Die „katastrophale Invasion in unser Land abwehren“, den Panamakanal an sich reißen und Grönland obendrein, nach Erdöl bohren, was das Zeug hält, die Meinungsfreiheit in den sozialen Netzwerken „zurückbringen“ und die amerikanische Staatsangehörigkeit durch Geburt abschaffen. Was sich liest wie eine Dystopie, ist seit Montagabend, 20. Januar, Realität: Donald Trump ist als 47. Präsident der USA vereidigt worden – und hat angekündigt, viele dieser Dinge durchsetzen zu wollen.
Das sorgt auch unter in Konstanz lebenden US-Amerikanern für Verunsicherung, Sorgen und Frustration. Edwin Guhse, amerikanischer Journalist und Politikwissenschaftler, stammt aus Missouri und lebt seit Jahren in Konstanz. Er hat auch den „English Table“ etabliert, bei dem Menschen über politische Themen diskutieren und ihre Englischkenntnisse auffrischen können. Hier wurde auch im Vorfeld viel über die US-Wahl und die Amtseinführung Trumps gesprochen.
Es handele sich um eine Katastrophe
„Es ist eine große Katastrophe“, sagt Edwin Guhse dem SÜDKURIER am Telefon. „Viele Amerikaner in Konstanz sind deprimiert und betrübt.“ Für ihn ist – gerade nach den Ankündigungen Trumps – glasklar: Trump sei ein „Fanatic“, wie Guhse meint, ein Fanatiker. Außerdem sei er korrupt, denn er bringe nichts Gutes, außer für „seine reichen Leute“. Seine Wiederwahl sei schlecht für die Umwelt und für die armen Menschen in den USA. An diesen Themen habe Trump wenig Interesse.
Stattdessen denke der neue Präsident nur an sich selbst, weniger an sein Land – auch wenn er das immer wieder bekräftige. Einer der ersten Sätze Trumps bei seiner Vereidigung war seine bekannte Parole: „Make America great again.“ Doch Guhse ist sich sicher, zuallererst denke der 47. Präsident der USA an sich selbst und seinen eigenen Vorteil. „Er will vor der Kamera im Mittelpunkt sein und sich selbst berühmt machen“, ist der Politikwissenschaftler sicher. „Er denkt, er ist das Zentrum von allem.“
Auch seine Familie, die zum Teil im US-Bundesstaat Missouri lebt, sei nach der Amtseinführung enttäuscht und wohl auch in Sorge. Die allermeisten seiner Bekannten, ob in den Staaten oder in Deutschland, seien deprimiert. „Viele wissen nicht, was sie tun sollen“, sagt Guhse.
Auch HTWG-Professor findet deutliche Worte
Auch Brian Switzer, Professor für Kommunikationsdesign an der HTWG Konstanz, findet deutliche Worte. „Dieser Mensch ist überheblich und kriminell“, sagt Switzer. Mit Trump wird zum ersten Mal ein verurteilter Straftäter US-Präsident. „Ihn interessieren Menschenrechte nicht“, so der Hochschul-Professor. Mit seiner Amtseinführung würde ein neues Zeitalter anbrechen, ist er sich sicher. „Es passieren nun Dinge, die wir nicht mehr unter Kontrolle haben“, ist sich Switzer sicher.

Sein Heimat-Bundesstaat Illinois habe zwar überwiegend die Demokraten gewählt. Doch man käme nicht umhin, das Wahlergebnis zu akzeptieren. „Das ist Demokratie und offenbar das, was Amerika will“, so Switzer. Schließlich hätten zwei Millionen Bürger mehr ihr Kreuz bei Trump gemacht. „Doch es wird den Menschen nicht besser gehen, die ihn gewählt haben“, denkt er. Denn die Idee eines sozialen Systems gebe es nicht länger. Er sieht es ähnlich wie sein Landsmann Edwin Guhse: An erster Stelle stehe bei Donald Trump nicht Amerika, sondern er selbst. „Eigentlich müsste es ‚me first‘ heißen“, so Switzer.
Dann schlägt Brian Switzer nachdenkliche Töne an. „Es rumort auch hier in Deutschland“, sagt er. „Und hier gibt es auch bald eine Wahl.“ Der Unterschied sei, dass es hier mehr Möglichkeiten, mehr Schattierungen, mehr Partien als in den USA gebe. Und für den Professor für Kommunikationsdesign ist klar: „Europa muss sich nun entscheiden und zusammenarbeiten. Die großen Probleme bekommen wir nur in der Gruppe gelöst.“