Der Sommer ist vorbei. Nach zwei Corona-Jahren, in denen es für Branchen wie Hotellerie und Gastronomie strenge Auflagen gab, bedeutete der Sommer eine Chance zum Durchstarten. Gestiegene Preise und fehlende Mitarbeiter machen das aber schwierig. Der Fachkräftemangel ist allgegenwärtig, das weiß jeder. Oder?
Fakt ist: Die Personaldecke ist dünn, den Beschäftigten wird einiges abverlangt. Doch bei Bewertungen im Netz bekommen einige Betriebe ihr Fett weg. Verständnis? Fehlanzeige! Wartezeiten, Qualität des Essens und Service werden häufig kritisiert. Wie gehen Hoteliers und Wirte damit um?
So gehen Betriebe mit den negativen Bewertungen um
Detlef Haupt, Geschäftsführer des Konstanzer Konzil, geht gelassen mit der Kritik im Netz um. „Das interessiert mich herzlich wenig“, sagt er.

Restaurants zu bewerten sei modern geworden. Da könne er wenig machen, besonders wenn die Kritik erst deutlich nach dem Restaurantbesuch kommt. Wenn der Gast weggeht und irgendwo was hinschreibt, sei es ihm egal. „Da müssen wir eine dicke Haut haben“, sagt er.
Diese Einstellung hat auch Jasmin Weber entwickelt, sie ist Restaurantleiterin der Brasserie Colette Tim Raue. Intern würden die Bewertungen miteinander besprochen. Manchmal, so ihr Eindruck, wollen die Verfasser der Kritiken allerdings nur Dampf ablassen. Das zielt zwar auf das Restaurant, getroffen werden allerdings die Mitarbeiter.
„Als Kellner weiß man, welcher Tisch das war“, sagt Weber über die oftmals anonym abgegebenen Rezensionen. Als Gastgeber sei es nachvollziehbar, welcher Gast sich beschwert. Wenn die Bewertung aber online steht, seien dem Restaurant die Hände gebunden.
Im Hotel Riva mit der dazugehörigen Gastronomie kennt auch Hoteldirektor Thomas Bechtold negative Bewertungen. „Wo Menschen arbeiten, passieren Fehler“, sagt Bechtold. Auch, dass es immer Gäste gebe, die mit etwas unzufrieden sind, ist ihm klar. Aber: „Man will ja wissen, was war und warum.“ Nur zu schreiben, es war schlecht, bringe nicht viel. Besonders, wenn die Kritik erst lange nach dem Besuch kommt, sei es schwierig, das noch zuordnen zu können.
Vor Ort kann vieles geklärt werden
Soll heißen: Rückmeldungen sind gerne gesehen, wichtig ist aber, wo und wann der Gast sich äußert. Vor Ort beispielsweise könne gleich etwas gemacht werden. Eine gute Kritik sei immer auch die Chance, jemanden als Stammgast zu gewinnen, sagt dazu Detlef Haupt.
Das Gleiche gilt in der Brasserie Colette, es wird versucht, direkt eine Lösung zu finden. Auch eine Entschädigung anzubieten, helfe in vielen Fällen. Umgekehrt kann auch das Personal präventiv etwas gegen Kritik unternehmen. Bei besonders großem Andrang zum Beispiel ist es kein Fehler, die Gäste darauf hinzuweisen, dass es zu längeren Wartezeiten kommen könnte.
Ebenso im Riva: „Das Wichtigste ist, mit den Leuten ins Gespräch zu kommen“, sagt Hoteldirektor Bechtold. Den Gästen die Umstände zu erklären, würde in den meisten Fällen klappen. Und wieder die gleiche Botschaft: Wenn die Gäste sich gleich melden, und sagen, dass etwas nicht zu ihrer Zufriedenheit ist, kann es meist an Ort und Stelle geändert werden.
Sind die Erwartungen noch zu erfüllen?
Eines fällt in den Gesprächen mit den Gastronomen auf: Die Pandemie hat mehr verändert, als nur Maskenpflicht, Einschränkungen und Testnachweise. Die Mentalität der Gäste habe sich spürbar verändert. Gerade im vergangenen Sommer, wo sich vieles nach Normalität anfühlte, sei das aufgefallen. Die Erwartungshaltung einiger Gäste sei dabei nur schwer zu erfüllen.
Das Verständnis für die Arbeitsabläufe fehle oftmals. „Man denkt, die Menschen haben keine Zeit mehr“, sagt Jasmin Weber, viele Gäste seien ungeduldig geworden. Selbst die Zeit, die gutes Essen nun einmal braucht, werde manchmal zum Thema der Bewertungen. Freie Tische, die aber bereits reserviert sind, oder der Küchenschluss zu einer bestimmten Zeit, stoße bei einigen auf Unverständnis.

Seit der Wiedereröffnung nach Corona seien die Restaurants geprägt von immensem Personalmangel, die Erwartungen der Gäste sind allerdings unverändert hoch. „Man muss der Gastronomie wieder eine Chance geben“, wünscht sich die Restaurantleiterin.
Thomas Bechtold spricht ebenfalls von einem Umdenken, das mit Corona kam. Im Sommer habe ein gewisser Druck auf dem Urlaub der Gäste gelegen. „Die Leute wollen alles jetzt und gleich haben“, erklärt der Hoteldirektor. Nach zwei Jahren voller Einschränkungen müsse alles perfekt sein. „Wir haben, wie jeder andere auch, eine begrenzte Kapazität“, erklärt Bechtold. Das Verständnis dafür fehle manchmal. Eine Rückkehr zur Normalität sei für beide Seiten wichtig.
Wenn der Geschmack des Gastes nicht getroffen wird, oder die Erwartungen nicht erfüllt werden können, „dann hat man immer noch die Chance, den Kellner anzusprechen“, sagt Detlef Haupt. Vieles lasse sich lösen, allerdings gilt dabei: Der Rahmen, in dem man sich bewegen kann, werde von der Speisen- und Getränkekarte vorgegeben. Was aber generell gilt: „Bei einigen Gästen ist die Zündschnur sehr kurz geworden.“
Für alle drei Betriebe ist die Zahl der positiven Bewertungen deutlich höher, als die der negativen. Außerdem wissen die Gastronomen und Hoteliers, dass Lob häufiger persönlich ausgesprochen werden. Kritik kommt oft erst hinterher – und dann gerne anonym im Netz.