht er im Personalmangel. „Einen Gelernten bekommt man kaum noch“, sagt er. Die stete Suche nach Personal in Service und Küche zermürbe viele Gastronomen – und irgendwann geben sie auf. Oder fassen wie er den Entschluss, allein oder mit wenig Hilfe klar zu kommen. Was nicht folgenlos bleibt: Da auch Diestel nicht alles allein machen kann, hat er nur noch an dreieinhalb Tagen geöffnet: von Freitag bis Dienstagmittag.

Diestel sieht grundsätzliche Probleme. „Alle sprechen von Nachhaltigkeit, doch wenn es ans Essen geht, sagen viele: Ich hole mir schnell eine Pizza“. Er glaubt, dass die Gastronomie-Branche das nur zum Teil verkraften werde: Die besten Chancen räumt er dennoch den günstig anbietenden Pizzerien ein – und den Vertriebsketten, ob sie nun Burger, Pasta oder Pizza anbieten.

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Hotel- und Gaststättenverband blickt mit Sorge auf 19 Prozent Mehrwertsteuer

Einige der von Diestel angesprochenen Probleme sieht auch der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) als besorgniserregend an. Die größte Sorge bereite die drohende Anhebung der Mehrwertsteuer auf Speisen von im Moment sieben auf 19 Prozent zum Jahreswechsel, schreibt Ines Kleiner, Geschäftsführerin des Dehoga Baden-Württemberg.

Da die Ertragslage so schwierig sei, wäre eine solche massive Steuererhöhung für viele Betriebe fatal. Hinzu komme der Mitarbeitermangel, der die Branche belaste sowie der Kostendruck. Die Inflation habe Auswirkungen auf das Konsumverhalten der Bürger: Sie gehen seltener auswärts zum Essen.

Sieht man jetzt öfter: Restaurants und Biergärten bewerben nicht nur ihre Speisen, sondern suchen mit solchen Aufstellern offensiv nach ...
Sieht man jetzt öfter: Restaurants und Biergärten bewerben nicht nur ihre Speisen, sondern suchen mit solchen Aufstellern offensiv nach Personal. | Bild: Wagner, Claudia

Wer bessere, wer schlechtere Chancen habe, die wirtschaftlichen Belastungen zu überstehen, darauf wagt Ines Kleiner keine Antwort. Individuelle Faktoren spielten dabei eine Rolle, zum Beispiel die jeweilige Lage, die finanziellen Reserven des Inhabers, die Fixkosten. Eindeutig ist allenfalls, dass das klassische Gasthaus stärker betroffen ist als der Lieferservice, da diesem die Sieben-Prozent-Mehrwertsteuer über den Jahreswechsel hinaus erhalten bleibt.

Die Kostensituation schätzt auch Manfred Hölzl, der als jahrelanger Betreiber des Konzils einen Überblick über die Branche hat, als prekär ein. „Von den sieben Prozent Inflation kommen wir nicht herunter“ sagt er. Für die Branche am See ist es aus seiner Sicht entscheidend, ob der abgesenkte Mehrwertsteuersatz bleibt.

Manfred Hölzl erklärt: „Die Kosten an den Kunden weiterzugeben, ist kaum noch möglich, das sagen mir alle.“
Manfred Hölzl erklärt: „Die Kosten an den Kunden weiterzugeben, ist kaum noch möglich, das sagen mir alle.“ | Bild: Hanser, Oliver | SK-Archiv

„Die Kosten an den Kunden weiterzugeben, ist kaum noch möglich, das sagen mir alle“, erläutert er. Der Restaurantgast könne sich noch höhere Preise nicht leisten. „Ketten sind im Vorteil, sie können besser für Ausgleich sorgen, wenn eine Filiale Probleme hat. Einzelbeitriebe sind in schwieriger Lage.“

Betreiber sagt: „Mitarbeitergewinnung beschäftigt uns 60 Prozent des Tages“

Bashkim Beshiri leitet mit seiner Familie vier Lokale, darunter die Bürgerstuben und das Chéz Leon am Fischmarkt. Wie Diestel bewertet er den Personalmangel als Hauptproblem der Gastronomie. „Die Mitarbeitergewinnung beschäftigt uns 60 Prozent des Tages“, sagt Beshiri.

Neue Mitarbeiter seien meist nicht vom Fach, kämen mit einem anderen kulturellen Hintergrund. Es dauere, bis sie ein Verständnis für den Arbeitsablauf, aber auch für die Erwartungen der Gäste entwickelt hätten.

Albin Beshiri, ein Neffe Bashkim Beshiris, ist in verschiedenen Bereichen der Lokale der Familie Beshiri tätig, hier im La Piazza an der ...
Albin Beshiri, ein Neffe Bashkim Beshiris, ist in verschiedenen Bereichen der Lokale der Familie Beshiri tätig, hier im La Piazza an der Marktstätte. | Bild: Hanser, Oliver

Seine Betriebe sind alle mit Mitarbeitern besetzt, „aber es dürften gern ein paar Fachkräfte mehr sein.“ Das zweite große Thema sei der Kostendruck. „Wenn die Energiepreise steigen, erhöhen die Lieferanten die Preise und wir müssen die Preise für die Gerichte erhöhen. Die Akzeptanz dafür ist nicht selbstverständlich.“ Das Geschäft mit Touristen laufe weitgehend ungestört weiter, bei den Stammkunden aber spüre man, dass sie seltener zum Essen kommen.

Als Betreiber von mehreren Lokalen sei er nur bedingt im Vorteil. „Es macht keinen großen Unterschied, ob man 300 oder 80 Sitzplätze bedient.“ Ein bisschen mehr Spielraum gebe es für ihn beim Einkauf vielleicht. Die Lebensmittel, die in seinen Gasthäusern verwendet werden, bezieht er im Wesentlichen vom Fruchthof Konstanz, regionale und frische Produkte seien ihm wichtig. Problematisch sei die Kostensteigerung bei Lebensmitteln, die bis zu 20 Prozent erreiche.

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So schätzen die Experten die Lage der Konstanzer Gastronomie-Szene ein

Und wie steht es nun um die Zukunft der Konstanzer Gastronomie? Dabei sind sich die Gastronomen und Verbandsvertreter zum Teil einig. Das stilvolle Essengehen werde wohl in der Summe abnehmen und bei vielen Familien nur noch zu besonderen Anlässen stattfinden, glaubt Manfred Hölzl. Gastronomieketten seien eher im Vorteil, gleichzeitig werde das Mitnahme-Geschäft zunehmen.

Heinz-Josef Diestel geht davon aus, dass nicht jeder Betrieb überleben wird – und das sei angesichts eines Überangebots in Konstanz auch ganz gut so. Er hofft aber, dass es weiterhin Kunden geben wird, die das liebevoll zubereitete Essen schätzen. Ines Kleiner (Dehoga) rechnet mit weiteren Betriebsschließungen, vor allem, wenn eine Rückkehr zu den 19 Prozent Mehrwertsteuer erfolgt.

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Bashkim Beshiri wiederum ist einigermaßen optimistisch. Die Mischung an Betrieben in Konstanz nennt er bunt, diese gegenseitige Konkurrenz belebe das Geschäft. Krise? Die sieht er momentan nicht. „Die Pandemie, das war die Krise. Jetzt haben wir normales wirtschaftliches Treiben, Schwierigkeiten, aber keine Krise.“