„Großzügiges, neuwertiges Reiterdomizil in attraktiver Ortsrandlage mit Wohlfühlatmosphäre für Mensch und Tier“: So wird die Anlage des Vereins Trab (Therapeutisches Reiten am Bodensee) auf einer Immobilienwebsite angeboten – für zwei Millionen Euro. Was heißt das? Gibt der Verein etwa nach über 30 Jahren seine Tätigkeit auf?
Keinesfalls, beteuert Vorsitzende Claudia Rosenberg. Im Gegenteil: „Wir möchten den Verein für die Zukunft auf sichere Beine stellen.“ Das sei als Pächter einer Immobilie einfacher, als wenn sie weiter im Besitz des gemeinnützigen Vereins bleibe, was viel Verantwortung mit sich ziehe.
„Wir sind so groß wie ein mittelständischer Betrieb, wir haben derzeit 370 Mitglieder, 31 Einstell- und 17 Schulpferde sowie fast 30 Mitarbeiter“, sagt Rosenberg, die mit ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit an die Belastungsgrenze kommt.

Schließlich hat sie auch noch ein kleines Unternehmen. Eine Nachfolgerin oder ein Nachfolger sei nicht in Sicht, weil das Management der Einstellpferde plus Reitschulbetrieb ein Vollzeitjob sei, so die 64-Jährige. Allerdings soll er ehrenamtlich bleiben.
Reitverein will Pächter bleiben
Vor rund zwei Jahren sei im Vorstand deshalb die Idee aufgekommen, die Reitanlage mit Ställen und Wiesen zu verkaufen. „Ideal wäre, wenn sich ein Investor oder eine Stiftung fände“, so Rosenberg. „Bedingung ist aber, dass wir als Pächter drin bleiben.“
Es habe schon Gespräche mit Interessenten gegeben, die aber aus unterschiedlichen Gründen noch nicht zum Verkauf führten. Als schwierig erweist sich unter anderem die Tatsache, dass dies ein Erbpachtgrundstück ist. „Wir haben ja Zeit“, sagt Claudia Rosenberg. „Es ist nicht so, dass wir in einem halben Jahr pleite wären. Aber wenn ich morgen sage, dass ich den Vorsitz abgebe, weiß ich nicht, wie es weitergehen soll.“
Wenn sich ein Käufer fände, der einen Teil der Aufgaben abnimmt oder dafür jemanden einstellt, würde sie sich weiterhin um das therapeutische Reiten kümmern. „Das ist der Bereich, mit dem wir so groß geworden sind und der mir nach wie vor sehr am Herzen liegt“, sagt die 64-Jährige, die selbst eine Tochter mit Handicap hat.
Deshalb gründete sie 1994 den Verein, der 2013 in die Anlage an der Litzelstetter Straße zog. Dort wird therapeutisches und heilpädagogisches Reiten sowie Reiten als Sport für Behinderte angeboten.

„Meine Hauptmotivation ist es, Menschen mit körperlichen oder psychischen Krankheiten einen Ort zu bieten, an dem wir helfen können, ohne dass sie therapiemüde werden. Das gelingt durch die Pferde“, so Rosenberg.
„Wenn sich bei Spastikern die Verkrampfungen lösen, weil sie auf einem Pferd liegen, wenn manche Kinder auf unserem Hof ihre ersten Wörter sprechen und wenn Erwachsene mit geistiger Einschränkung fröhlich rufend übers Gelände laufen, sind das genau die Erlebnisse, warum wir das alles machen. Das darf nicht verloren gehen!“

Doch der Verein bezahlt noch Schulden aus der Corona-Zeit ab, als plötzlich der Betrieb zum Erliegen kam. Auch die Spendenbereitschaft von Firmen und Privatpersonen sei „gleich null“, sagt Claudia Rosenberg. Darüber hinaus werde es, wie bei anderen Vereinen auch, immer schwerer, Ehrenamtliche zur Mithilfe zu gewinnen.
„Wir haben für September 2025 noch alle vier FSJ-Stellen frei (Freiwilliges Soziales Jahr), das gab es noch nie!“, wundert sich die Vorsitzende. Ihr Stellvertreter Matthias Hirt ergänzt: „Es wäre auch schön, wenn mehr Mitglieder im Stall helfen oder mal das Reiterstüble durchwischen würden. Wir versuchen, den Vereinsgedanken aufrechtzuerhalten, damit wir kein Personal anstellen müssen, das die Preise für Reitstunden weiter in die Höhe treibt.“

Er selbst kann nach eigener Aussage „alles, nur nicht reiten“, sagt er und lacht. Als Helfer sind demnach alle willkommen, die Lust haben, auch ohne Pferde-Expertise. „Ich kam zu Trab, als ich mit unserer Tochter mal beim Ponyführen war. Inzwischen ist sie 16 Jahre alt und immer noch in Pferde vernarrt“, so Hirt. „Mein Kind hat kein Handicap, aber ich finde das Angebot des Vereins toll. Es geht nicht immer nur um schneller, höher, weiter.“
Im Vorstand ist auch Alina Rosenberg, Tochter der Vereinsgründerin, die mit Hippotherapie anfing und über das therapeutische Reiten zum Dressursport kam. 2016 gewann sie bei den Paralympics den zweiten Platz mit der Mannschaft. „Diesen Erfolg habe ich auch Trab zu verdanken“, sagt die 33-Jährige heute.